Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Entbehrlichkeit der Fristsetzung zur Mängelbeseitigung
Verfahrensgang
BGH (Urteil vom 10.08.2016; Aktenzeichen VII ZR 124/14) |
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 27.04.2012; Aktenzeichen 2-31 O 165/11) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 27.4.2012 verkündete Urteil der 31. Zivilkammer des LG Frankfurt am Main abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das vorliegende Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A. Der Kläger nimmt die Beklagte nach einer Rücktrittserklärung auf Rückzahlung des Werklohns für Abdichtungsarbeiten am Keller seines in Frankfurt am Main gelegenen Wohnhauses in Anspruch. Die Beklagte hatte im Jahre 2006 in seinem Auftrag zur Beseitigung von Feuchtigkeitserscheinungen eine Drainage, eine Dickbeschichtung von außen und eine Querschnittsabdichtung im Injektionsverfahren erstellt; der Kläger hatte die Arbeiten am 21.11.2006 abgenommen. Nachdem im Mai 2008 wiederum Feuchtigkeit an verschiedenen Stellen des Kellers aufgetreten war, leitete der Kläger ein selbstständiges Beweisverfahren ein. Der durch den Geologen A unterstützte Sachverständige C kam zu dem Ergebnis, dass die Beklagte ihre Arbeiten in verschiedener Hinsicht fehlerhaft ausgeführt habe, sodass diese im Ergebnis nutzlos gewesen seien:
- Die Drainage liege zu hoch und weise stellenweise ein falsch ausgerichtetes Gefälle auf, zudem sei mit ungeeignetem, bindigem Material verfüllt worden.
- Die Dickbeschichtung sei an jedenfalls einer Stelle zu dünn und hafte unzureichend am Untergrund.
- Die Querschnittsabdichtung sei hinsichtlich erforderlicher Voruntersuchungen unzureichend dokumentiert, weshalb ihre Funktionsfähigkeit letztlich nicht beurteilt werden könne.
Die Beklagte hat das Gutachten des Sachverständigen C noch im Rahmen des selbstständigen Beweisverfahrens mithilfe eines Privatgutachtens kritisiert. Das LG ist dem nicht mehr nachgegangen und hat die Beendigung des selbstständigen Beweisverfahrens festgestellt. Der Kläger hat ab April 2011 die Mängel durch Dritte beseitigen lassen und mit Anwaltsschreiben vom 4.7.2011 (Anlage K 13, Bl. 115 ff. d.A.) einen Rücktritt vom Vertrag erklärt, eine Kündigung ausgesprochen und die Beklagte zur Rückzahlung des Werklohns aufgefordert.
Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes nimmt der Senat auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils und auf die beigezogene Akte des selbstständigen Beweisverfahrens (... LG O1) Bezug.
Das LG hat die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung von 91.942,54 EUR nebst Zinsen und vorgerichtlicher Kosten verurteilt.
Die Beklagte rügt mit ihrer Berufung, der Rücktritt des Klägers sei schon deshalb unwirksam, weil sie ihre Pflichten nur in unerheblicher Art und Weise verletzt habe. Jedenfalls fehle es an einer erforderlichen Fristsetzung zur Nachbesserung. Das LG habe ihre Leistung nur deshalb als völlig unbrauchbar einstufen können, weil es sich mit dem von ihr vorgelegten Privatgutachten nicht auseinandergesetzt habe. Die Mängel an der Drainage seien nicht außergewöhnlich und wögen nicht besonders schwer. Bezüglich der Dickbeschichtung sei der Sollwert von 3 mm Stärke auf den Zustand vor Verfüllung bezogen, abgesehen davon, dass eine geringfügige, stellenweise Unterschreitung nicht auf eine Undichtigkeit schließen lasse. Die Injektionsarbeiten seien in der gebotenen Art und Weise dokumentiert worden, der Nachweis ihrer Nutzlosigkeit sei nicht geführt. Die Mängel ihrer Leistungen könnten für maximal 20.000 EUR beseitigt werden.
Die Beklagte beantragt, das landgerichtliche Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das landgerichtliche Urteil unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags. Einer Fristsetzung zur Mängelbeseitigung habe es schon wegen der Schwere der Mängel nicht bedurft, außerdem deshalb nicht, weil der Gesellschafter B der Beklagten anlässlich des Ortstermins vom 30.11.2009 jegliche Verantwortung von sich gewiesen und eine Mängelbeseitigung abgelehnt habe.
Der Senat hat den Kläger und den Gesellschafter B der Beklagten persönlich gehört, außerdem durch Vernehmung der Zeugen D und E Beweis erhoben. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme nimmt er auf die Sitzungsniederschrift heutigen Datums Bezug.
B. Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rückzahlung des Werklohnes, weil er mangels der erforderlichen Fristsetzung zur Mängelbeseitigung nicht dazu berechtigt war, vom Vertrag zurückzutreten (§§ 634 Nr. 3, 636, 323 BGB).
I. Die Mängelrechte des Klägers bestimmen sich nach den gesetzlichen Vorschriften. Die Gewährleistungs...