Entscheidungsstichwort (Thema)
Internationale Zuständigkeit für aus dem Ausland veranlasste Wettbewerbsverstöße in Deutschland; Anforderungen an die Registrierungspflicht für den grenzüberschreitenden Fernabsatz von Tabakerzeugnissen
Leitsatz (amtlich)
1. Für einen im Ausland veranlassten Internetauftritt, der seine bestimmungsgemäße Auswirkung in Deutschland hat, sind die deutschen Gerichte international zuständig.
2. Die für den grenzüberschreitenden Fernabsatz von Tabakerzeugnissen erforderliche Registrierung des Anbieters "bei der zuständigen Behörde" (§ 22 I Nr. 2 TabakerzG) ist - jedenfalls bei unionsrechtskonformer Auslegung der genannten Vorschrift - gegeben, wenn der Anbieter bei der zuständigen Behörde (auch nur) eines Bundeslandes registriert ist.
Normenkette
AEUV Art. 34; Brüssel Ia-VO Art. 7 Nr. 2; TabakerzG § 22
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 02.04.2019; Aktenzeichen 3-6 O 103/18) |
Tenor
Auf die Berufung der Antragsgegnerin wird das am 2.4.2019 verkündete Urteil der 6. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankfurt am Main abgeändert.
Die einstweilige Verfügung des Landgerichts vom 2.1.2019 wird aufgehoben; der Antrag auf ihren Erlass wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Eilverfahrens beider Instanzen hat der Antragsteller zu tragen.
Das Urteil ist rechtskräftig.
Gründe
I. Die Parteien streiten über angebliche Verstöße ausländischer Händler für E-Zigarettenzubehör gegen die tabakrechtliche Registrierungspflicht auf einer deutschsprachigen Handelsplattform.
Der Antragsteller ist ein rechtsfähiger Verband zur Förderung der gewerblichen Interessen des Handels mit E-Zigaretten. Die Antragsgegnerin ist eine Gesellschaft der X-Gruppe mit Sitz in Luxemburg. Sie betreibt den X Marketplace. Über eine Niederlassung oder Geschäftsräume in Deutschland verfügt sie nicht.
Der Antragsteller informierte die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 3.12.2018 über angebliche Verstöße gegen die nach § 22 Abs. 1 Nr. 2 TabakerzG vorgeschriebenen Registrierungspflicht bei den Betreibern der folgender X-Shops: "A", "B", "C", "D" und "E" (Anlage ASt 3). Es handelt sich um Verkäufer aus dem europäischen und außereuropäischen Ausland. Sie hatten auf dem X-Marketplace die aus den Anlagen ASt 4c, Ast5c, Ast6c, Ast7c und Ast8c ersichtlichen Angebote für E-Zigarettenzubehör eingestellt.
Der Antragsteller ist der Auffassung, für einen bundesweiten Fernabsatz mit Tabakprodukten sei eine Registrierung in jedem einzelnen Bundesland notwendig.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil verwiesen.
Das Landgericht hat auf Antrag des Antragstellers der Antragsgegnerin mit Beschluss vom 2.1.2019 bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel untersagt,
es Händlern, die entgegen § 22 Abs. 1 Nr. 2 TabakerzG nicht bei der zuständigen Behörde registriert sind, zu ermöglichen, über einen Onlineshop auf der Handelsplattform X grenzüberschreitenden Fernabsatz mit Bestandteilen elektronischer Zigaretten an Verbraucher in der Europäischen Union zu betreiben,
wenn dies geschieht wie in Bezug auf den
1. Betreiber des X-Shops "A" und sein aus der Anlage ASt 4c ersichtliches Verkaufsangebot mit der ...1
und/oder
2. Betreiber des X-Shops "B" und sein aus der Anlage ASt 5c ersichtliches Verkaufsangebot mit der ...2
und/oder
3. Betreiber des X-Shops "C" und sein aus der Anlage ASt 6c ersichtliches Verkaufsangebot mit der ...2
und/oder
4. Betreiber des X-Shops "D" und sein aus der Anlage ASt 7c ersichtliches Verkaufsangebot mit der ...3
und/oder
5. Betreiber des X-Shops "E" und sein aus der Anlage ASt 8c ersichtliches Verkaufsangebot mit der ...4.
Auf den Widerspruch der Antragsgegnerin hat das Landgericht mit Urteil vom 2.4.2019 die einstweilige Verfügung aufrechterhalten. Gegen diese Beurteilung richtet sich die Berufung der Antragsgegnerin. Im Berufungsrechtszug wiederholen und vertiefen die Parteien ihr Vorbringen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils den Eilantrag zurückzuweisen und die einstweilige Verfügung aufzuheben;
Der Antragsteller beantragt,
die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt a.M. vom 02.04.2019, Az. 3-06 0 103/18, kostenpflichtig zurückzuweisen und die einstweilige Verfügung des Landgerichts Frankfurt a.M. vom 02.01.2019, Az. 3-06 0 103/18, mit der Maßgabe zu bestätigen, dass der Tenor zu Ziff. I wie folgt präzisiert wird:
Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Verfügung bei Mei-dung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu verhängenden Ordnungsgeldes bis 250.000,- EUR - ersatzweise Ordnungshaft - oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten untersagt,
es bundesweit agierenden Händlern, die für ein Bundesland nicht nach § 22 Abs. 1 Nr. 2 TabakerzG registriert sind, zu ermöglichen, über einen Onlineshop auf der Handelsplattform X grenzüberschreitenden Fernabsatz mit Bestandteilen elektronischer Zigaretten an Verbraucher in der Bundesrepublik Deutschland zu betreiben,
wenn dies geschieht wie in ...