Verfahrensgang
LG Wiesbaden (Urteil vom 12.12.1986; Aktenzeichen 9 O 193/86) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 12. Dezember 1986 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Wiesbaden aufgehoben.
Die Klageforderung ist dem Grunde nach gerechtfertigt.
Der Rechtsstreit wird zur weiteren Verhandlung und Entscheidung über den Betrag an das Landgericht Wiesbaden zurückverwiesen, welches auch über die Kosten des Berufungsverfahrens zu entscheiden hat.
Der Wert der Beschwer des Beklagten beträgt 147.547,– DM.
Tatbestand
Der Beklagte, von Beruf …, war vereidigter Bau- und Grundstückssachverständiger und vom Hessischen Innenminister am … ernannter Gutachter für Grundstücksbewertungen.
Unter dem 31.1.1980 erstattete er im Auftrag der … und … ein Verkehrswertgutachten über das Grundstück … in …, das die … – entweder schon am 30.1.1980 (s. U.R. Nr. 10/80 des Notars = Bl. 217–222 d.A.) oder später am 27.2.1980 (s. U.R. Nr. 25/80 desselben Notars = Bl. 223–227 d.A.) – von einem Herrn … käuflich erwarben. Die Höhe des Kaufpreises ist in dem Vertrag vom 30.1.1980 mit 550.000,– DM, in dem vom 27.2.1980 dagegen mit nur 240.000,– DM beurkundet.
Zur Finanzierung der angeblich 550.000,– DM Kaufgeld hatten die … mit Antrag vom 23.1.1980 (Bl. 76, 77 d.A.) bei der klagenden Versicherungsgesellschaft, mit der sie bzw. ihr damaliges Unternehmen geschäftlich verbunden waren, um ein Hypothekendarlehen von 440.000,– DM nachgesucht. Hierzu reichten sie im Februar 1980 das Gutachten des Beklagten, welches den Wert des Kaufobjekts auf 570.000,– DM bezifferte (s. Bl. 22–29 d.A.), bei der Klägerin ein. Diese bewilligte im März 1980 den begehrten Kredit, aufgeteilt in ein I.a. – Darlehen von 262.000,– DM und ein I.b – Darlehen von 178.000,– DM, und zahlte ihn (gekürzt um Disagio und Zwischenzinsen) mit 430.027,58 DM Ende März 1980 an die … aus. Zur Sicherung wurde der Klägerin von den Darlehensnehmern Benner eine, am 30.5.1980 im Grundbuch eingetragene (erstrangige) Hypothek über 440.000,– DM nebst bis zu 12 % Jahreszinsen an dem Anwesen … bestellt (s. Grundbuchablichtung Bl. 233 d.A.). Vorher, am 28.5.1980, war das Eigentum an dem Grundstück im Grundbuch auf die Gebrüder … zu je 1/2 umgeschrieben worden.
Im Laufe des Jahres 1983 gerieten … und in Vermögensverfall und waren zur Bedienung des von der Klägerin erhaltenen Darlehens nicht mehr imstande. Die Klägerin kündigte ihnen daraufhin den Kredit und betrieb schließlich aus ihrer Hypothek die Zwangsversteigerung des Grundstücks, das im Verfahren K 21/84 AG Friedberg am 11.10.1985 einem Ehepaar … für 180.000,– DM Meistgebot zugeschlagen wurde. Basierend auf einer Schätzung des Sachverständigen Architekt … (s. Bl. 35–40 d.A.) hatte das Versteigerungsgericht den Wert des Objekts zuvor mit Beschluß vom 6.12.1984 auf 479.000,– DM festgesetzt.
Aus dem Versteigerungserlös erhielt die Klägerin auf ihr – durch den Zuschlag erloschenes – Hypotheken-Grundpfandrecht 179.717,68 DM.
Weitere 203.510,17 DM erhielt sie von der Landesbank Stuttgart auf Grund einer von dieser Bank für das I.b-Darlehen (178.000,– DM + Zinsen) übernommenen Bürgschaft.
Wegen angeblich verbliebener ungedeckter 147.547,55 DM (s. Forderungsaufstellung Bl. 53 sowie Schadensberechnung Bl. 19 d.A.) nimmt die Klägerin den beklagten Gutachter im vorliegenden Rechtsstreit auf Schadensersatz in Anspruch, da von den … unstreitig bis heute nichts mehr zu holen ist.
Die Klägerin hat behauptet, das ihr von den eingereichte Verkehrswertgutachten des Beklagten, im Vertrauen auf dessen Richtigkeit sie den 440.000,– DM – Kredit … gewährt habe, sei objektiv falsch und vom Beklagten auch schuldhaft nicht nach bestem wissen und Gewissen erstattet worden. Es erwähne weder, daß das beliehene Pfandgrundstück … in wegen seiner unmittelbaren Nähe zu einem Flüßchen in einem hochwassergefährdeten Gebiet liege, noch daß es nicht an die öffentliche Abwasser-Kanalisation angeschlossen sei. Das auf dem Anwesen aufstehende dreigeschossige Gebäude (Wohnhaus) sei ferner entgegen den Angaben im Gutachten nicht 1965, sondern schon 1936 erbaut und 1965 lediglich geringfügig umgebaut sowie später im Jahr 1971 mit einem (nicht fertiggestellten) Anbau versehen worden. Seiner schlechten Bauqualität und seinem mangelhaften Erhaltungszustand, wie sie der Architekt … auf Grund einer Besichtigung vom 21.6.1985 festgestellt habe (s. Bl. 41–43 d.A.), habe das Gutachten des Beklagten ebenfalls keinerlei Rechnung getragen. Hinzu komme eine eklatant preisliche Überbewertung des Grund und Bodens. Auf Grund der unter diesen Umständen weit überhöhten Verkehrswertangabe von 570.000,– DM habe sie, die Klägerin, das Objekt antragsgemäß mit 80 % der vorgeblich 550.000,– DM Kaufpreis = 440.000,– DM beliehen. Nach Maßgabe ihrer Beleihungsrichtlinien sei das Grundstück angesichts seiner unzulänglichen baulichen und sonstigen Qualität indessen überhaupt nicht beleihungsfähig gewesen, weswegen der Beklagte nach ihrer – der Klägerin – Auffassung für den ihr aus der Darlehensgewä...