Entscheidungsstichwort (Thema)
Verlust des Kasko-Versicherungsschutzes bei ungeeigneter Bereifung
Leitsatz (amtlich)
Keinen Kaskoversicherungsschutz genießt, wer im Winter in einem hoch gelegenen Wintersportort (A./Schweiz) mit seinem mit Sommerreifen ausgestatteten Fahrzeug nebst auf den Hinterrädern montierten – für die Reifenart nicht zugelassenen – Schneeketten ins Rutschen gerät.
Normenkette
VVG § 61
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 17.09.2002; Aktenzeichen 2/7 O 540/00) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des LG Frankfurt am Main – 7. Zivilkammer – vom 17.9.2002 – 2/7 O 540/00 – wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beschwer des Klägers beträgt 6.895,41 Euro.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
(Von der Darstellung des Tatbestandes wird abgesehen, weil ein Rechtsmittel nicht eröffnet ist.)
Die Berufung des Klägers ist statthaft und zulässig, insb. form- und fristgerecht eingelegt und begründet. Sie bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg. Das LG ist mit Recht davon ausgegangen, dass der Kläger den Versicherungsfall grob fahrlässig herbeigeführt hat, was Leistungsfreiheit der Beklagten zur Folge hat (§ 61 VVG).
Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn schon einfachste, ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt werden und dasjenige nicht beachtet wird, was im konkreten Fall jedem Verkehrsteilnehmer hätte einleuchten müssen (OLG Braunschweig in Versicherungsrecht 1997, S. 182 m.w.N.). Sie setzt neben einem objektiv grob verkehrswidrigen Verhalten subjektiv ein erheblich gesteigertes Verschulden voraus. Für das Vorliegen des objektiven Tatbestandes können dabei die Regeln des Anscheinbeweises herangezogen werden, nicht aber für die subjektiven Voraussetzungen. Vom rein Tatsächlichen sind aber Erfahrungsschlüsse auf Tatsachen möglich, die den Vorwurf grober Fahrlässigkeit begründen (Prölss/Martin, VVG, 26. Aufl., § 61 Rz. 23).
Die grobe Fahrlässigkeit liegt hier bereits darin, dass der Kläger mit Sommerreifen in den Wintersport nach A.gefahren ist. Dass es in solchen Höhenlagen gerade im Winter häufig und kurzfristig zu extremen Änderungen der Witterungsverhältnisse kommt, die eine komplette Winterausrüstung des Fahrzeuges inklusive Schneeketten erfordern, ist allgemein bekannt und daher auch ohne weiteres vorhersehbar. Folglich ist in derart hoch gelegenen Bergregionen Winterausrüstung und die Mitführung von Schneeketten nicht nur empfohlen, sondern vorgeschrieben. Wer ungeachtet dessen mit Sommerreifen fährt, handelt leichtfertig i.S. grober Fahrlässigkeit.
Sommerreifen haben nämlich nach beiderseits unangegriffener Feststellung des Sachverständigen trotz Schneeketten auf der Hinterachse keine Seitenführungskräfte. Das wirkt sich insb. – wie hier – bei Bergabfahrten aus.
Der Senat hat dabei davon auszugehen, dass der Kläger mit Sommerreifen gefahren ist. Dies war bis zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat unstr. In der Verhandlung hat der Kläger erstmals behauptet, sein Fahrzeug sei mit Ganzjahresreifen ausgerüstet gewesen. Neuer Sachvertrag kann indessen nur zugelassen werden, wenn seine Nichtgeltendmachung im ersten Rechtszug nicht auf grober Nachlässigkeit beruht (§ 531 Abs. 2 Ziff. 3 ZPO). Umstände, die diese Annahme rechtfertigen würden, hat der Kläger jedoch nicht vorgetragen, geschweige denn glaubhaft gemacht.
Auch das Argument, er habe sich an die Anweisungen der Herstellerfirma gehalten und die Benutzung von Schneeketten sei nicht ausdrücklich untersagt, ist bei näherer Betrachtung nicht stichhaltig. Ausweislich des Handbuchauszuges, den der Kläger vorgelegt hat (Bl. 157 d.A.), dürfen Schneeketten nur bei Verwendung von Felgen mit Winterreifen der Größe 225/16 R16 oder 17-Zoll-Felgen mit Reifen der Größe 245/50 ZR17 montiert werden.
In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger angegeben, er habe 17-Zoll-Reifen der Größe 245/45 gefahren. Aus dem von ihm überreichten Gutachten des Sachverständigen W. vom 27.1.2000 ergibt sich indessen, dass die Hinterreifen des Fahrzeuges solche der Größe 255/45 ZR18, also 18-Zoll-Reifen waren. Für diese Reifen sind nach dem Handbuch keine Schneeketten zugelassen, wenngleich sie nach Einschätzung des Sachverständigen … montierbar sind.
Die grobe Fahrlässigkeit entfällt auch nicht deshalb, weil der Kläger – wie er angibt – bis zum Abreisetag problemlos fahren konnte. Dies ist möglicherweise auf günstige Witterungsverhältnisse zurückzuführen, auf die der Kläger indessen – s.o. – nicht vertrauen durfte.
Vorliegend hat bereits Neuschneefall genügt, um die Seitenführungskräfte der Vorderräder außer Kraft zu setzten, wenn auch möglicherweise verbunden mit Glättebildung, zu der der Kläger aber keine konkreten Ausführungen macht.
In der Berufung trägt er diesbezüglich vor, er könne sich den Vorfall nur mit Glättebildung unterhalb der Schneeauflage am Abfahrtstag oder vorher erklären.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat er indessen angegeben, am Abfahrtstag sei g...