Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur (Nicht-)Anfechtbarkeit einer versicherungsvertragsrechtlich unwiderruflich als Bezugsberechtigte eingesetzte namentlich nicht beannten Ehefrau, die zum Zeitpunkt des Versicherungsfalles mit dem Versicherungsnehmer/Erblasser verheiratet war
Leitsatz (amtlich)
1. Die versicherungsvertraglich als unwiderruflich bezeichnete Bezugsberechtigung der Ehefrau, die zum Zeitpunkt des Versicherungsfalles mit dem Versicherungsnehmer (Erblasser) verheiratet ist, kann bei Einräumung des Bezugsrechts außerhalb des Vierjahreszeitraumes nicht nach § 134 InsO angefochten werden.
2. Die Nichtkündigung der Lebensversicherung durch den Versicherungsnehmer selbst ist keine anfechtbare Rechtshandlung.
Normenkette
InsO § 134
Verfahrensgang
LG Darmstadt (Urteil vom 14.04.2011) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 14.4.2011 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 27. Zivilkammer des LG Darmstadt abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Unter Abweisung der weiter gehenden Klage wird die Beklagte verurteilt, an den Kläger zu zahlen:
a) Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus EUR 288.099,07 für den Zeitraum vom 22.9.2009 bis einschließlich 16.3.2010;
b) EUR 7.362,60 nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.11.2011;
c) EUR 3.380,79 als Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten.
Die weiter gehende Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreites im ersten Rechtszuge haben der Kläger 95 % und die Beklagte 5 % zu tragen.
Von den Kosten der Berufung haben der Kläger 94 % und die Beklagte 6 % zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte darf die klägerseits betriebene Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zzgl. 15 % hieraus abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages zzgl. 15 % hieraus leistet.
Die Klägerin darf die beklagtenseits betriebene Zwangvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zzgl. 15 % hieraus abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages zzgl. 15 % hieraus leistet.
Gründe
I. Die Beklagte war die dritte Ehefrau des am 22.2.2009 verstorbenen Erblassers. Mit Beschluss des AG Darmstadt vom 9.12.2009 wurde das Insolvenzverfahren über den Nachlass eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt.
Der Verstorbene war Versicherungsnehmer von vier zugunsten der Beklagten abgeschlossenen Lebensversicherungen über EUR 262.000,00, EUR 7.772,94, EUR 18.326,13 sowie über EUR 126.747,95.
Mit Schreiben vom 29.12.2009 focht der Kläger gem. § 134 InsO das Bezugsrecht der Beklagten an und forderte diese auf, den Betrag von EUR 414.847,02 bis 18.1.2010 an ihn zu zahlen. Am 17.3.2010 zahlte die Beklagte an den Kläger EUR 288.099,07. Hinsichtlich der letztgenannten Versicherung über EUR 126.747,95 (Versicherer war hier die ...) macht die Beklagte geltend, ihr sei ein unwiderrufliches Bezugsrecht eingeräumt worden. In dem maßgeblichen Versicherungsschein vom 31.1.1991 (Bl. 22 ff./38) wird unter der Überschrift "Leistungsempfänger" verlautbart:
"Im Todesfall der Ehegatte, mit dem der Versicherte im Zeitpunkt seines Todes verheiratet ist.
Sie haben ein unwiderrufliches Bezugsrecht verfügt."
Mit bei Gericht am 10.1.2011 eingegangenem Schriftsatz hat der Kläger die vorliegende Klage erhoben, mit der er sein Begehren auf Auskehrung des Versicherungsbetrages i.H.v. EUR 126.747,95 sowie Zins- und Kostenerstattungsansprüche verfolgt.
Der Kläger vertritt die Rechtsauffassung, der Beklagten sei entgegen deren Ansicht kein unwiderrufliches Bezugsrecht eingeräumt worden.
Mit am 14.4.2011 verkündetem Urteil, auf dessen Inhalt verwiesen wird, hat die Einzelrichterin der 27. Zivilkammer des LG Darmstadt zwar die Beklagte verurteilt, an den Kläger Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus EUR 288.099,07 für den Zeitraum zwischen dem 22.9.2009 und 16.3.2010 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten i.H.v. EUR 3.309,79 zu zahlen, aber die Klage auf Zahlung der EUR 126.747,95 nebst Zinsen mit der Begründung abgewiesen, dass der Erblasser der Beklagten ein unwiderrufliches Bezugsrecht eingeräumt habe.
Gegen das vorstehende und ihm am 6.5.2011 zugestellte Urteil hat der Kläger mit bei Gericht am 17.5.2011 eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und sein Rechtsmittel mit bei Gericht am 30.5.2011 eingegangenem Schriftsatz begründet.
Der Kläger bekämpft mit seinem Rechtsmittel die landgerichtliche Rechtsansicht, wonach der Beklagten ein unwiderrufliches Bezugsrecht eingeräumt worden sei, und trägt in diesem Zusammenhang u.a. vor, dass nach der landgerichtlichen Lesart auch die erste und zweite Ehefrau ein "unwiderrufliches" Bezugsrecht erha...