Entscheidungsstichwort (Thema)
Kinderschutzklausel im Ehescheidungsverfahren
Leitsatz (amtlich)
Die Scheidung einer Ehe darf nur in ungewöhnlichen, schwerwiegenden Fällen im Interesse minderjähriger Kinder versagt werden. Die beharrliche Hintertreibung des Umgangsrechts eines Ehepartners reicht dazu nicht aus.
Normenkette
BGB § 1568
Verfahrensgang
AG Korbach (Aktenzeichen 7 F 73/97) |
Tenor
Auf die Berufung der Antragsstellerin wird das Urteil des AG Korbach vom 19.1.2001 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das AG Korbach zurückverwiesen, das auch über die Kosten der Berufung zu entscheiden hat.
Tatbestand
Die Parteien sind am … 1983 die Ehe miteinander eingegangen. Aus dieser sind drei Kinder hervorgegangen, B., geb. am … 1983, C., geb. … 1987 und D., geb. … 1993.
Am … 1996 trennten sich die Eheleute. Das Sorgerecht für die gemeinsamen Kinder wurde zunächst auf die Antragstellerin übertragen. Der Umgang des Antragsgegners mit den Kindern wurde bis zum 31.3.1998 ausgesetzt. Zwischenzeitlich wurde die gemeinsame elterliche Sorge für die noch minderjährigen Kinder C. und D. wieder hergestellt. Die Kinder leben bei der Antragstellerin, dem Antragsgegner ist ein Umgang eingeräumt. Bei der Durchführung des Umgangsrechts entstehen erhebliche Schwierigkeiten; die Antragstellerin steht dem Kontakt der Kinder mit dem Antragsgegner ablehnend gegenüber.
Die Antragstellerin lebt seit … 1997 mit einem neuen Lebensgefährten zusammen. Aus dieser Verbindung sind zwei weitere Kinder hervorgegangen, E., geb. am … 1997, und F., geb. am … 1999.
Mit Antragsschrift vom 5.2.1997, zugestellt am 27.2.1997, hat die Antragstellerin die Scheidung der Ehe beantragt. Der Antragsgegner hat diesem Antrag zunächst zugestimmt, ihm dann aber widersprochen, weil er die Ehescheidung von einer funktionierenden Umgangsregelung abhängig machen will.
Durch Urteil vom 19.1.2001 hat das AG den Scheidungsantrag abgewiesen. Zur Begründung hat es sich auf den Standpunkt gestellt, dass die Scheidung zum Wohle der Kinder zu unterbleiben habe, weil die Antragstellerin anderenfalls den Umgang des Antragsgegners mit den Kindern nicht ermöglichen werde. Dieser habe in der Vergangenheit nur dann reibungslos funktioniert, wenn in dem Scheidungsverfahren ein Termin angestanden habe.
Gegen dieses, ihr am 14.2.2001 zugestellte Urteil, führt die Antragstellerin Berufung, die am 14.3.2001 eingelegt und nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 17.5.2001 mit einem an diesem Tag eingegangenen Schriftsatz begründet worden ist. Sie widerspricht der Feststellung des AG, dass sie den Umgang der Kinder mit dem Antragsgegner behindert habe. Diesen entstünden bei einer Scheidung auch keine weitergehenden Nachteile. Die Verweigerung der Scheidung sei als Druckmittel nicht gerechtfertigt. Im Übrigen plane sie die Eheschließung mit ihrem neuen Lebensgefährten. Insoweit sei auch zu berücksichtigen, dass die aus dieser Beziehung hervorgegangenen Kinder einen Anspruch darauf hätten, die Rechtsstellung ehelicher Kinder zu erlangen.
Die Antragstellerin beantragt, das Urteil des AG Korbach vom 19.1.2001 abzuändern und die Ehe der Parteien zu scheiden, hilfsweise, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das AG Korbach zurückzuverweisen.
Der Antragsgegner hat sich auf den Hauptantrag der Antragstellerin nicht eingelassen. Im Übrigen beantragt er, die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung führt zur Aufhebung des den Scheidungsantrag abweisenden Urteils und zur Zurückverweisung des Verfahrens zur erneuten Entscheidung an das AG, das auch über den Versorgungsausgleich zu befinden hat (§ 629b Abs. 1 S. 1 ZPO).
Die Voraussetzungen, unter denen die Scheidung verlangt werden kann, liegen vor, denn die Ehe der Parteien ist gescheitert (§ 1565 Abs. 1 S. 1 BGB). Gemäß § 1566 Abs. 2 BGB wird unwiderleglich vermutet, dass die Ehe gescheitert ist, wenn die Ehegatten seit mindestens drei Jahren getrennt leben. Das ist der Fall, nachdem die Parteien die Trennung am … 1996 vollzogen haben. Unabhängig von der gesetzlichen Vermutung sehen auch die Parteien ihre Ehe als endgültig gescheitert an. Eine Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft kommt nicht mehr in Betracht.
Entgegen der Ansicht des AG hindert die Härteklausel des § 1568 BGB die von der Antragstellerin begehrte Ehescheidung nicht.
Nach der sog. Kinderschutzklausel des § 1568 BGB soll eine Ehe trotz ihres Scheiterns nicht geschieden werden, wenn und solange die Aufrechterhaltung der Ehe im Interesse der aus der Ehe hervorgegangenen minderjährigen Kinder aus besonderen Gründen ausnahmsweise notwendig ist. Soweit sich das AG zur Anwendung dieser Vorschrift auf den Standpunkt gestellt hat, dass bei einer Scheidung das Umgangsrecht des Antragsgegners mit den gemeinsamen Kindern beeinträchtigt wird, ist ihm im Grundsatz darin zuzustimmen, dass der Umgang der Kinder mit dem nicht betreuenden Elternteil für deren Wohl von erheblicher Bede...