Verfahrensgang
LG Kassel (Urteil vom 14.11.2002; Aktenzeichen 9 O 468/02) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Kassel vom 14. November 2002 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I.
Der Kläger macht aus übergegangenem Recht Pflichtteilsansprüche gegen die Beklagte geltend.
Die Beklagte und ihre Schwester … sind die ehelichen Kinder der Eheleute …. Die Tochter … ist wegen einer seelischen Behinderung seit dem 1.10.1992 in der Werkstatt für behinderte Menschen der Lebenshilfe in … betreut. Sie wohnt seit dem 15.9.1995 im Wohnheim des … Wildungen. Beide Maßnahmen werden vom Kläger finanziert. Seit dem 12.3.1999 hat der Kläger laut seiner Kostenaufstellung vom 15.1.2002 (Bl. 30 d.A.) dafür 95.748,64 EUR aufgewandt.
Die Eltern der … und der Beklagten errichteten am 25.8.1995 (Bl. 10 d.A.) ein gemeinschaftliches Testament, in welchem sie bestimmt haben, dass der überlebende Ehegatte von ihnen Alleinerbe sein soll. Der überlebende Ehegatte soll Vollerbe sein, so dass er über den gesamten Nachlass als sein Eigenvermögen verfügen kann. Sollte ein Kind bereits Pflichtteilsrechte nach dem Tod des ersten Elternteils geltend machen, verliert es nach dem Tode des länger lebenden Elternteils seinen testamentarisch festgelegten Anspruch. Am 12.3.1999 verstarb die Mutter der … und der Beklagten. Sie wurde entsprechend dem gemeinschaftlichen Testament von ihrem Ehemann beerbt. Die Beklagte und ihre Schwester … machten keine Pflichtteilsansprüche geltend. … bestätigte vielmehr mit Schreiben vom 16.6.1999 (Bl. 128 d.A.), keine Pflichtteilsrechte am Nachlass ihrer Mutter geltend zu machen.
Am 11.8.1999 errichtete der Vater … ein handschriftliches Testament (Bl. 32 d.A.). Darin ist bestimmt, dass … als beschränkte Vorerbin einen Erbteil von 60 % ihres gesetzlichen Erbteils als Barvermögen erhalten soll. Die Beklagte wurde bezüglich dieses Erbteils als Nacherbin eingesetzt. Zugleich wurde sie zur Testamentsvollstreckerin für den Erbteil ihrer Schwester bestellt, solange diese aufgrund ihrer seelischen Behinderung nicht in der Lage ist, ihr Erbe selbst zu verwalten. Der Vater … legte fest, dass der vorhandene Nachlass und Erbteil der … dazu dienen solle, ihr den bisherigen Lebensstandard zu erhalten. Er stellte es in das Ermessen der Testamentsvollstreckerin, aus den Erträgnissen des Nachlasses und der Substanz Mittel für die persönlichen Bedürfnisse seiner Tochter … zur Verfügung zu stellen, die von der Sozialhilfe nicht gedeckt sind.
Am 23.5.2000 verstarb …. Er wurde von seinen Töchtern, der Beklagten und Frau … nach Maßgabe des Testaments vom 11.8.1999 beerbt.
Mit Bescheid vom 15.1.2002 (Bl. 11 d.A.) leitete der Kläger den Pflichtteilsanspruch der … nach dem Tod ihrer Muter auf sich über. Gegen diesen Bescheid legte die Beklagte am 23.1.2001 Widerspruch ein. Mit der Klage nimmt der Kläger die Beklagte sowohl als Erbin ihres Vaters als auch als Testamentsvollstreckerin für ihre Schwester auf Zahlung des Pflichtteiles von 42.115,05 EUR in Anspruch, was rechnerisch einem Achtel am Nachlass der Mutter der … entspricht. Die Beklagte verweigert die Zahlung und beruft sich auf Verjährung.
Wegen der weiteren tatsächlichen Feststellungen wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.
Das Landgericht hat durch Urteil vom 14.11.2002 (Bl. 97 ff d.A.) die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt:
Es könne dahinstehen, ob der Kläger den Pflichtteilsanspruch der … wirksam auf sich übergeleitet habe, denn der Pflichtteilsanspruch sei unabhängig davon nicht durchsetzbar. … habe sich im Hinblick auf die Pflichtteilsklausel im gemeinschaftlichen Testament ihrer Eltern mit berechtigten Gründen gegen die Geltendmachung von Pflichtteilsrechten entschieden, um ihr testamentarisches Erbe nicht zu verlieren. Der Kläger könne den Pflichtteil nicht gegen den Willen der … durchsetzen, da dies einer Ausschlagung ihres späteren Erbteiles wirtschaftlich gleich komme. Dass der Kläger durch die testamentarische Gestaltung der Erbfolge keinen Zugriff auf den auf … übergegangenen Nachlass habe, sei hinzunehmen und sei nicht sittenwidrig, da dies den vom BGH zum Behindertentestament entwickelten Grundsätzen entspreche.
Gegen das Urteil richtet sich die Berufung des Klägers.
Der Kläger meint, das Pflichtteilsrecht der … nach dem Tode ihrer Mütter sei auch gegen ihren Willen durchsetzbar.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an ihn 42.115,05 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 % üb...