Entscheidungsstichwort (Thema)

Bankenhaftung bei Anlageberatung: Mangelnde Richtigstellung eines Prospektfehlers im Beratungsgespräch (Medienfonds)

 

Normenkette

BGB § 280; ZPO § 375 Abs. 1 Nr. 3; BGB §§ 195, § 199 ff.; BGBEF Art. 229 § 6 Abs. 1; EStG § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 23.12.2009; Aktenzeichen 2-23 O 179/06)

 

Tenor

Auf die Berufungen beider Parteien wird das am 23.12.2009 verkündete Urteil der 23. Zivilkammer des LG Frankfurt/M. abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 52.151,77 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 7.12.2005 zu zahlen, Zug-um-Zug gegen Übertragung der Rechte aus der Beteiligung des Klägers an der Vif ... GmbH & Co. Dritten KG. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Es wird festgestellt, dass der Kläger verpflichtet ist, etwaig von der Beklagten erhaltene Schadensersatzleistungen, die seitens der zuständigen Finanzbehörde nicht der Nachversteuerung ganz oder teilweise unterworfen sind und/oder werden, in Höhe der erhaltenen Steuervorteile an die Beklagte zu zahlen.

Im Übrigen werden die Berufungen der Parteien zurückgewiesen.

Von den Gerichtskosten des ersten Rechtszuges tragen der Kläger und die Beklagte 50 %. Von den außergerichtlichen Kosten des ersten Rechtzuges tragen der Kläger die der ehemaligen Beklagten voll und die Hälfte der der Nebenintervenientin entstandenen Kosten und die Beklagte 50 % der außergerichtlichen Kosten des Klägers.

Von den Kosten des zweiten Rechtszuges tragen der Kläger 1/3 und die Beklagte 2/3. Die insoweit durch die Streithilfe verursachten Kosten fallen der Streithelferin zu Last.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte bzw. die frühere Beklagte und die Streithelferin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Von der Darstellung eines Tatbestandes wird nach § 540 Abs. 1 ZPO abgesehen.

Es wird Bezug genommen auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil (Bl. 826 - 834 d.A.).

Das LG hat nach durchgeführter Beweisaufnahme über den Inhalt des zwischen dem ehemaligen Mitarbeiter der Beklagten, dem Zeugen Z1, und dem Kläger geführten Beratungsgesprächs der Klage überwiegend stattgegeben. Es sieht eine Haftung der Beklagten aus positiver Vertragsverletzung wegen eines Beratungsverschuldens als gegeben an.

Zwischen den Parteien sei ein Beratungsvertrag zustande gekommen. Der Zeuge Z1 habe seine Beratungspflicht verletzt, da er nicht ausreichend über das Maß der Risiken der Anlage aufgeklärt habe, indem er nachdrücklich versichert habe, dass allenfalls ein Risiko bestehe, ca. 24 % des angelegten Kapitals zu verlieren. Ein Hinweis auf ein Totalverlustrisiko sei nicht erteilt worden. Das LG hat dem Kläger ein Mitverschulden i.H.v. 20 % zugeschrieben, weil der Kläger bei sorgsamer Lektüre des Prospektes hätte erkennen können, dass eine Erlösausfallversicherung nicht sämtliche Risiken der Kapitalanlage abdecken könne.

Das LG hat eine volle Haftung der Beklagten aufgrund einer nicht mitgeteilten Vertriebsprovision als nicht gegeben angesehen, da die Kenntnis von einer Vertriebsprovision die Anlageentscheidung des Klägers nicht beeinflusst hätte.

Des Weiteren ist das LG auch davon ausgegangen, dass keine Verjährung gegeben sei. Auch ein Zurückbehaltungsrecht stehe der Beklagten nicht zu, da der Anspruch dem Kläger nur Zug-um-Zug gegen Abtretung sämtlicher Ansprüche aus der Beteiligung am streitgegenständlichen Fonds zustehe.

Gegen dieses dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 30.12.2009 und dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 15.1.2010 zugestellte Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Die Beklagte hat ihr am 26.1.2010 eingelegtes Rechtsmittel (Bl. 841 d.A.) nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 1.4.2010 (Bl. 860 d.A.) an diesem Tag begründet (Bl. 957 ff. d.A.).

Der Kläger hat sein am 15.2.2010 eingelegtes Rechtsmittel (Bl. 852 d.A.) am 15.3.2010 begründet (Bl. 862 ff. d.A.). Die Streithelferin hat ihr am 28.1.2010 eingelegtes Rechtsmittel (Bl. 846 d.A.) nicht begründet und sich der Berufung der Beklagten angeschlossen.

Die Beklagte macht mit ihrer Berufung formell-rechtliche sowie materiell-rechtliche Einwendungen geltend.

Die Beklagte ist der Ansicht, dass das LG mit der Vernehmung des Zeugen Z1 im Wege der Rechtshilfe gegen den Grundgedanken der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme verstoßen habe und somit auch eine Verletzung des § 286 ZPO vorliege. Die Voraussetzungen für ein Rechtshilfeersuchen seien zu keinem Zeitpunkt erfüllt gewese...

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