Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Erfüllung der Aufklärungspflicht einer Bank durch rechtzeitige Übergabe des Verkaufsprojekts an den Anlageinteressenten
Leitsatz (amtlich)
Eine Bank genügt ihrer Aufklärungspflicht durch Übergabe des Verkaufsprospekts einer Geldanlage, wenn diese die erforderlichen Angaben enthält und der Anlageinteressent hinreichend Zeit zur Lektüre des Prospekts hat, er den Zeitpunkt der Zeichnung jedoch ohne zwingenden Grund selbst kurzfristig bestimmt.
Normenkette
BGB §§ 195, § 199 ff., § 280 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 19.11.2010) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 19.11.2010 verkündete Urteil der 21. Zivilkammer des LG Frankfurt/M. wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger verlangt von der Beklagten als Rechtsnachfolgerin der Bank1 Schadensersatz wegen fehlerhafter (telefonischer) Anlageberatung durch eine Mitarbeiterin der Rechtsvorgängerin Ende Januar 2000 in deren Folge der Kläger am 4.2.2000 eine Beteiligung an dem Medienfonds X GmbH & Co ...- KG zeichnete.
Von der Darstellung eines Tatbestandes wird nach § 540 Abs. 1 ZPO abgesehen. Es wird Bezug genommen auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil.
Das LG hat mit seinem am 19.11.2010 verkündeten Urteil die Klage abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, dass der Kläger bereits das Vorliegen eines Beratungsvertrages nicht hinreichend dargelegt habe. Unter Zugrundelegung seines Vortrages über die telefonisch erteilte Anlageempfehlung sei bestenfalls von einer Produktanpreisung auszugehen. Auch sei der Kläger hinsichtlich der behaupteten Beratungsfehler beweisfällig geblieben, da er allein seine Vernehmung als Partei als Beweismittel angeboten habe, die Voraussetzungen einer Parteivernehmung aber nicht vorlägen und sich auch nicht aus dem Grundsatz der Waffengleichheit und des Fairnessgebotes ergäben. Schließlich seien etwaige Ansprüche des Klägers auch verjährt. Der Kläger habe auf Grund der erhaltenen Mitteilungen und des Ausbleibens der prospektierten Ausschüttungen hinreichend Anlass gehabt, sich mit dem ihm übergebenen Prospekt auseinanderzusetzen, der entsprechende Risikohinweise enthält und aus dem sich auch die an die Rechtsvorgängerin der Beklagten sowie an deren Tochtergesellschaft A Ltd. gezahlten Vergütungen ergäben. Die nicht vorgenommene Lektüre des Prospekts sei jedenfalls grob fahrlässig. Der Kläger könne sich auch nicht auf die fehlende Rechtzeitigkeit der Übergabe des Prospekts berufen, da er lediglich vorgetragen habe, den Prospekt "kurze Zeit vor der Zeichnung" erhalten zu haben.
Hiergegen richtet sich die fristgerecht eingelegte und begründete Berufung des Klägers mit der er seine erstinstanzlich gestellten Anträge weiter verfolgt.
Seinen erstinstanzlichen Vortrag zur Übergabe des Fondsprospekts konkretisierend trägt der Kläger zunächst vor, er habe den Prospekt erst am Tag der Zeichnung erhalten. Bei dem telefonischen Beratungsgespräch habe ihm die Mitarbeiterin der Rechtsvorgängerin der Beklagten vor allem die konzeptionellen Garantien und Sicherheiten des Medienfonds erläutert, insbesondere, dass eine Absicherung der Kapitaleinlage bis zu 86,8 % bestehe. Eine hinreichende Darstellung der Anlagerisiken, insbesondere des Bestehens eines Totalausfallrisikos sei nicht erfolgt. Auch sei er nicht darüber aufgeklärt worden, dass die Rechtsvorgängerin der Beklagten im Falle einer Vermittlung der Beteiligung an dem Medienfonds eine Eigenkapitalvermittlungsprovision von 9 % sowie zusätzlich eine Platzierungsprovision von 1 % erhalte. Desweiteren sei er auch nicht darüber aufgeklärt worden, dass die Mitinitiatorin des Fonds und Prospektverantwortliche, die A Ltd., eine damalige Tochtergesellschaft der Bank1, für laufende Beratungen eine Gebühr von 5,17 % des Gesamteinlagengesamtkapitals erhalten sollte.
Der Kläger vertritt die Rechtsansicht, bei der telefonischen Anlageempfehlung sei stillschweigend ein Beratungsvertrag zustande gekommen, den die Beklagte durch die fehlerhafte Risikodarstellung und die fehlende Aufklärung über die von der Beklagten und der A Ltd. zugesagten Vergütungen, bei denen es sich um verdeckte Rückvergütungen im Sinne der Rechtsprechung des BGH handele, schuldhaft verletzt habe. Auf den im Übrigen für die erforderliche Aufklärung unzureichenden Inhalt des Prospekts könne sich die Beklagte schon deshalb nicht berufen, da ihm der Prospekt nicht rechtzeitig vor der Zeichnung der Beteiligung vorgelegt worden sei. Fehlerhaft sei die Annahme des LG, der Kläger sei hinsichtlich der Behauptung einer fehlerhaften Beratung beweisfällig geblieben. Auch lägen die Verjährungsvoraussetzungen nicht...