Entscheidungsstichwort (Thema)
Widerrufsbelehrung: Einhaltung des Deutlichkeitsgebots von § 355 Abs. 2 S. 1 BGB
Normenkette
BGB § 355
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 31.03.2016; Aktenzeichen 2-28 O 246/15) |
BGH (Aktenzeichen XI ZR 87/17) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des LG Frankfurt am Main vom 31.03.2016, Az. 2-28 O 246/15, wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen dem Kläger zur Last.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger wendet sich gegen die Abweisung seiner auf Feststellung der Beendigung eines Darlehensvertrags infolge Widerrufs gerichteten Klage.
Der Kläger nahm als Verbraucher bei der Beklagten im Juni 2008 unter der Darlehensnummer ... ein Darlehen im Nennbetrag von 280.000,- EUR auf. Das durch ein Grundpfandrecht gesicherte Darlehen diente der Finanzierung einer Immobilie und war mit nominal 5,2 % p.a. verzinst. Wegen der weiteren Einzelheiten des Darlehensvertrages wird auf dessen Ablichtung (Anlage K 1 - Bl. 7 ff. d.A.) verwiesen. Dem Darlehensvertrag war folgende Widerrufsbelehrung beigefügt:
Mit Schreiben vom 25.06.2015 erklärte der Kläger gegenüber der Beklagten den Widerruf seiner auf Abschluss des Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärung.
Der Kläger hat vorgetragen, er habe sein Widerrufsrecht noch ausüben können, da die Widerrufsfrist nicht abgelaufen gewesen sei. Die Widerrufsbelehrung sei nicht ordnungsgemäß. Sie verstoße insbesondere gegen das Deutlichkeitsgebot. In der Überschrift werde auf ganze Bereiche des BGB verwiesen. Der rechtsunkundige Darlehensnehmer könne damit nichts anfangen und wisse nicht, was er davon halten solle. Der Darlehensnehmer wisse auch nicht, weshalb der Widerruf in Textform erfolgen müsse. Zudem suggerierte die Belehrung, dass der Widerruf keine Begründung enthalten dürfe. Auch die Überschrift "Widerruf bei bereits ausgezahlte Darlehen" verwirre und erwecke den Eindruck, dass der Darlehensvertrag vorher nicht widerrufen werden dürfe. Zudem enthalte die Belehrung falsche Angaben. Die Formulierung "Die Frist beginnt einen Tag, nachdem [...]" sei irreführend und falsch, weil die Frist mit dem fristauslösenden Ereignis beginne und nicht später. Die Belehrung über die Widerrufsfolgen erwecke den Eindruck, dass nur den Darlehensnehmer Leistungspflichten träfen. Eine Darstellung der Pflichten des Darlehensgebers fehle. Der Satz "Dies kann dazu führen, dass Sie die vertraglichen Zahlungsverpflichtungen für den Zeitraum bis zum Widerruf gleichwohl erfüllen müssen" sei falsch, da er nur bei Fernabsatzverträgen einzufügen sei. Jedenfalls verwirre er den Darlehensnehmer. Fehlerhaft sei schließlich auch die Belehrung über die zweiwöchige Frist zur Rückzahlung des Darlehens. Eine solche Frist bestehe nicht. Im Übrigen widerspräche sie den übrigen Angaben in der Belehrung, wonach Zahlungen binnen 30 Tagen zu erstatten seien.
Die Belehrung entspreche auch nicht der seinerzeit gültigen Musterwiderrufsbelehrung. Die Beklagte könne sich damit nicht auf den Vertrauensschutz des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV berufen.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, die Widerrufsfrist sei zum Zeitpunkt der Erklärung des Widerrufs durch den Kläger bereits abgelaufen gewesen. Die dem Kläger erteilte Widerrufsbelehrung entspreche den Voraussetzungen des § 355 BGB a.F. Auf die Frage, ob die Belehrung dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und Abs. 3 BGB-InfoV in der seinerzeit geltenden Fassung entspreche, komme es daher nicht an. Im Übrigen sei die Ausübung des Widerrufsrechts verwirkt und rechtsmissbräuchlich.
Zur ergänzenden Darstellung des Sach- und Streitstandes wird insoweit gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.
Das LG hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das LG ausgeführt, der Kläger habe den Darlehensvertrag nicht rechtzeitig widerrufen. Bei Erklärung des Widerrufs sei die Widerrufsfrist bereits abgelaufen gewesen. Die von der Beklagten erteilte Widerrufsbelehrung enthalte einen zutreffenden Hinweis auf den Beginn der Widerrufsfrist. Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 10.03.2009 sei auf den hiesigen Sachverhalt nicht zu übertragen, weil die dortige Widerrufsbelehrung keine Possessivpronomen enthalte. Auch könne das vom Bundesgerichtshof befürchtete Fehlverständnis des Begriffs "Vertragsurkunde" hier nicht eintreten, weil das Angebot der Beklagte nicht mit "Darlehensvertrag" überschrieben sei und es auf Seite 5 den Hinweis enthalte, dass der Vertrag ohne Annahmeerklärung des Klägers nicht zustande komme. Die Formulierung "Die Frist beginnt einen Tag, nachdem [...]" ...