Entscheidungsstichwort (Thema)
Aktivlegitimation. Gläubiger des Ausstellers einer Inhaberschuldverschreibung
Leitsatz (amtlich)
Gläubiger des Ausstellers einer Inhaberschuldverschreibung ist, wer zwei Voraussetzungen erfüllt: Er muss Inhaber der Urkunde sein und die Verfügungsbefugnis darüber haben. Weil das Gesetz zwischen beiden Voraussetzungen trennt, kommt es für die Frage, wer Inhaber der Urkunde ist, auf die tatsächlichen, nicht auf die rechtlichen Verhältnisse an.
Normenkette
BGB §§ 793, 801, 138, 242
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 17.06.2011; Aktenzeichen 2/21 O 353/08) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 17.6.2011 verkündete Urteil der 21. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main (2-21 O 353/08) teilweise abgeändert und zur Klarstellung im Leistungsausspruch wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 11.657,46 zu zahlen gegen Aushändigung der Zinsscheine zu der 12 % Inhaber-Teilschuldverschreibung Republik Argentinien 1996/2016, WKN 134 091 über einen Nominalwert von DM 95.000 für die Jahre 2003 und 2004.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung der Beklagten und die Berufung des Klägers werden zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 97 Prozent und die Beklagte 7 Prozent zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt EUR 155.546,42.
Gründe
I. Wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstands wird zunächst auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen (Bl. 361 ff d.A.). Zu ergänzen ist, dass Zinsscheine für die Jahre 2003 und 2004 nicht zur Einlösung vorgelegt wurden und dass der Kläger wegen Zinsrückständen aus 2003 aus Argentinien-Anleihen WKN 130 020, 131 950, 132 501 und 134091 am 27.12.2007 einen Mahnbescheid beantrag hat, der am 12.2.2008 erlassen und der Beklagten am 7.3.2008 zugestellt wurde (AG Hünfeld 20 B 89/08). Wegen der Einzelheiten wird auf den Aktenausdruck vom 22.1.2008 (Bl. 4 ff d.A.) und auf den Mahnbescheid (Bl. 44 d.A.) verwiesen.
Mit den im angefochtenen Urteil genannten Staatsanleihen verpflichtete sich die Beklagte, dem Inhaber der Teilschuldverschreibungen das geschuldete Kapital bei Fälligkeit und die vertraglich geschuldeten Zinsen jährlich nachträglich an einem bestimmten Termin zu bezahlen.
Der Kläger begehrt im Wesentlichen vertragliche Zinsen für die Jahre 2003 und 2004 und hat erstinstanzlich nach Teilklagerücknahme in Höhe von EUR 6.900 zuletzt beantragt, die Beklagte zur Zahlung von EUR 155.546,42 zu verurteilen. Er hat sich dabei auch auf Zinsforderungen zu stützen versucht, die ihm von Dritten durch Abtretung übertragen worden seien.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Das Landgericht hat dem Kläger EUR 41.693,04 zugesprochen. Dabei handelt es sich um vertragliche Zinsen für die Jahre 2003 und 2004 aus den Anleihen zu WKN 134 091, 195 490 und 410 300. Der Kläger habe durch eine Depotbescheinigung nachgewiesen, Inhaber dieser Teilschuldverschreibungen zu sein. Anhaltspunkte für Verjährung dieser Ansprüche seien nicht ersichtlich und von der Beklagten nicht schlüssig dargelegt. Soweit der Kläger aus Ansprüchen vorgegangen sei, die ihm Dritte übertragen hätten, seien die Abtretungsverträge mangels Bestimmtheit unwirksam.
Die Berufung der Beklagten wendet gegen das angefochtene Urteil im Wesentlichen (vgl. S. 6 der Berufungsbegründungsschrift) ein:
1. Das Landgericht habe rechtsfehlerhaft im Tenor zu WKN 134 091 eine Verurteilung zur Zahlung Zug um Zug gegen Aushändigung (und nicht gegen Aushändigung ohne Zug-um-Zug-Passus) der Zinsscheine ausgesprochen.
2. Das Landgericht sei zu Unrecht von der Aktivlegitimation des Klägers im Hinblick auf die WKN 195 490 ausgegangen.
3. Das Landgericht habe im Hinblick auf die WKN 410 300 zu Unrecht den Erfüllungseinwand der Beklagten außer Acht gelassen.
4. Das Landgericht habe fehlerhaft nicht erkannt, dass etwaige Ansprüche des Klägers gemäß § 801 Abs. 2 BGB erloschen bzw. verjährt seien.
5. Das Landgericht habe rechtsfehlerhaft nicht erkannt, dass es sich bei der argentinischen Notstandsgesetzgebung um Eingriffsnormen handelt, die von den deutschen Gerichten nach den Grundsätzen des Internationalen Privatrechts zwingend zu beachten seien.
6. Rechtsfehlerhaft habe das Landgericht die Voraussetzungen des § 138 BGB verneint; richtig sei, dass die Befriedigung der Gläubiger den Sanierungsprozess in Argentinien ins Stocken bringe, weshalb sie sittenwidrig sei.
7. Außerdem hätte die Klage auch deshalb abgewiesen werden müssen, weil die Gläubiger, die sich nicht an der Umschuldung beteiligt haben...