Entscheidungsstichwort (Thema)
36 Monate Garantie
Leitsatz (amtlich)
1. Für die Widerlegung der Dringlichkeitsvermutung reicht es nicht aus, dass das angegriffene Geschäftsmodell schon mehrere Monate am Markt war und auch in einer Presseveröffentlichung Erwähnung fand, sofern die Veröffentlichung nicht derart verbreitet war, dass die verantwortlichen Personen der Antragstellerin als Verband nahezu zwangsläufig davon Kenntnis erlangen mussten.
2. Die Angabe "36 Monate Garantie" ist irreführend, wenn nicht darüber aufgeklärt wird, dass der Werbende nicht über die volle Laufzeit Garantiegeber ist, sondern zunächst ein Dritter.
Normenkette
UWG §§ 5, 12 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Wiesbaden (Urteil vom 09.06.2021; Aktenzeichen 13 O 2262/20) |
Tenor
Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
Auf die Berufung der Antragstellerin wird das am 9.6.2021 verkündete Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main abgeändert.
Die einstweilige Verfügung vom 17.12.2020 wird - im Sinne eines Neuerlasses - aufrechterhalten mit folgender Maßgabe:
In dem Abschnitt vor a) wird der Passus
"Gewährleistungsfrist und/oder Garantie des Verkäufers"
ersetzt durch
"Gewährleistungsfrist oder Garantie des Verkäufers".
Von den Kosten des Eilverfahrens beider Instanzen haben die Antragstellerin 1/5 und die Antragsgegnerin 4/5 zu tragen.
Das Urteil ist rechtskräftig.
Gründe
I. Die Parteien streiten über irreführende Werbeangaben.
Die Antragstellerin ist ein Verein, zu dessen satzungsgemäßen Aufgaben die Verfolgung von Wettbewerbsverstößen gehört. Die Antragsgegnerin betreibt in Deutschland die Internetplattform x.de. Sie bringt auf dieser Plattform gewerbliche Verkäufer und Käufer von generalüberholten gebrauchten Elektronikgeräten zusammen. Im Zusammenhang mit den Warenangeboten wirbt sie mit einer Garantie von 36 Monaten. Insoweit wird auf die Anlagen ASt3 - ASt7 Bezug genommen.
Die Garantiebedingungen sahen am 17.11.2020 eine Regelung vor, wonach die "X Garantie" nach Ablauf der 24-monatigen gesetzlichen Gewährleistungspflicht des Verkäufers für 12 Monate gilt (Anlage ASt8). Auf der Website wurde unter der Rubrik "Hilfe-Center" ausgeführt, der Kunde profitiere neben der gesetzlichen Händlergewährleistung von 12 Monaten (...) von einer Zusatzgarantie von 24 Monaten. In den AGB der Antragsgegnerin fand sich eine Klausel, wonach sie gegenüber dem Käufer für alle über die Plattform erworbenen Produkte eine zusätzliche Garantie von höchstens 24 Monaten übernehme (Bl. 86 f. d.A.).
Die Antragstellerin mahnte die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 17.11.2020 erfolglos ab.
Das Landgericht hat auf Antrag der Antragstellerin der Antragsgegnerin mit Beschluss vom 17.12.2020 unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel untersagt,
((Abbildung))
((Abbildung))
Auf den Widerspruch der Antragsgegnerin hat das Landgericht die Beschlussverfügung mit Urteil vom 19.5.2021 wieder aufgehoben und den Eilantrag zurückgewiesen, da ein Verfügungsgrund nicht glaubhaft gemacht sei (Bl. 496 d.A.).
Dagegen richtet sich die Berufung der Antragstellerin, mit der sie ihre Eilanträge weiterverfolgt. Im Berufungsrechtszug wiederholen und vertiefen die Parteien ihr Vorbringen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil verwiesen.
Die Antragstellerin hat ursprünglich sinngemäß beantragt,
der Antragsgegnerin unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Frankfurt am Main vom 9.6.2021, AZ. 2-06 O 421/20, im Wege der einstweiligen Verfügung bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu 250.000 EUR - ersatzweise Ordnungshaft - oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an dem Geschäftsführer der Antragsgegnerin, kostenpflichtig zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr
1. mit einem Garantiezeitraum von 36 Monaten zu werben, wenn durch die Antragsgegnerin lediglich 12 - 24 Monate Garantie gewährt werden und/oder die Garantie durch die Antragsgegnerin erst im Anschluss an die gesetzliche Gewährleistungsfrist und/oder Garantie des Verkäufers gewährt wird, wenn dies geschieht wie durch
- es folgen die Einblendungen wie in der Beschlussverfügung unter a) - e) -
hilfsweise hierzu
2. - wie im Hauptantrag, jedoch mit der Maßgabe, dass es in dem Abschnitt vor a) anstatt "Gewährleistungsfrist und/oder Garantie des Verkäufers" lediglich heißt "Gewährleistungsfrist oder Garantie des Verkäufers" -
hilfsweise hierzu
3. - wie im Hauptantrag, jedoch mit der Maßgabe, dass es in dem Abschnitt vor a) wie folgt heißt: "mit einem Garantiezeitraum von 36 Monaten zu werben, wenn durch die Antragsgegnerin lediglich 12 - 24 Monate Garantie gewährt" wenn dies geschieht wie durch "..."
In der mündlichen Verhandlung hat die Antragstellerin nur auf die Hilfsanträge zu 2. und 3. Bezug genommen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
II. Die zulässige Berufung der Antragstellerin hat auch in der Sache Erfolg.
1. Die Antragstellerin...