Entscheidungsstichwort (Thema)
Beihilfe zur Erpressung in Anwaltsschreiben
Leitsatz (amtlich)
Die Forderung unstreitig nicht geschuldeter Vermögensvorteile als Voraussetzung für die unstreitig geschuldete Räumung und Herausgabe eines Mietobjekts kann eine Erpressung des Vermieters durch den Mieter sowie seine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung begründen. Die aufgrund dessen getroffene Vereinbarung über die Gewährung der geforderten Vermögensvorteile kann wegen widerrechtlicher Drohung anfechtbar sein, wenn durch die Ankündigung, das Mietobjekt ansonsten nicht herauszugeben, für den Vermieter eine Zwangslage geschaffen wurde. Das Verfassen des Anwaltsschreibens, in dem die unberechtigte Forderung erhoben wird, kann als Beteiligung des Rechtsanwalts an dieser Handlung und demzufolge zu seiner Mithaftung auf Erstattung der seitens des Mieters erlangten Vermögensvorteile führen.
Normenkette
BGB § 123 Abs. 1, § 823 Abs. 2, §§ 826, 830 Abs. 1-2
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 20.10.2014; Aktenzeichen 2-25 O 187/14) |
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des LG Frankfurt/M. vom 20.10.2014 (Az.: 2-25 O 187/14) wird mit folgender Maßgabe zurückgewiesen:
In Höhe der Hauptforderung von 8.050 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz sei dem 11.6.2013 haftet der Beklagte gesamtschuldnerisch mit der hierzu bereits durch Urteil des OLG ... vom 17.5.2013 (.../13) verurteilten Frau A, B-Straße, Stadt1.
Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 8.050 EUR festgesetzt.
Gründe
I. § 313a Abs. 1 S. 1, § 540 Abs. 2, § 541 ff. ZPO:
Von der Darstellung des Tatbestandes wird abgesehen, da ein Rechtsmittel gegen das Urteil unzweifelhaft nicht statthaft ist.
II. § 540 Abs. 1 Nr. 2 ZPO:
Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und ebenso begründet worden (§§ 511, 517, 519 f. ZPO). In der Sache hat sie keinen Erfolg.
Die Klage ist begründet mit der Maßgabe der teilweise lediglich gesamtschuldnerischen Haftung des Beklagten wie aus dem Tenor ersichtlich.
Dem Kläger steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Schadenersatz i.H.v. 8.050 EUR wegen Beteiligung an der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung in Gestalt einer Erpressung seitens der Gesellschafterin Frau A der vormaligen Pächterin des Klägers, die ihn zu einer Zahlung in Höhe dieses Betrages an sie veranlasste und die der Beklagte seinerzeit anwaltlich vertreten hat, zu (§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 253 StGB, §§ 826, 830 Abs. 1, 2, § 249 BGB).
Der Beklagte hat sich vorsätzlich mindestens an der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung des Klägers durch die bereits durch das Urteil des OLG vom 17.5.2013 (.../13) verurteilte Frau A beteiligt. Dabei hat Frau A zugleich vorsätzlich den Tatbestand der Erpressung verwirklicht.
Der Beklagte haftet für diese Handlungen. Haben mehrere durch eine gemeinschaftlich begangene unerlaubte Handlung einen Schaden verursacht, so ist jeder für den Schaden verantwortlich. Dabei stehen Anstifter und Gehilfen einem Mittäter gleich (§ 830 Abs. 1, 2 BGB). Der Beklagte war seinerzeit aufgrund seiner Tätigkeit als anwaltlicher Vertreter der damaligen Pächterin über sämtliche relevanten Umstände informiert und hat die Gesellschafterin der vormaligen Pächterin bei den Verhandlungen mit dem Kläger aktiv umfassend anwaltlich vertreten. Es hätte ihm seiner Mandantin gegenüber frei gestanden, ein Tätigwerden in dem konkreten Umfang zu unterlassen und sich auf die anwaltliche Vertretung im Rahmen des gesetzlich Zulässigen zu beschränken. Das tatsächlich Geschehen bis hin zur Übergabe des Geldes durch den Kläger an Frau A entsprach insgesamt den vorangegangenen Vorstellungen des Beklagten, wie sie in dem von ihm verfassten Anwaltsschreiben vom 18.9.2012 zum Ausdruck kamen.
Frau A hat dem Kläger seinerzeit mit einem empfindlichen Übel gedroht, auf dessen Eintritt sie Einfluss hatte, was sie auch mitteilte, indem sie dem Kläger gegenüber androhte, die damalige Pächterin, für welche sie handelte, werde ihrer aufgrund der wirksamen fristlosen Kündigung fälligen Pflicht zur Räumung und Herausgabe des damaligen Pachtobjekts C in Stadt1 an ihn nur dann nachkommen, wenn der Kläger die von ihr mit Schriftsatz des Beklagten vom 18.9.2012 in ihrem Namen vorgeschlagene Vereinbarung unterzeichnete; mit der Unterzeichnung dieser Vereinbarung sollte er erklären, auf sämtliche offenen Pachtzinsforderungen zu verzichten und sich zudem verpflichten, Frau A die Kaution von 3.400 EUR und den Betrag der von der vormaligen Pächterin seinerzeit gezahlten Maklercourtage von 4.650 EUR netto zu erstatten.
Frau A hatte dem Kläger mit der Ankündigung, das Objekt vorerst nicht zu räumen und herauszugeben, ein empfindliches Übel in Aussicht gestellt. Denn sofern der Kläger das Pachtobjekt nicht zurückerhielt, konnte er es nicht weiter verwerten, insbesondere es nicht an den Erwerber des Objekts, an den er es bereits ...