Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine demnächstige Zustellung bei durch Rechtsschutzversicherung zu vertretender verspäteter Vorschusseinzahlung

 

Normenkette

VVG § 12 Abs. 3

 

Verfahrensgang

LG Wiesbaden (Aktenzeichen 10 O 56/99)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 10. Zivilkammer des LG Wiesbaden v. 5.4.2000 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten der Berufung zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin ist mit 35.000 DM beschwert.

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

 

Gründe

Die Berufung ist zulässig, insb. form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

Das LG hat zu Recht einen Anspruch der Klägerin auf Wertersatz für das angeblich gestohlene Fahrzeug Nissan Terrano aus der bestehenden Teilkaskoversicherung gegenüber der Beklagten verneint.

Die Beklagte kann sich auf Leistungsfreiheit wegen Versäumung der Klagefrist gem. §§ 12 Abs. 3 VVG, 8 Nr. 1 AKB berufen. Die Zustellung der Klageschrift am 22.12.1999 ist nach Ablauf der 6-Monatsfrist erfolgt.

Die Beklagte hat mit Schreiben vom 11.12.1998 gegenüber der Klägerin einen Anspruch auf Versicherungsschutz dem Grunde nach abgelehnt. Wann dieses Schreiben der Klägerin zugegangen ist, ist zwar nicht vorgetragen, aus dem Umstand, dass es in der Klageschrift zitiert wird, folgt jedoch, dass es jedenfalls bei Abfassung der vom 18.2.1999 datierenden Klageschrift vorlag, so dass spätestens am 18.8.1999 die 6-monatige Klagefrist abgelaufen ist. Zwar ist die Klageschrift bereits am 15.3.1999 eingereicht worden, die Zustellung der Klage erfolgte jedoch erst am 22.12.1999. Angesichts dessen kommt keine Rückwirkung der Zustellung auf den Zeitpunkt der Einreichung der Klage gem. § 270 Abs. 3 ZPO in Betracht, da die Zustellung nicht „demnächst” erfolgte. Die Einzahlung des Vorschusses am 8.12.1999 stellt eine von der Klägerin zu vertretende schuldhafte Verzögerung dar. Die Klägerin kann sich insoweit nicht darauf berufen, die von ihr bereits im März 1999 informierte Rechtsschutzversicherung habe entgegen ihren Zusagen erst im Dezember den erforderlichen Vorschuss gezahlt. Der an eine Klagefrist gebundene Kläger hat von sich aus alles ihm Zumutbare zu tun, um die Voraussetzungen für eine alsbaldige Zustellung der Klage zu schaffen; insofern vermag ihn grundsätzlich weder das Bestehen einer Rechtsschutzversicherung noch deren Unterrichtung über die beabsichtigte Klage zu entlasten (BGH VersR 1968, 1062 [1063]). Im Übrigen konnte die Klägerin nach ihrem eigenen Vortrag angesichts des zögerlichen Verhaltens der Rechtsschutzversicherung gerade nicht die sichere Erwartung haben, dass diese noch für eine rechtzeitige Bereitstellung des Vorschusses sorgen werde.

Die Beklagte hat die Klägerin auch wirksam mit Schreiben vom 11.12.1998 über die Folgen der Fristversäumung gem. § 12 Abs. 3 VVG belehrt. Dass die Belehrung mit dem Satz „Zur Wahrung ihrer Rechte sind wir verpflichtet …” beginnt, ist unschädlich. Dass der nachfolgende Hinweis etwa nur formeller Natur und deshalb bedeutungslos sei, kann dem nicht entnommen werden (vgl. BGH VersR 1969, 26 [27]). Der nachfolgende Satz, der auf das Recht zur gerichtlichen Geltendmachung binnen 6 Monaten hinweist, wäre zwar für sich genommen nicht ausreichend. Im nächsten Satz wird jedoch eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass allein der Fristablauf zum Erlöschen des Anspruchs führt. Darauf, ob die in jenem Schreiben angeführten Ablehnungsgründe zutreffend oder aber – wie die Klägerin meint – unhaltbar sind, kommt es nicht an. Der Versicherer ist überhaupt nicht zu einer Begründung seiner Ablehnung verpflichtet (vgl. Honsell, Berliner Komm. zum VVG, § 12 Rz. 55). Entscheidend ist allein, dass eindeutig zum Ausdruck kommt, dass eine Leistung abgelehnt wird.

Das Berufen der Beklagten auf den Fristablauf ist auch nicht in Hinblick auf den Vortrag der Klägerin, dass der sowohl für die Rechtsschutzversicherung als auch für die Klägerin tätige Versicherungsagent V. noch vor Fristablauf Kenntnis von der Klage erhalten habe, treuwidrig. Zum einen ist bereits nicht substantiiert dargetan, in welcher Form der Versicherungsagent über die Klage unterrichtet worden sein soll, so dass eine zuverlässige Kenntnis, die dem Klarstellungsinteresse des § 12 Abs. 3 VVG genügt, nicht dargetan ist. Zum anderen ist die Kenntnis der Rechtsschutzversicherung bzw. des Versicherungsagenten V. der Beklagten nicht zurechenbar. Da die AG eine eigene Rechtspersönlichkeit darstellt, ist deren Kenntnis trotz des Umstandes, dass sie zum gleichen Konzern wie die Beklagte gehört, dieser nicht zurechenbar. Ebenso ist die Kenntnis des Versicherungsagenten V. – trotz seiner angeblichen Tätigkeit auch für die Beklagte – dieser nicht zurechenbar, da keine dienstlich erlangte Kenntnis vorliegt. Der Versicherungsagent V. war nicht „Auge und Ohr” der Beklagten. Eine dienstlich erlangte und damit zurechenbare Kenntnis liegt nur hinsichtlich solcher Tatsachen vor, von denen...

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