Entscheidungsstichwort (Thema)
Ordnungsgemäße Aufklärung einer Patientin über gleichwertige Behandlungsalternativen
Leitsatz (amtlich)
Eine Aufklärung einer Patientin über gleichwertige Behandlungsalternativen ist u. a. dann entbehrlich, wenn die Patientin deshalb nicht aufklärungsbedürftig ist, weil sie schon im Bilde ist.
Verfahrensgang
LG Hanau (Entscheidung vom 04.12.2017; Aktenzeichen 4 O 550/16) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 4. Dezember 2017 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Hanau wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die im Berufungsrechtszug entstandenen Kosten zu tragen.
Das angefochtene Urteil und dieses Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des auf Grund des jeweiligen Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leisten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt die Beklagten unter dem Gesichtspunkt fehlerhafter zahnärztlicher Behandlung sowie nicht ordnungsgemäßer Aufklärung auf Schmerzensgeld und Schadensersatz in Anspruch.
Die Klägerin ist gesetzlich krankenversichert und verfügt über eine Zahnzusatzversicherung.
Sie befand sich bei der Zahnarztpraxis X in Behandlung und wurde dort von Y betreut (nachfolgend: Hauszahnarzt).
Am 6. April 2012 begab sich die Klägerin das erste Mal in die von den Beklagten betriebene Gemeinschaftspraxis. Es handelte sich dabei um einen Notfall. Die Klägerin verspürte nach einer Behandlung durch ihren Hauszahnarzt im Oberkiefer Schmerzen und eine beginnende Schwellung.
Die Behandlung in der Praxis der Beklagten wurde zu diesem Zeitpunkt und auch später im Wesentlichen von einer dort damals angestellten Zahnärztin - der Zeugin B - vorgenommen.
Im Rahmen der Untersuchung wurde festgestellt, dass der Zahn 14 unter der darauf befindlichen Krone weggefault war und dass der Zahn 25 eine Lockerung und eine 5 mm tiefe Tasche aufwies. Weiter wurde bei der Klägerin eine starke Parodontitis mit erheblichem Knochenabbau in der regio 15 festgestellt. Die Sondierungstiefe an Zahn 15 betrug 10 mm. Aufgrund der Diagnosen wurden der Wurzelrest von Zahn 14 und der Zahn 15 extrahiert. Die Klägerin wurde zur Weiterbehandlung und Kontrolle an ihren Hauszahnarzt verwiesen.
Am 8. Mai 2012 stellte sich die Klägerin erneut in der Gemeinschaftspraxis der Beklagten vor, um dort weiterbehandelt zu werden. Bei der Untersuchung wurde festgestellt, dass der Oberkiefer der Klägerin sanierungsbedürftig war.
In der Folgezeit wurde bei der Klägerin eine Parodontitisbehandlung vorgenommen sowie die Planung und Vorbereitung einer Oberkieferprothese begonnen.
Am 14. November 2012 teilte die Klägerin der Zeugin B mit, dass ihr Hauszahnarzt den Zahn 13 gezogen habe.
Nachdem ein eingegliedertes Langzeitprovisorium mehrfach gebrochen war, wurde am 8. Mai 2013 in der Gemeinschaftspraxis der Beklagten bei der Klägerin Bruximus (Zähnepressen) festgestellt.
Am 14. Mai 2013 setzte die Zeugin B bei der Klägerin in regio 13 ein Implantat ein. Dieses Implantat im linken Oberkiefer sowie die Zähne 21 bis 23 im rechten Oberkiefer dienten dabei als Pfeiler für die bei der Klägerin sodann am 11. Oktober 2013 von der Zeugin B eingesetzte gaumenfreien Teleskop-Prothese. Die im Bereich der Zähne 21 bis 23 von dem Hauszahnarzt schon vorher eingebrachten Stifte wurden wegen des Risikos der Restzahnzerstörung bei Entfernung belassen.
Der Verlauf war zunächst unauffällig.
Am 20. Februar 2014 teilte die Klägerin der Zeugin B mit, dass sie morgens mit einem dicken Gesicht aufgewacht sei. Vor allem die Wange sei stark geschwollen.
Nachdem sich die Beschwerden nicht besserten, äußerte die Zeugin B am 6. März 2014 den Verdacht auf eine Kiefergelenksfehlfunktion durch Bruximus nachts und tags. Der Klägerin wurde eine sog. Knirscherschiene verschrieben und angepasst, die sie zur Entlastung tragen sollte. Hierdurch verbesserten sich die Beschwerden binnen weniger Wochen.
Am 23. Oktober 2014 stellte die Zeugin B eine Lockerung der Zähne 21 bis 23 fest.
Am 27. Juli 2015 zeigte sich, dass der Zahn 23 wegen erheblicher Aufweichung und Bildung von Karies unter dem zur Stabilisierung des Zahnes gesetzten Stift nicht mehr zu erhalten war.
Die Beklagten stellten der Klägerin für die Behandlung insgesamt EUR 7.385,70 in Rechnung, die bezahlt wurden.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 10. November 2015 (Bl. 58 ff. d. A.) machte die Klägerin gegenüber den Beklagten geltend, dass die Prothese nicht dauerhaft gehalten habe, weil sich bei den eingebrachten Implantaten die Stifte immer wieder gelöst hätten und herausgefallen seien. Mehrere Nachbesserungsversuche, die Stifte wieder einzukleben, hätten keinen Erfolg erbracht. Infolgedessen hätten zwischenzeitlich sämtliche Implantate durch einen nachbehandelnden Arzt wieder entfernt werden müssen. Vor diesem Hintergrund bestehe der Verdacht einer zahnärztlichen Fehlbe...