Leitsatz (amtlich)
Zur Frage, wann die Berichterstattung das Persönlichkeitsrecht eines Straftäters verletzt, weil darin über ihn in identifizierender Weise unter Namensnennung berichtet wird.
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 2-3 O 356/06) |
Gründe
I.
Der Verfügungskläger (nachfolgend Kläger) verbüßt seit 1991 eine lebenslange Freiheitsstrafe wegen Mordes an dem ... A. Die Verfügungsbeklagte (nachfolgend Beklagte) berichtete in der online-Ausgabe des ...Stadtanzeigers am 04.05.2006 unter der Überschrift "A-Mörder wollen Freiheit" unter voller Namensnennung über den Kläger und dessen Halbbruder im Hinblick auf deren mögliche vorzeitige Haftentlassung.
Nach einer Abmahnung durch den Halbbruder des Klägers entfernte die Beklagte in der im Internet abrufbaren Berichterstattung die Namen des Klägers und seines Halbbruders.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 30.05.2006 ließ der Kläger die Beklagte wegen der Veröffentlichung ebenfalls abmahnen und forderte sie zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf, die die Beklagte mit der Begründung verweigerte, infolge der redaktionellen Korrektur des Beitrags sei die Wiederholungsgefahr entfallen.
Mit Beschlussverfügung vom 01.06.2006 hat das Landgericht der Beklagten untersagt, über den Kläger im Zusammenhang mit dem Mord an A in identifizierender Weise, insbesondere wie aus der Anlage AS 1 ersichtlich, zu berichten. Auf den hiergegen von der Beklagten eingelegten Widerspruch hat das Landgericht die Beschlussverfügung mit dem angefochtenen Urteil vom 05.10.2006 bestätigt.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, die meint, die Wiederholungsgefahr sei durch die freiwillige Korrektur des streitgegenständlichen online-Beitrags vom 04.05.2006 entfallen.
Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung des Urteils LG Frankfurt 2-03 O 356/06 vom 05.10.2006 die einstweilige Verfügung des LG Frankfurt 2-03 O 356/06 vom 01.06.2006 aufzuheben und den auf ihren Erlass gerichteten Antrag zurückzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung vom 09.11.2006 wird zurückgewiesen.
Das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 05.10.2006 wird aufrechterhalten.
Wegen der Einzelheiten des Parteivortrags wird ergänzend auf die in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
II.
Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.
Zu Recht hat das Landgericht die Beschlussverfügung vom 01.06.2006 bestätigt, weil die Wiederholungsgefahr nicht entfallen ist.
Die Parteien gehen übereinstimmend davon aus, dass die Berichterstattung in ihrer ursprünglichen Form das Persönlichkeitsrecht des Klägers verletzte, weil darin über den Kläger in identifizierender Weise unter Namensnennung berichtet wurde. Dies entspricht auch der Rechtsprechung des Senats (zuletzt Senatsurteil vom 06.02.2007, 11 U 51/06).
Die Parteien sind sich weiter darüber einig, dass die von der Beklagten gegenüber dem Halbbruder des Klägers abgegebene Unterwerfungserklärung nicht ausreicht, um die Wiederholungsgefahr auch im Verhältnis zum Kläger auszuräumen.
Die Beklagte ist vielmehr der Auffassung, die Wiederholungsgefahr sei bereits dadurch entfallen, dass sie den Artikel durch Entfernen der voll ausgeschriebenen Namen des Klägers und dessen Halbbruders korrigiert habe. Dabei stützt sie ihre Auffassung auf eine Entscheidung des OLG Köln (AfP 93, 744 ).
Dem vermag der Senat im zu entscheidenden Fall nicht zu folgen.
Die Wiederholungsgefahr ist materielle Anspruchsvoraussetzung für einen Unterlassungsanspruch. Sie ist die auf Tatsachen gegründete objektiv ernstliche Besorgnis weiterer Störungen im Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung. In der Regel begründet die vorangegangene rechtswidrige Beeinträchtigung eine tatsächliche Vermutung für die Wiederholungsgefahr (BGH NJW 04, 1035), an deren Widerlegung durch den Störer hohe Anforderungen zu stellen sind (BGH NJW 99, 356).
Das gilt grundsätzlich auch bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen durch Presseberichterstattung (Soehring, Presserecht, 3. Auflage Rn. 30.7 ff; Prinz/Peters, Medienrecht, Rn. 334 ff.). Die im Wettbewerbsrecht entwickelten Grundsätze zur Wiederholungsgefahr sind weitgehend ins Medienrecht übernommen worden.
An den Nachweis des Wegfalls der Wiederholungsgefahr sind deshalb auch hier strenge Anforderungen zu stellen. Grundsätzlich wird die Wiederholungsgefahr auch im Presserecht daher nur durch die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung beseitigt. Nur ausnahmsweise ist es möglich, dass durch ein bestimmtes Verhalten des Verletzers - wie zum Beispiel eine freiwillige Korrektur - die Wiederholungsgefahr entfällt.
Der Verletzte braucht sich aber grundsätzlich nicht mit einer einfachen ungesicherten Erklärung zu begnügen. Ob und unter welchen Voraussetzungen eine redaktionelle Richtigstellung die Wiederholungsgefahr entfallen lässt, ist deshalb nicht unumstritten. So hat das OLG Hamburg die Richtigstellung selbst in Form eines Widerrufs nicht ausreichen lassen, sondern als Voraussetzung für den Wegfall der Wiederh...