Entscheidungsstichwort (Thema)
Insolvenzrechtliche Probleme bei Aufspaltung in Besitz- und Betriebsgesellschaft
Leitsatz (amtlich)
1. Zu insolvenzrechtlichen Problemen bei einer Aufspaltung in Besitz- und Betriebsgesellschaft, wenn derselbe Insolvenzverwalter sowohl für die Besitzgesellschaft als auch für die Betriebsgesellschaft bestellt wird.
2. Die Insolvenzmasse der Betriebsgesellschaft haftet in Form einer Masseschuld auf Schadensersatz, wenn der für die Besitz- und die Betriebsgesellschaft bestellte gemeinsame Insolvenzverwalter in seiner letzteren Eigenschaft Zubehörstücke von einem mit einer Grundschuld belasteten Betriebsgrundstück den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirtschaft zuwider entfernt.
3. Dementsprechend haftet die Insolvenzmasse der Besitzgesellschaft in Form einer Masseschuld auf Schadensersatz, wenn der für die Besitz- und die Betriebsgesellschaft bestellte gemeinsame Insolvenzverwalter in seiner letzteren Eigenschaft Zubehörstücke von einem mit einer Grundschuld belasteten Betriebsgrundstück den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirtschaft zuwider entfernt, ohne dafür zu sorgen, dass der Erlös der Insolvenzmasse der Besitzgesellschaft zur Befriedigung des Grundschuldgläubigers zugeführt wird.
4. Der Gläubiger einer auf dem einer Besitzgesellschaft gehörenden Betriebsgrundstück lastenden Grundschuld kann im Insolvenzverfahren der Betriebsgesellschaft Ersatzaussonderung des Erlöses verlangen, wenn der Insolvenzverwalter für die Grundschuld haftende Zubehörteile für die Betriebsgesellschaft in Anspruch nimmt und veräußert.
5. Wird ein Unternehmen in eine Besitzgesellschaft und eine Betriebsgesellschaft aufgeteilt, wird die Haftung von Zubehörteilen des mit einer Grundschuld belasteten Betriebsgrundstücks nicht dadurch aufgehoben, dass diese Zubehörteile von der Besitzgesellschaft an die Betriebsgesellschaft veräußert oder vermietet werden oder bei der Aufspaltung von vornherein bei der Betriebsgesellschaft verbleiben.
6. Eine endgültige (teilweise) Betriebsstilllegung, die zur Veräußerung von Betriebsgegenständen führt, stellt keine Maßnahme ordnungsmäßiger Wirtschaftsführung, sondern eine Maßnahme der Vermögensverwertung dar.
Verfahrensgang
LG Hanau (Urteil vom 26.11.1998; Aktenzeichen 7 O 218/95) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 7. Zivilkammer des LG Hanau vom 26.11.1998 – 7 O 218/95 – wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 55.000 DM abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Beschwer: 700.000 DM.
Tatbestand
Die Parteien streiten im Rahmen einer Stufenklage, nachdem die Auskunftsklage erledigt ist, jetzt im Berufungsverfahren nur noch um die Feststellung, ob der Klägerin ein Masseanspruch gegen die von dem Beklagten als Konkursverwalter verwaltete Masse in bestimmter Höhe zusteht oder nicht.
Die Klägerin gewährte der Firma Fr. B. Fr. V. GmbH (kurz: FBF oder Betriebsgesellschaft) mit Sitz in Frankfurt am Main im Jahre 1989 mehrere Darlehen. Zu deren Sicherung wurden zugunsten der Klägerin auf dem Betriebsgelände der Firma FBF in Kl.-Kr. zwei Grundschulden über 1.500.000 DM und 6.500.000 DM eingetragen (Bl. 13–18 d.A.).
Im September 1992 wurde die Firma FBF Grundbesitz GmbH & Co KG (kurz: FBF-Grundbesitz oder Besitzgesellschaft) mit Sitz in H. gegründet; die Firma FBF wurde Kommanditistin, die ebenfalls neu gegründete Firma FBF Grundbesitz-Beteiligungs GmbH (kurz: FBF-G-B) Komplementärin (Bl. 92–95 d.A.). Als Einlage übertrug die Firma FBF ihren Grundbesitz in Kl.-Kr. auf die Firma FBF-Grundbesitz; diese übernahm die dinglichen Belastungen (Bl. 22–29 d.A.). Die Eigentumsumschreibung erfolgte am 11.4.1994 (Bl. 13 d.A.). Gleichzeitig schloss die Besitzgesellschaft mit der Firma FBF einen Mietvertrag über die Betriebsräumlichkeiten (Bl. 123–126 d.A.), da die Betriebsgesellschaft dort die Produktion fortführen sollte.
Bereits am 31.3.1994 wurde über das Vermögen der Betriebsgesellschaft das Konkursverfahren eröffnet (Bl. 34 d.A.). Am 20.5.1994 folgte die Eröffnung von Konkursververfahren über die Vermögen der Besitzgesellschaft und der Firma FBF-G-B (Bl. 11, 36 d.A.). Zum Konkursverwalter aller drei Gesellschaften wurde der Beklagte bestellt.
In der Folgezeit wandte sich die Klägerin wegen der ihren Grundschulden unterliegenden Zubehörgegenstände mehrfach an den Beklagten. Mit Schreiben vom 21.6.1994 kündigte sie die Grundschulden (Bl. 44 d.A.).
Mit Beschluss vom 29.7.1994 wurde auf Antrag der Klägerin die Zwangsverwaltung des Betriebsgrundstücks in Kl.-Kr. angeordnet (Bl. 57–58 d.A.). Der Beschluss wurde dem Beklagten am 4.8.1994 zugestellt.
Bereits zuvor hatte der Beklagte in seiner Eigenschaft als Konkursverwalter der Betriebsgesellschaft, wie inzwischen feststeht, damit begonnen, Maschinen und Gerätschaften zu veräußern. Der nach Abzug...