Entscheidungsstichwort (Thema)
Schutzumfang eines eingetragenen Designs mit Rücksicht auf den vorbekannten Formenschatz
Leitsatz (amtlich)
Der Schutzumfang eines eingetragenen Designs wird neben dem Grad der Gestaltungsfreiheit des Entwerfers auch durch den Abstand bestimmt, den das Design zum vorbekannten Formenschatz hält. Dies kann - insbesondere wenn im Verletzungsstreit von der Schutzfähigkeit des eingetragenen Designs auszugehen ist - auch zu einer Begrenzung des Schutzumfangs auf in jeder Hinsicht identische Ausführungsformen führen.
Normenkette
DesignG § 38
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 15.01.2015; Aktenzeichen 2-3 O 194/14) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 15.1.2015 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des LG Frankfurt wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
A. Die Parteien streiten über die angebliche Verletzung eines Handyhüllen-Designs.
Der Kläger ist Inhaber des am 06.03.2013 beim DPMA angemeldeten und am ... 2013 im Register eingetragenen Designs ... für Mobiltelefongehäuse (Anlage K1). Es ist auf der Rückseite mit Strasssteinen besetzt. Folgende Abbildungen sind hinterlegt:
Der Beklagte bietet Mobiltelefongehäuse auf der Handelsplattform eBay an. Im Januar 2014 bot er Gehäuse unter der Bezeichnung "A Schutzhülle Tasche Cover Case hülle + folie C Handy ..." an (Anlagen K2, K3). Es ist auf der Rückseite mit einer Folie in Strassstein-Optik versehen. Das eBay-Angebot beinhaltete folgende, im Original farbig dargestellte Abbildungen (Anlage K2):
Der Kläger legte ferner u.a. folgende Abbildungen der Gehäuse vor (Anlage K3):
Der Kläger ließ den Beklagten mit Anwaltsschreiben vom 07.02.2014 erfolglos abmahnen. Auf Antrag des Klägers hat das LG Frankfurt mit Beschluss - einstweilige Verfügung - vom 21.02.2014 die Benutzung des streitgegenständlichen Gehäuses untersagt (Az. 3-06 O 13/14).
Der Kläger ist der Ansicht, die Gestaltung des Beklagten verletze das Klagedesign. Er hat beantragt,
1. den Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen, Gehäuse für Mobiltelefone mit einem Erscheinungsbild wie im Klageantrag zu Ziff. 1 auf Seite 2 der Klageschrift wiedergegeben in Deutschland zu benutzen und/oder benutzen zu lassen, wie geschehen mit dem eBay-Angebot ... A Schutzhülle Tasche Cover Case hülle + folie C Handy ...; dem Beklagten anzudrohen, dass gegen ihn für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein vom Gericht festzulegendes Ordnungsgeld in Höhe von bis zu 250.000 EUR und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft bis zu 6 Monaten festgesetzt werden kann;
2. dem Beklagten aufzugeben, dem Kläger unverzüglich Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der rechtsverletzenden Erzeugnisse gemäß vorstehender Ziff. 1 zu erteilen und dabei Angaben zu machen über Namen und Anschrift der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer der Erzeugnisse sowie der gewerblichen Abnehmer und Verkaufsstellen, für die sie bestimmt waren, und die Menge der hergestellten, gelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie über den Gewinn unter Angabe der Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse oder Dienstleistungen bezahlt wurden, und der Kosten, die in Bezug auf die betreffenden Erzeugnisse geleistet wurden;
3. festzustellen dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger allen Schaden zu ersetzen, der dem Kläger durch die in Ziff. 1 wiedergegebene Zuwiderhandlung entstanden ist und zukünftig noch entstehen wird;
4. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 1.752,90 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszins der EZB seit Rechtshängigkeit zu erstatten.
Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Er hat eingewandt, das Klagedesign sei nicht schutzfähig. Seine Gehäuse unterschieden sich außerdem von dem Klagedesign.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 S. 1 ZPO).
Das LG hat die Klage abgewiesen. Das Klagedesign sei zwar schutzfähig, die angegriffene Gestaltung halte jedoch einen hinreichenden Abstand. Gegen diese Beurteilung richtet sich die Berufung des Klägers. Im Berufungsrechtszug wiederholen und vertiefen die Parteien ihr Vorbringen.
Der Kläger beantragt, das am 15.01.2015 verkündete Urteil des LG Frankfurt, Az. 2-03 O 194/14, abzuändern und die Berufungsbeklagte stattdessen gemäß den Anträgen aus der Klageschrift vom 19.05.2014 zu verurteilen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Er behauptet, Handyhüllen mit den Merkmalen einer rechteckigen Grundform, abgerundeten Ecken, einer ovalen, links oben angebrachten Öffnung und aufgesetzten Strasssteinen seien schon vor Anmeldung des Klagedesigns bekannt gewesen....