Entscheidungsstichwort (Thema)
Erstattungsfähigkeit der Anwaltskosten bei Abmahnung durch einen Fachverband
Leitsatz (amtlich)
1. Beauftragt ein zur Verfolgung von Wettbewerbsverstößen befugter Fachverband einen Anwalt mit einer - sachlich berechtigten - Abmahnung, sind die dadurch entstandenen Anwaltskosten nur dann nicht erstattungsfähig, wenn sich der Fachverband die Verfolgung von Wettbewerbsverstößen "zur Aufgabe gemacht" hat. Letzteres hängt nicht allein davon ab, ob die Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs in der Satzung als Aufgabe des Verbands erwähnt ist. Entscheidend ist vielmehr, ob die Abmahntätigkeit des Verbands über eine gewisse Dauer einen Umfang angenommen hat, bei dem ein wirtschaftlich vernünftig handelnder Verband aus Kostengründen zur Erfüllung dieser Aufgabe juristisch geschultes Personal einstellen würde; dabei ist dem Verband ein gewisser Beurteilungsspielraum zuzubilligen.
2. Bei Anwendung der unter Ziffer 1. dargestellten Grundsätze sind die für die Abmahnung entstandenen Anwaltskosten erstattungsfähig, wenn der Verband jährlich 41 Abmahnungen ausspricht.
Normenkette
UWG § 8 Abs. 3 Nr. 2, § 12 Abs. 1 Nr. 2
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 10.06.2015; Aktenzeichen 3-8 O 164/14) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das am 10.6.2015 verkündete Urteil der 8. Kammer für Handelssachen des LG Frankfurt a.M. wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 9.000,- EUR abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird hinsichtlich der Verurteilung gemäß Ziffer 2. des Tenors des angefochtenen Urteils zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger ist eine Vereinigung von Taxi-Unternehmen, die es sich satzungsgemäß zur Aufgabe gemacht hat, ihre Mitglieder in allen das Taxigewerbe betreffenden Belangen zu beraten und zu vertreten; in der Satzung (Bl. 79 d.A.) ist die Verfolgung von Wettbewerbsverstößen als Satzungszweck nicht genannt.
Der Beklagte, ein angestellter Taxifahrer, nahm am 2.9.2014 auf dem Frankfurter Flughafen einen Fahrauftrag an; die Einzelheiten des Vorgangs sind zwischen den Parteien streitig.
Der Kläger wirft dem Beklagten vor, bei dieser Gelegenheit das von ihm geführte Taxi außerhalb behördlich gekennzeichneter Halteplätze bereitgehalten zu haben, und nimmt den Beklagten deswegen auf Unterlassung und Erstattung der für die vorprozessuale Abmahnung entstandenen Anwaltskosten in Höhe von 571,44 EUR nebst Zinsen in Anspruch.
Mit dem angefochtenen Urteil, auf das wegen der tatsächlichen Feststellungen Bezug genommen wird (§ 540 I, 1 ZPO), hat das LG den Beklagten auf Grund der von ihm durchgeführten Beweisaufnahme antragsgemäß verurteilt. Hiergegen richtet sich die Berufung des Beklagten.
Der Beklagte wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen; insbesondere wendet er sich gegen die vom LG vorgenommeine Beweiswürdigung und ist im Übrigen der Auffassung, der Kläger hätte die Abmahnung ohne die Zuziehung eines Anwalts vornehmen können und müssen. Er trägt hierzu vor, der Kläger entfalte eine umfangreiche Abmahntätigkeit; ausweislich der Aussagen in seinem Vereinsblatt "B-Journal" vom Oktober 2014 habe er im Berichtszeitraum 41 Fälle juristisch behandelt.
Der Beklagte beantragt, das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil und trägt vor, er habe im Jahre 2014 siebzehn und bis zum 1.12.2015 sechzehn anwaltliche Abmahnungen ausgesprochen; dies versichert die Klägervertreterin anwaltlich.
Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug genommen.
II. Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Nach dem Ergebnis der vom LG durchgeführten Beweisaufnahme stehen dem Kläger die geltend gemachten Unterlassungs- und Zahlungsansprüche aus §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. §§ 46 II Nr. 1, 47 I 1 PBefG sowie § 12 I 2 UWG zu. Zur Begründung wird auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen; auch das Vorbringen des Beklagten in der Berufung rechtfertigt keine abweichende Beurteilung.
1. Ohne Erfolg wendet sich der Beklagte gegen die vom LG getroffenen tatsächlichen Feststellungen hinsichtlich seines Verhaltens anlässlich des im Unterlassungstenor in Bezug genommenen Vorfalls. Insbesondere hat der Beklagte keine konkreten Anhaltspunkte vorgetragen, die Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit dieser Feststellungen begründeten (§ 529 I Nr. 2 ZPO).
Die Tatsache, dass der Zeuge A Beisitzer im Vorstand des Klägers ist, ist - wie der Beklagte in der Berufungsbegründung selbst vorträgt - in der mündlichen Verhandlung vom 10.6.2015 mitgeteilt und daher vom LG im Rahmen der Beweiswürdigung berücksichtigt worden; das gleiche gi...