Entscheidungsstichwort (Thema)
Mängelansprüche bei fehlerhafter Herkunftszuordnung eines Kunstwerks in einem Auktionskatalog
Leitsatz (amtlich)
1. Eine Zeichnung, die entgegen der vom Verkäufer erstellten Katalogbeschreibung nicht der Hand des konkret benannten Künstlers zuzuordnen ist, ist mangelhaft.
2. Ein Verkäufer, der sich hinsichtlich der Herkunftszuordnung entgegen einer schriftlich publizierten Einschätzung eines Experten auf mündliche Angaben anderer Sachverständiger verlässt, handelt arglistig im Rechtssinne, wenn er die Herkunftszuordnung des Experten in seiner Katalogbeschreibung ohne Einschränkung als, 'fälschlich zugeschrieben' bezeichnet, ohne die ihm zugetragenen gegenteiligen mündlichen Angaben hinlänglich kritisch überprüft zu haben.
Normenkette
BGB §§ 305c, 307, 326 Abs. 5, § 343 Abs. 1 Sätze 2-3, § 346 Abs. 1, § 437 Nr. 2, § 438 Abs. 3 S. 1, § 442 Abs. 1, § 443
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 30.07.2017; Aktenzeichen 2-26 O 349/14) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 30.07.2015 verkündete Urteil der 26. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt a.M. abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 22.000,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz p.a. seit dem 01.05.2014 zu zahlen,
Zug um Zug
gegen Rückgabe und Rückübereignung der im Jahre 2008 gemäß "Rechnung/Lieferschein Nr. ..." als Werk Carl Philipp Fohrs verkauften Zeichnung "Bildtitel1", "Tuschfederzeichnung in Grauschwarz und Grau über Bleistift 1812".
2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme der in Ziffer 1. bezeichneten Zeichnung in Annahmeverzug befindet.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
Das Urteil des Senats ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Der Streitwert wird für die Berufungsinstanz auf 22.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Parteien streiten über die Rückabwicklung eines Kaufvertrages über den Erwerb einer Tuschfederzeichnung aus dem beginnenden 19. Jahrhundert, deren Urheberschaft zwischen den Parteien im Streit steht.
Wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstands und der dort gestellten Anträge wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil (Bl. 216 ff. d.A.) Bezug genommen, die dahin ergänzt werden, dass im Katalog der Beklagten folgende Bestimmungen abgedruckt waren:
Sämtliche im Katalog aufgeführten Zeichnungen sind verkäuflich. Preise auf Anfrage. Reservierungen sind grundsätzlich möglich, jedoch nicht länger als drei Arbeitstage. Festbestellungen haben stets Vorrang. Der Verkaufspreis ist sofort fällig und beinhaltet die gesetzliche Mehrwertsteuer. Der Versand erfolgt auf eigene Gefahr und Kosten des Bestellers. Eigentumsvorbehalt gemäß § 449 BGB . Die Katalogbeschreibungen erfolgten nach bestem Wissen und Gewissen, sie sind keine Garantien im Rechtssinne. Der Erhaltungszustand der einzelnen Blätter ist, falls nicht anders vermerkt, gut. Die Maßangaben beziehen sich auf die Blattgröße bzw. Größe der Umrandung. Die Höhe wird von der Breite angegeben. Die Blätter liegen unter Passepartout. Erfüllungsort und Gerichtsstand ist Stadt1.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Ein Anspruch aus Verschulden bei Vertragsschluss sei wegen des Vorrangs der kaufrechtlichen Gewährleistungsvorschriften ab Gefahrübergang ausgeschlossen, soweit der Verkäufer nicht arglistig gehandelt habe, was der Kläger im vorliegenden Fall nicht bewiesen habe. Ob die streitgegenständliche Zeichnung tatsächlich von Carl Philipp Fohr stamme, könne dahinstehen. Denn der Kläger habe nicht bewiesen, dass der Geschäftsführer der Beklagten zum Zeitpunkt des Verkaufs insoweit nicht in gutem Glauben gewesen sei. Vielmehr habe dieser im Rahmen seiner mündlichen Anhörung glaubhaft dargelegt, auf die von mehreren Experten bestätigte Urheberschaft Carl Philipp Fohrs vertraut zu haben.
Ebenso wenig könne davon ausgegangen werden, der Geschäftsführer der Beklagten habe eine möglicherweise unrichtige Behauptung ohne tatsächliche Grundlage ins Blaue hinein aufgestellt. Ob sich zum Zeitpunkt des Verkaufs unter Kunsthistorikern eine abweichende herrschende Meinung herausgebildet habe, sei unerheblich, da dies allenfalls den Vorwurf von Fahrlässigkeit begründen könne, was für die Annahme arglistigen Verhaltens nicht genüge.
Eine auf Verschweigen von Tatsachen gestützte Anfechtung des Kaufvertrages komme gleichermaßen nicht in Betracht. Denn der Kläger habe auch nicht beweisen können, dass dem Geschäftsführer der Beklagten eine tatsächlich nicht gegebene Urheberschaft Fohrs als offenbarungspflichtige Tatsache bekannt gewesen sei. Eine solche folge insbesondere nicht aus den Aufsätzen, die der Kläger vorgelegt habe. Im Rahmen seiner Anhörung habe der Geschäftsführer der Bekl...