Entscheidungsstichwort (Thema)
Notarhaftung: Fehlende Kausalität der Amtspflichtverletzung für den Schaden
Normenkette
BerukG § 17; BNotO § 19
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 06.04.2017; Aktenzeichen 2-22 O 22/16) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 6.4.2017 (Az. 2-22 O 22/16) wie folgt abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird festgesetzt auf insgesamt 59.379,72 EUR.
Gründe
I. Die Klägerin macht Schadensersatzansprüche wegen Notarhaftung geltend.
Aufgrund eines am 30.6.2010 vom Beklagten als Notar beurkundeten Kaufvertrags (Ur. Nr. .../2010) erwarben die Klägerin und ihr Ehemann, der Zeuge Vorname1 Nachname1, einen Mit- und Sondereigentumsanteil an einer in Stadt1 gelegenen Immobilie (2-Zimmer Wohnung nebst Stellplatz) zu einem Kaufpreis von 56.606,00 EUR. Die Verkäuferin wurde hierbei von einem Herrn Nachname2, Mitarbeiter der A GmbH, als vollmachtlosen Vertreter vertreten.
In § 4 Nr. 2 des Kaufvertrages wurde geregelt:
"Der Kaufpreis ist zur Zahlung fällig am 31.8.2010.
Voraussetzung für die Zahlung des Kaufpreises ist, dass der amtierende Notar dem Käufer bestätigt hat, dass
- die Eintragung einer Eigentumsvormerkung im Grundbuch erfolgt ist und keine Belastungen vorgehen (...);
- die Löschung der nicht übernommenen Belastungen gemäß § 2 sichergestellt ist (...);
- die Genehmigungserklärung des Verkäufers in öffentlich beglaubigter Form vorliegt (...)."
Unter § 15 Nr. 5 heißt es:
"Der Käufer erklärt nach Belehrung gemäß § 17 Abs. 2 a Ziffer Satz 2 BeurkG, dass er ausreichend Gelegenheit hatte - und zwar die vom Gesetzgeber geforderte Mindestfrist von 2 Wochen -, sich vorab mit dem Gegenstand der Beurkundung auseinander zu setzen."
Diese Klausel wurde von der Klägerin und ihrem Ehemann gesondert mit Unterschrift abgezeichnet.
Wegen der Einzelheiten im Übrigen wird auf den beurkundeten Kaufvertrag (Anlage K 4) Bezug genommen.
In der Folgezeit vermittelte die - inzwischen wegen Vermögenslosigkeit aus dem Handelsregister gelöschte - Firma A GmbH der Klägerin zur Finanzierung der Immobilie und der Erwerbsnebenkosten ein Darlehen bei der X1-AG über insgesamt 35.000,00 EUR (Darlehensvertrag vom 15.9.2010) sowie ein Darlehen über 30.000,00 EUR bei der Bank1 GmbH & Co. KG (Darlehensvertrag vom 9.11.2010). Das bei der Allianz aufgenommene Darlehen wurde vollständig an die Verkäuferin ausbezahlt. Aus dem bei der Bank1 aufgenommenen Darlehen wurden 28.000,00 EUR an die Verkäuferin überwiesen.
Die monatliche Belastung der Klägerin betrug zunächst 501,21 EUR. Abzüglich der prospektierten Nettomiete von 180,86 EUR und der Steuervorteile verblieb eine Belastung von monatlich 234 EUR. Nunmehr steht die Wohnung wegen des Ablebens der Mieterin leer.
Mit Schreiben vom 01.07.2010 (Anlage B 1, Bl. 49 d.A.) übersandte der Beklagte der Klägerin und ihrem Ehemann zwei beglaubigte Abschriften des Kaufvertrages vom 30.06.2010 und teilte mit, für weitere Fragen jederzeit zur Verfügung zu stehen. Auch kündigte er an, sobald seitens der Verkäuferin die Genehmigungserklärung zum Kaufvertrag vorliege, der Klägerin eine beglaubigte Abschrift zu übersenden und die Abwicklung des Vertrages in die Wege zu leiten.
Mit Schreiben vom 02.08.2010 (Anlage B 2, Bl. 50 d.A.) übersandte der Beklagte - wie angekündigt - beglaubigte Abschriften der Genehmigungserklärung der Verkäuferin vom 16.7.2010 und informierte die Klägerin über den gestellten Antrag auf Eintragung der Auflassungsvormerkung.
Mit Schreiben vom 26.1.2011 (Anlage B 3, Bl. 51 d.A.) informierte der Beklagte die Klägerin über die erfolgte Eintragung der Auflassungsvormerkung im Grundbuch und über die dadurch ausgelöste Fälligkeit der Kaufpreisforderung.
Am 16.02.2011 beurkundete der Beklagte zur Besicherung des bei der X1-AG aufgenommenen Darlehens eine Briefgrundschuld über 35.000 EUR auf dem erworbenen Grundstück und übersandte der Klägerin und ihrem Ehemann mit Schreiben vom 18.02.2011 (Anlage B 4, Bl. 52 d.A.) eine Kopie der Grundschuldbestellungsurkunde.
Schließlich suchten die Klägerin und ihr Ehemann am 09.04.2011 den Beklagten auf und ließen wegen der Darlehensforderung der Bank1 GmbH & Co. KG ein persönliches Schuldanerkenntnis mit Vollstreckungsunterwerfung in ihr gesamtes Vermögen beurkunden (Anlage B 5, Bl. 53 f. d.A.).
Die Verkäuferin lehnte die Forderung der Klägerin auf Rückabwicklung des Kaufvertrages ab. Die Klägerin erwirkte daraufhin am 13.2.2014 - auch gegenüber der Komplementärin der Vermieterin - ein rechtskräftiges klagestattgebendes Versäumnisurteil des Landgerichts Stadt2 (Az. .../13). Wege...