Entscheidungsstichwort (Thema)
Ehevertrag: Formgültigkeit und Vertretung der Parteien
Leitsatz (amtlich)
Die Vorschrift des § 1410 BGB, wonach ein Ehevertrag bei gleichzeitiger Anwesenheit beider Teile geschlossen werden muss, schließt nur eine Stufenbeurkundung (§ 128 BGB) aus, nicht aber auch, dass die Vertragsparteien sich vertreten lassen.
Normenkette
BGB § 1410
Verfahrensgang
AG Königstein (Aktenzeichen 10 F 426/91) |
Tatbestand
Die Parteien waren seit dem 25.8.1958 miteinander verheiratet, ihre Ehe ist am 19.10.1994 - rechtskräftig - geschieden worden.
Der vorliegende Rechtsstreit betrifft die abgetrennte Folgesache "Güterrecht", die zunächst durch einen Stufenantrag der Antragsgegnerin zum Ausgleich des Zugewinns anhängig gemacht worden ist. Der Antragsteller hat eine entsprechende Widerklage eingereicht. Als der Antragsteller nach Abschluss der Auskunftsstufe zur Zahlungsstufe überging und eine Teilklage über 20.663.707 DM erhob, stellte die Antragsgegnerin sich auf den Standpunkt, die Parteien lebten im Güterstand der Gütertrennung. Sie hätten nämlich kurz nach Beginn der Ehe den gesetzlichen Güterstand durch Ehevertrag ausgeschlossen. Das war zunächst unstreitig, obwohl die Parteien nicht in der Lage waren, eine Ausfertigung oder Kopie der vor dem inzwischen verstorbenen Notar A in O1 errichteten Urkunde vorzulegen oder auch nur das genaue Datum des Vertrages zu nennen.
Im Jahre 1989, die Parteien lebten bereits getrennt, kamen sie überein, die Gütertrennung wieder aufzuheben und rückwirkend auf den Zeitpunkt der Eheschließung den gesetzlichen Güterstand wiederherzustellen. Die Antragsgegnerin erteilte einer Bürokraft des Notars, der den Vertrag protokollieren sollte, unter dem 19.10.1989 eine schriftliche Vollmacht und ließ ihre Unterschrift notariell beglaubigen (Bl. 309). Am 21.11.1989 wurde dann der entsprechende Vertrag in Anwesenheit des Antragstellers und dieser Bürokraft durch den Notar B in O2 beurkundet.
Die Antragsgegnerin vertritt den Standpunkt, der Vertrag sei unwirksam, weil auch die Vollmacht zu seinem Abschluss nach § 1410 BGB entgegen § 167 Abs. 2 BGB der Form der notariellen Beurkundung bedurft hätte.
Im Übrigen hat sie vorsorglich die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung erklärt. Der Antragsteller habe sie mit der Begründung zur Mitwirkung bei der Wiedereinführung des gesetzlichen Güterstandes bewegt, bei Fortbestehen der Gütertrennung fiele beim Tod eines Ehegatten Erbschaftssteuer in beträchtlicher Höhe an. Diese Schmälerung des den Kindern zufließenden Vermögens könne durch Wiederherstellung der Zugewinngemeinschaft vermieden werden; nach einer gerade veröffentlichten Entscheidung des BFH komme dieser steuerliche Vorteil auch Eheleuten zugute, die den gesetzlichen Güterstand rückwirkend auf den Zeitpunkt der Eheschließung ehevertraglich vereinbaren. Dieser steuerliche Erfolg hätte jedoch bereits dadurch erzielt werden können, dass die Wiedereinführung des gesetzlichen Güterstandes mit einer Zusatzklausel vereinbart wird, wonach für den Fall der Beendigung des Güterstandes durch Scheidung auf den Ausgleich des Zugewinns verzichtet wird. Diese Möglichkeit der Vertragsgestaltung habe der Antragsgegner als Fachanwalt für Steuerrecht gekannt, sie jedoch in der Absicht, sich eine über die Steuervorteile hinausgehende Vermögensmehrung zu verschaffen, verschwiegen. Sie selbst hingegen sei über diese Möglichkeit erst in diesem Rechtsstreit durch ihren Anwalt aufgeklärt worden und habe unverzüglich die Anfechtung erklären lassen.
Demzufolge hat die Antragsgegnerin negative Zwischenfeststellungswiderklage dahin erhoben, dass die Parteien während ihrer Ehe nicht im gesetzlichen, sondern im Güterstand der Gütertrennung gelebt haben.
Das FamG hat mit dem angefochtenen Teilurteil, auf das Bezug genommen wird (Bl. 394 ff. d.A.), diese Widerklage gemäß dem Antrag des Widerbeklagten abgewiesen. Es hat den Vertrag vom 21.11.1989 für formwirksam erachtet und die Voraussetzungen für eine durchgreifende Anfechtung wegen arglistiger Täuschung verneint.
Die Antragsgegnerin hat dagegen in rechter Form und Frist Berufung eingelegt und auch begründet, mit der sie ihren Standpunkt weiterverfolgt. Zu seiner Bekräftigung hat sie ein Rechtsgutachten vorgelegt, auf das ebenfalls Bezug genommen wird.
Die Antragsgegnerin beantragt, das angefochtene Urteil abzuändern und festzustellen, dass die Parteien in der gesamten Ehezeit nach Abschluss des Gütertrennungsvertrages etwa 1 Jahr nach Eheschließung und bei Zustellung des Scheidungsantrages nicht im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft sondern in Gütertrennung gelebt haben, hilfsweise, ihr die Abwendung der Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung auch in Form einer Bankbürgschaft nachzulassen.
Der Antragsteller beantragt, die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise, ihm die Abwendung der Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung, auch in Form einer selbstschuldnerischen Bürgschaft eines als Zoll- und Steuerbürge zugelassenen Kreditinstituts, nachzulassen...