Leitsatz (amtlich)

Das in 4 IV Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV) geregelte Verbot des Veranstaltens und Vermittelns öffentlicher Glücksspiele im Internet ist mit dem Verfassungsrecht und dem Gemeinschaftsrecht vereinbar. Wer über das Internet die Möglichkeit anbietet oder verschafft, Sportwetten zu festen Gewinnquoten einzugehen, verstößt daher nicht nur gegen § 4 IV GlüStV, sondern verhält sich zugleich wettbewerbswidrig (§ 4 Nr. 11 UWG). Dies gilt auch, wenn der Anbieter über eine noch während des Bestehens der DDR oder eine in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union erteilte Erlaubnis verfügt.

 

Verfahrensgang

LG Wiesbaden (Aktenzeichen 13 O 119/06)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 28.09.2011; Aktenzeichen I ZR 92/09)

 

Gründe

I.

Die Beklagte zu 1) unterhält einen Internetauftritt unter "www.....de", über den Sportwetten zu festen Gewinnquoten angeboten werden. Die Beklagte zu 1) vermittelt den Abschluss von Sportwetten an die in Gibraltar ansässige Beklagte zu 2), die zugleich Inhaberin der von der Beklagten zu 1) genutzten Domain "www.....de" ist. Die Klägerin, die A mbH ("..."), nimmt die Beklagten zu 1) und 2) sowie den Geschäftsführer der letzteren, den Beklagten zu 3), wegen des Anbietens und Bewerbens von Sportwetten im Bundesland Hessen wettbewerbsrechtlich auf Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz in Anspruch.

Zur Darstellung des Sach- und Streitstandes wird gemäß § 540 I Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil (Bl. 571 ff. d.A.) Bezug genommen. Zur näheren Konkretisierung des von der Klägerin erstinstanzlich beanstandeten Internetauftritts wird auf die Anlagen K 2 (Bl. 11 ff. d.A.) und K8 (AGB) sowie auf S. 21 und 96 ff. des Schriftsatzes der Klägerin vom 04.09.2007 (Bl. 193, 268 ff. d.A.) verwiesen.

Die Klägerin hat in erster Instanz beantragt,

1. die Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in dem Gebiet des Landes Hessen Sportwetten ohne behördliche Erlaubnis zu veranstalten, anzubieten oder zu bewerben,

2. den Beklagten für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen eine Unterlassungsverpflichtung gemäß Ziffer 1. ein Ordnungsgeld bis zu einer Höhe von 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, anzudrohen,

3. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr dadurch entstanden ist oder zukünftig entstehen wird, dass die Beklagte zu 1) im Gebiet des Landes Hessen ohne behördliche Erlaubnis Sportwetten veranstaltet, angeboten oder beworben hat oder zukünftig veranstaltet, anbietet oder bewirbt,

4. die Beklagten zu verurteilen, der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, welche Umsätze sie dadurch erzielt hat, dass sie Sportwetten von Teilnehmern innerhalb des Gebietes des Landes Hessen angenommen hat.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Klägerin stünden die geltend gemachten Ansprüche aus §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 284 I, IV StGB und § 5 I des Gesetzes über staatliche Sportwetten, Zahlenlotterien und Zusatzlotterien in Hessen nicht zu. Zwar seien die Parteien Wettbewerber. Die Beklagte zu 1) verfüge jedoch mit der ihrem Inhaber aufgrund des damaligen Gewerbegesetzes der DDR erteilten Gewerbegenehmigung des Rates des Kreises B vom 11.04.1990 (Anlage B 25) über eine auch im Lande Hessen wirksame Genehmigung zur Veranstaltung von Glücksspielen. Auch die Beklagte zu 2) handele als Inhaberin einer entsprechenden Genehmigung der Regierung von Gibraltar (Anlagen B 35, 36; zu den zugrunde liegenden Lizenzverträgen vgl. Anlagen B 39, 40 = Bl. 469 ff. d.A.) beim Angebot ihrer Sportwetten in Hessen rechtmäßig. Jedenfalls handelten die Beklagten nicht wettbewerbsrechtlich unlauter, solange sie über die erwähnten Genehmigungen verfügten und die gemeinschaftsrechtliche Beurteilung im Anschluss an die Entscheidungen des EuGH in den Sachen "Gambelli" und "Placanica" nicht abschließend geklärt sei.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung.

Zum 01.01.2008 sind der Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland (Glücksspielstaatsvertrag, GlüStV) und das Hessische Glücksspielgesetz in Kraft getreten; zugleich ist das Gesetz über staatliche Sportwetten, Zahlenlotterien und Zusatzlotterien in Hessen aufgehoben worden. Auch nach dem 01.01.2008 bieten die Beklagten zu 1) und 2) im Internet, wie dargestellt über "www.....de", - auch für Wettinteressenten, die sich in Hessen aufhalten - den Abschluss bzw. die Vermittlung von Sportwetten zu festen Gewinnquoten an; insoweit wird auf die Abbildungen in der Berufungsbegründung (dort Seite 8 ff. / Bl. 668 ff. d.A.) Bezug genommen.

Die Klägerin wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie stützt ihr Begehren jetzt auch auf das gesetzliche Verbot des Veranstaltens und Vermittelns öffentlicher Glücksspiele im Internet gemäß § 4 IV GlüStV. Die Klägerin hat zunächst angekündigt, die erstinstanzlichen Anträge erneut zu stellen. In der Berufungsverhan...

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