Entscheidungsstichwort (Thema)
Pflegebedarf nach Verkehrsunfall
Verfahrensgang
LG Darmstadt (Urteil vom 19.12.2018; Aktenzeichen 27 O 140/08) |
Tenor
Auf die Anschlussberufung der Klägerin wird - soweit über die Anschlussberufung der Klägerin durch das Senatsurteil vom 14. August 2014 nicht bereits rechtskräftig entschieden ist - das Urteil der 27. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt vom 19. Dezember 2008 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet war, an die Klägerin als Anspruchsinhaberin zu deren Entlastung unmittelbar an die A gGmbH, Stadt1, für den Zeitraum April 2004 bis einschließlich Dezember 2007 für Pflegeleistungen und Haushaltsführung 610.390,20 EUR zu zahlen.
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet war, an die Klägerin als Anspruchsinhaberin zu deren Entlastung unmittelbar an die A gGmbH, Stadt1, für den Zeitraum Januar 2008 bis einschließlich Oktober 2010 für Pflegeleistungen 505.234,72 EUR zu zahlen.
6. Von den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens tragen die Klägerin 4,6 % und die Beklagte 95,4 %.
Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin 5,5 % und die Beklagte 94,5 %.
Von den Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens tragen die Klägerin 7,2 % und die Beklagte 92,8 %.
7. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Jede Partei darf die Zwangsvollstreckung der jeweils anderen Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
8. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin (geb. XX.XX.196X) verlangt vom Kraftfahrzeughaftpflichtversicherer der Schädigerin Ersatz des Schadens aus einem Unfall vom XX.XX.2001. Die Versicherungsnehmerin der Beklagten übersah beim Einbiegen nach links die auf dem Gehweg befindliche Klägerin und überfuhr die damals 3xjährige Mutter von zwei Kindern. Die Versicherungsnehmerin der Beklagten wurde durch rechtskräftiges Strafurteil des Amtsgerichts Offenbach (Az. .../01) wegen fahrlässiger Körperverletzung verurteilt. Infolge des Unfalls erlitt die Klägerin eine hohe Querschnittslähmung (Tetraplegie). Sie ist seither im höchsten Maße hilfs- und pflegebedürftig und wird in einem behindertengerechten Eigenheim durch einen Pflegedienst täglich 24 Stunden betreut. Eine bei der Klägerin diagnostizierte autonome Dysreflexie macht ein schnelles Eingreifen und Fremdkatheterisieren durch Pflegepersonal notwendig. Zwischen den Parteien ist allein die Höhe des Schadensersatzes streitig.
Die vom Pflegedienst seit Oktober 2002 abgerechneten Pflegekosten für die Klägerin beliefen sich abzüglich der Leistungen der Pflegekasse monatlich auf rund 13.500 EUR. Bis März 2004 zahlte die Beklagte die abgerechneten Kosten. Im September 2004 teilte der Pflegedienst der Klägerin mit, dass die Beklagte die weitere Kostenübernahme in dieser Höhe ablehne. Die Klägerin erhob Klage und erstritt zeitgleich den Erlass einer einstweiligen Verfügung, wonach der Beklagten aufgegeben wird, bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens die monatlichen Rechnungen des Pflegedienstes zu begleichen. Dem kommt die Beklagte nach.
Die Klägerin trägt vor, sie sei zu ihrer persönlichen Betreuung und Pflege auf eine 24-Stunden-Pflege angewiesen. Darüber hinaus macht sie einen Haushaltsführungsschaden von 1.225 EUR monatlich geltend.
Nach Auffassung der Beklagten ist der Betreuungsbedarf der Klägerin weitaus niedriger. Gleiches gelte für den Haushaltsführungsschaden. Sie beruft sich zudem auf eine versicherungsvertraglich vereinbarte Haftpflichthöchstsumme von 7,5 Millionen EUR.
Das Landgericht hat der am 14.09.2004 eingereichten Klage mit Urteil vom 19.12.2008 (Bl. 673-690) stattgegeben.
Gegen diese Entscheidung haben die Beklagte Berufung eingelegt und die Klägerin Anschlussberufung.
Mit ihrer Berufung hat die Beklagte die umfängliche Klageabweisung verfolgt. Der mit Schriftsatz vom 27.10.2008 gehaltene Vortrag zur Deckungssummenüberschreitung sei mangels vorheriger Fristsetzung des Landgerichts nicht verspätet gewesen. Im Übrigen habe die Beklagte ihren vorher erhobenen Einwand nur konkretisiert. Der Pflegesatz der Streitverkündeten sei weit überhöht, werde nicht einmal von einer examinierten Krankenschwester erreicht. Ein Stundenlohn von allenfalls 12,50 EUR sei berechtigt. Sie hat behauptet, dass die Pflegekosten bei Einschaltung eines anderen Dienstes um 50 % gesenkt werden könnten.
Da die Klägerin nur von Dritten gepflegt werde, könne diese Situation auch durch ein Pflegeheim gewährleistet werden. Der gewonnene Eindruck vermittele keine liebevolle Pflege im Kreis der Familie. Die tatsächliche Situation im Haus der Klägerin stelle sich anders dar, als bei der behindertengerechten Planung des Neubaus zwischen den Parteien abgesprochen. Die aufwendigen Umbaumaßnahmen des Hauses habe die Beklagte nur vor dem Hinte...