Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Wirksamkeit einer Provisionsverzichtsklausel im Handelsvertretervertrag
Normenkette
HGB §§ 87a, 92 Abs. 2; BGB §§ 305, 307 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 12.03.2010; Aktenzeichen 2-20 O 30/09) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 12.3.2010 verkündete Urteil des LG Frankfurt/M., 20. Zivilkammer, (2-20 O 30/09) unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt an die Klägerin 7.035,34 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.2.2009 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Klägerin 3 % und der Beklagte 97 %. Von den Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz tragen die Klägerin 4 % und der Beklagte 96 %.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Die Klägerin verlangt von dem Beklagten die Rückzahlung von Provisionsvorschüssen.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils der LG Frankfurt/M. - 20. Zivilkammer, Az. 2-20 O 30/09, vom 12.3.2010 (Bl. 336 ff. d.A.) mit folgenden Ergänzungen Bezug genommen:
Der Beklagte schloss am 11./20.6.2002 mit der X-AG und der Fa. Y einen sog. "Vertretungsvertrag" (Bl. 17 bis 25 d.A.). Danach sollte der Beklagte ab dem 1.7.2002 als selbständiger Handelsvertreter für die vertragsschließende Gesellschaften und andere zur Y-Gruppe gehörenden Gesellschaften Versicherungsgeschäfte gegen Zahlung von Provisionen vermitteln. Vertragsbestandteil waren u.a. die Allgemeinen Provisionsbestimmungen (Bl. 26 bis 29), die Besonderen Provisionsbestimmungen Leben (TR 2000, Bl. 30 bis 32 d.A.)) sowie die Besonderen Provisionsbestimmungen Leben (AVmG Produkte sowie fondgebundene Rentenversicherung; Bl. 33 bis 36d. A), auf deren Inhalt Bezug genommen wird. In Ziff. 10 der letztgenannten Beendigungen heißt es:
"Mit der Beendigung des Agenturvertrages erlischt jeder weitere Anspruch auf Provision (Ziff. 1.1 bis 1.4), auf Vorschuss (Ziff. 4.1) und jeder sonstige Anspruch im Zusammenhang mit der Vermittlung von Verträgen im Rahmen des AVmG bzw. der Vermittlung von Fondgebundenen Rentenversicherungen (FRV) der Y-Lebensversicherungs-AG außerhalb des AVmG gegen die Gesellschaft. Es entstehen auch keine weiteren Ansprüche dieser Art.
Sofern auf erlöschende oder nicht mehr entstehende Provisionsansprüche ein Vorschuss geleistet wurde, ist dieser anteilig zurückzuzahlen. Der Umfang des zurückzuzahlenden Vorschusses bestimmt sich in entsprechender Anwendung der für den Fall der Einstellung der Beitragszahlung getroffenen Regelung in Ziff. 5.2.
Unberührt bleiben etwaige Rechte aus § 87 Abs. 3 HGB.
Unberührt bleiben auch etwaige Rechte aus § 89b HGB."
Der Beklagte vermittelte sodann ab dem 1.7.2002 auch Verträge im Rahmen des AVmG und von fondgebundenen Rentenversicherungen an die Klägerin, die diese nicht nur mit der Abschlussprovision aus dem Einlösebetrag sondern auch mit den Abschlussfolgeprovisionen bis zum Ablauf der ersten 10 Versicherungsjahre unmittelbar bevorschusste, da der Beklagte dies zumindest bis Mitte 2003 gem. Ziff. 4.2 der Besonderen Provisionsbestimmungen so bestimmte. Zum 31.12.2005 endete die Tätigkeit des Beklagten; der Vertretungsvertrag war durch die eigene Kündigung des Beklagten beendet worden. Die Klägerin stellte, beginnend ab dem 24.1.2006 ihre vermeintlichen Ansprüche auf Rückzahlung von Provisionsvorschüssen in ein Kontokorrent ein (Bl. 37 bis 64 d.A.). Per 2.3.2006 ermittelte sie so ein Saldo i.H.v. 5.403,79 EUR und forderte den Beklagten insoweit vergeblich zur Zahlung auf (Bl. 55 d.A.). Über diese Summe hat sie am 13.3.2006 einen Mahnbescheid erwirkt, der dem Beklagten am 15.3.2006 zugestellt worden ist. Mit der am 30.1.2009 beim LG eingegangenen Klagebegründung hat sie die Klage auf einen Betrag von 7.258,22 EUR erweitert. Zur Grundlage ihres Vortrages hat sie eine Einzelaufstellung über die einzelnen Provisionsstornos bis zum Vertragsende, verursacht durch die Nichtzahlung von Erst- oder Folgeprämien oder Eigenkündigung der Versicherungsnehmer (Ziff. 38 bis 43) bzw. durch die Beendigung des Handelsvertretervertrages (Ziff. 1 bis 37), gemacht. Ziff. 44 und 45 betreffen angeblich irrtümlich an den Beklagten erfolgte Provisionszahlungen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Aufstellung Bezug genommen (Bl. 66 bis 68 d.A.).
Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die Provisionsverzichtsklausel Nr. 10 sei wirksam.
Sie hat behauptet, die Provision i.H.v. 95,- EUR für den Vertrag Nr. 10 sei dem Beklagten am 23.11.2004 vergütet worden (Beweis: Zeugnis Z1, Anlage K 11, K 12). Der Vertrag Nr. 43 sei am 3.1.2005 mit 104,73 EUR provisioniert worden (Beweis: Zeugnis Z1, Anlage K 25).
Sie habe die Verträge nachgearbeitet. Den Vertrag Nr. 42 habe der Versicherungsnehmer am 1.11.2006 selbst gekündigt (Anlage K 7/9). Den Versicherungsvert...