Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Verjährung von Schadensersatzansprüchen aus fehlerhafter Anlageberatung nach § 37a WpHG

 

Normenkette

WpHG § 37a

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 24.09.2010; Aktenzeichen 2/21 O 37/10)

 

Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 6.724,67 nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 11.2.2010 Zug um Zug gegen Übertragung von 6 Stück Lehman Brothers Treasury Co. B. V. AL. E. 17.2.2011 Basket (ISIN ...) zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Mit der Berufung wendet sich der Kläger gegen die Abweisung seiner Klage, mit der er die Beklagte aus abgetretenem Recht seiner damals 56 Jahre alten Mutter auf Schadensersatz i.H.v. 6.724,67 EUR nebst Zinsen Zug um Zug gegen Rückübereignung von 6 Stück Lehman Brothers Treasury Co. B. V. AL. E. 17.2.2011 Basket aus dem rechtlichen Gesichtspunkt einer fehlerhaften Anlageberatung in Anspruch genommen hat.

Die 1950 geborene Zedentin, die den Beruf einer Kassiererin bei ALDI ausübte ist seit vielen Jahren Kundin bei der Beklagten. Das von ihrem verstobenen Ehemann 1986 eröffnete Depot, dass zwei Aktienpositionen, nämlich Höchst AG sowie Celanese AG enthielt, wurde nach dem Tod des Ehemannes 1989 auf die Zedentin übertragen.

Der Kundenberater der Beklagten H. führte am 28.12.2009 auf der Grundlage eines im Vorfeld bereits erstellten Strukturplans, dessen Einzelheiten nicht bekannt sind, am 28.12.2009 (unstreitig) im Rahmen eines persönlich geführten Beratungsgesprächs - also entgegen der Gepflogenheiten der Beklagten nicht telefonisch - eine Anlageberatung mit Blick auf die Altersvorsorge der Zedentin. Der Inhalt des Beratungsgesprächs, das zur Zeichnung der streitgegenständlichen Wertpapiere im Wert von 6.000 EUR sowie dem Erwerb von Aktien des Mischfonds Deka Europa Trend führte ist im Einzelnen streitig.

Der Anlageberater erstellte eine Dokumentation des Kundengesprächs (Anlage K 2).

Das WpHG-Profil (Anlage B 7) weist die Zedentin als chancenorientiert aus, wobei eine Zuordnung in die Risikoklasse 4 vorgenommen wurde.

Im Hinblick auf die Einrede der Verjährung bleibt festzuhalten, dass die Parteien in der Sitzung vom 28.7.2010 vor dem LG (Blatt 105Bl. ) unstreitig gestellt haben, dass der Handelstag hinsichtlich der streitgegenständlichen Lehman Zertifikate der 15.1.2007 gewesen ist - das ergibt sich auch aus der Anlage B 11.

Die Klage ist am 14.1.2010 bei Gericht eingegangen.

Die Beklagte unterbreitete der Klägerin mit Schreiben vom 27.11.2009 ein Vergleichsangebot, und zwar als Kulanzangebot, das sämtlichen Lehman-Anlegern zuging, befristet bis zum Dezember 2009.

Hinsichtlich des Inhalts des Beratungsgesprächs bleibt festzuhalten, dass die Beklagte, die das Vorliegen eines Festpreisgeschäftes geltend macht, eine Provision von 5 Prozent der Anlagesumme von der Emittentin erhalten und die Zedentin darüber nicht ausdrücklich aufgeklärt hat. Auf S. 15 der Produktinformation (Anlage B 12), die nach Darstellung des Klägers am Ende des Beratungsgesprächs übergeben wurde, nach Darstellung der Beklagten während des Beratungsgesprächs, ist festgehalten, dass es möglich ist, dass eine Vertriebsgebühr bezahlt wird.

Während die Klägerin behauptet, es sei keine Aufklärung über die Funktionsweise des Expresszertifikats erfolgt sowie zu einem Kapitalverlustrisiko bis hin zum Totalverlustrisiko, zur Emittentin, zur Bonität der Emittentin nichts gesagt worden sei und die Auffassung vertritt, es hätte darüber aufgeklärt werden müssen, dass die Zertifikate nicht dem Einlagensicherungsfonds unterliegen, hat die Beklagte die Auffassung vertreten, auf der Grundlage der Entscheidung des BGH vom 27.10.2009 lasse sich schließen, dass keine Aufklärungspflicht bestehe, weil keine Rückvergütung im Sinne der Definition des BGH vorliege. Im Übrigen sei die Zedentin durch die Basisinformationen aus dem Jahr 2002 und den dortigen allgemeinen Hinweis auf Provisionsbezüge sowie durch die S. 15 der Produktinformation hinreichend belehrt.

Sie behauptet umfassende Aufklärungen anhand der Produktinformation über die Struktur und Risiken des Zertifikats.

Im Hinblick auf die erhobene Einrede der Verjährung ist sie der Auffassung, es sei auf die Erteilung der Kauforder abzustellen, denn bereits damit sei die Zedentin gebunden gewesen. Wer nämlich über sein Vermögen für den Erwerb nicht anlage-oder anlegergerechte Wertpapiere disponierte, sei nicht mehr frei in seiner Entscheidung, andere, zu seinem Anlegerprofil passende Wertpapiere zu ordern.

Das entspreche einem Schadenseintritt entsprechend der Rechtsprechung des BGH. Wollte man das anders sehen und einen Schadenseintritt bereits zu diese...

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