Verfahrensgang
LG Hanau (Urteil vom 04.12.2018; Aktenzeichen 1 O 1103/17) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten zu 1) wird das Urteil des Landgerichts Hanau vom 04. Dezember 2018 unter Zurückweisung der Berufung des Klägers abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits fallen dem Kläger zur Last.
Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch die Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagten zuvor Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger macht nach dem Kauf eines gebrauchten Pkws gegen die Beklagte zu 1) kaufrechtliche Ansprüche und bereicherungsrechtliche Ansprüche nach Anfechtung des Kaufvertrags und gegen die Beklagte zu 2) deliktische Schadensersatzansprüche geltend.
Die Beklagte zu 1) ist eine unabhängige Händlerin, welche zumindest auch Fahrzeuge der Beklagten zu 2) vertreibt.
Mit verbindlicher Bestellung vom 09. März 2015 erwarb der Kläger bei der Beklagten zu 1) einen VW Touran 2.0 I TDI, 103 kW mit einem Kilometerstand von 10 km (EZ 09/2014) zum Kaufpreis von 27.951,00 EUR (inklusive Zulassungskosten) (Anlage 1 = Bl. 74 d.A.; Bl. 695 d.A.). Das Fahrzeug wurde dem Kläger am 17. März 2015 übergeben. Die Beklagte zu 2) ist die Herstellerin des streitgegenständlichen Fahrzeugs.
Das vom Kläger gekaufte Fahrzeug war mit einem Dieselmotor des Typs EA 189 ausgestattet, der von der Beklagten zu 2) entwickelt und hergestellt worden ist. Die Motorsteuerung des Motors war ursprünglich so programmiert, dass im Falle des Durchlaufens des Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ), welcher Teil des Typgenehmigungsverfahrens ist, die Abgasrückführung in einen NOx-optimierten Betriebsmodus (Modus 1) versetzt wird, während sie außerhalb des NEFZ im Straßenverkehr im nicht NOx-optimierten Betriebsmodus (Modus 0) operiert. Im Modus 0 ist die Abgasrückführungsrate geringer.
Das Kraftfahrbundesamt (KBA) ordnete mit Bescheid vom 15. Oktober 2015 gegenüber der Beklagten zu 2) einen verpflichtenden Rückruf für sämtliche betroffene Fahrzeuge mit diesem Dieselmotor und die Entfernung der Abschalteinrichtung an. Gleichzeitig machte es in einer Presseerklärung öffentlich, dass es sich seiner Auffassung nach bei der verwendeten Software um eine unzulässige Abschalteinrichtung handele und der Beklagten auferlegt worden sei, geeignete Maßnahmen zur Wiederherstellung der Vorschriftsmäßigkeit der betroffenen Fahrzeuge zu ergreifen.
In der Folge entwickelte die Beklagte zu 2) ein Software-Update für die betroffenen Motoren, durch das das Abgasrückführungssystem dahin überarbeitet wird, dass die Abgasrückführung nur noch in einem einheitlichen Betriebsmodus arbeitet und der Verbrennungsprozess durch eine Anpassung der Einspritzcharakteristik optimiert wird.
Mit Schreiben im September 2016, Dezember 2016, März 2017 und September 2017 bat die Beklagte zu 2) den Kläger, die technische Maßnahme durchführen zu lassen (Bl. 160 d.A.). Mit Schriftsatz im Güteverfahren vom 16. März 2017 und mit weiterem Schriftsatz vom 10. Juli 2017 forderte der Kläger die Beklagte zu 1) zur Nachlieferung eines "vertragsgemäßen, mangelfreien Neuwagens" auf. Ein Aufspielen des Software-Updates lehnte der Kläger dabei als "unzumutbar und untauglich" ab (Anlage K2 = Bl. 78 ff. d.A.). Daraufhin erläuterte die Beklagte zu 1) dem Kläger mit Schreiben vom 17. August 2017 die mit dem KBA abgestimmte Lösung und bat ihn, einen Werkstatttermin zum Aufspielen des Updates zu vereinbaren. Gleichzeitig lehnte die Beklagte zu 1) aufgrund der kostengünstigeren technischen Maßnahme (Software-Update) einen Austausch des Fahrzeuges ausdrücklich als unverhältnismäßig ab (Anlage K2 = Bl. 82 ff. d.A.).
Mit Klageschrift vom 17. November 2017 erklärte der Kläger die Anfechtung des und den Rücktritt vom Kaufvertrag(s).
Zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung hatte der Kläger das Software-Update noch nicht durchführen lassen. Ob das Software-Update zwischenzeitlich aufgespielt wurde, blieb bis zuletzt offen.
Der Kläger hat behauptet, ihm sei es auf ein umweltfreundliches und wertstabiles Fahrzeug angekommen, mit dem er jederzeit auch in Städte fahren könne, die eine grüne Umweltplakette erforderten. Er hat die Ansicht vertreten, aufgrund der bei Erwerb installierten Abschalteinrichtung sei das Fahrzeug mit einem Mangel behaftet gewesen. Das von der Beklagten zu 2) entwickelte Software-Update stelle keine Nachbesserung der Beklagten zu 1), sondern eine vom KBA verpflichtend angeordnete Rückrufaktion dar. Sie gehe nicht von seiner Vertragspartnerin aus, die nur ausführendes Organ der Beklagten zu 2) sei. Er hat behauptet, dass bei dem Fahrzeug, sollte es umgerüstet werden, der Verbrauch steigen, die Leistung abnehmen und der Rußpartikelfilter eine erheblich...