Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausgleichsansprüche nach § 89b I HGB analog
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 23.06.2006) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 23.6.2006 verkündete Urteil der 14. Kammer für Handelssachen des LG Frankfurt/M. teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 125.627,97 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 % vom 1.2.2000 bis 14.10.2003 und i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 15.10.2003 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
Die erstinstanzlichen Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin zu 65 % und die Beklagte zu 35 % zu tragen, mit Ausnahme der durch die Anrufung des unzuständigen LG Köln entstandenen Kosten, welche die Klägerin allein trägt.
Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Klägerin zu 66 % und die Beklagte zu 34 % zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Den Parteien wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Gegenpartei durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des auf Grund des Urteils für die Gegenpartei vollstreckbaren Betrages abzuwenden, soweit nicht die Gegenpartei vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Die Parteien streiten über die Höhe des Ausgleichsanspruchs der Klägerin nach Beendigung des Vertragshändlervertrags mit der Beklagten.
2Die Klägerin war 16 Jahre als Vertragshändlerin für die Beklagte tätig, zuletzt auf der Grundlage des Händlervertrags vom 12.9./9.10.1996 (Anlage K1 in gesondertem Anlagenhefter), auf den - wie auf alle im Folgenden bezeichneten Unterlagen - verwiesen wird.
Mit Schreiben vom 31.12.1997 kündigte die Beklagte das Vertragsverhältnis ordentlich zum 31.1.2000 (Anlage K2 in gesondertem Anlagenhefter).
Mit anwaltlichen Schreiben vom 20.6.2000 (Anlage K21) machte die Klägerin dem Grunde nach einen Ausgleichsanspruch gem. § 89b HGB analog geltend.
5Mit Schreiben vom 4.7.2003 (Anlage K22 in gesondertem Anlagenhefter) konkretisierte die Klägerin ihren Anspruch und forderte eine Zahlung i.H.v. 361.566,27 EUR. Mit Schreiben vom 30.9.2003 (Anlage K23 in gesondertem Anlagenhefter) setzte sie der Beklagten eine Frist zur Zahlung dieses Betrages bis zum 14.10.2003. Mit der Klage hat sie dann unter Vorlage einer Ausgleichsanspruchsberechnung den von der Beklagten zu zahlenden Betrag auf 363.299,32 EUR beziffert.
Wegen der Berechnung und der weiteren Einzelheiten wird auf die Klageschrift vom 27.7.2004 nebst Anlagen Bezug genommen (Bl. 2 ff. d.A.).
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 363.299,32 EUR nebst 5 % Zinsen für die Zeit vom 31.1.2000 bis 14.10.2003 und i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 15.10.2003 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hat die Berechnung der Klägerin im Einzelnen beanstandet und mit einer nicht beglichenen Gegenforderungen auf Rückzahlung von Boni i.H.v. 14.620 DM (= 7.475,10 EUR = 8.671,10 EUR einschließlich MwSt.) aufgerechnet (Bl. 386 d.A.).
Mit der am 1.3.2006 verkündeten Entscheidung (Bl. 439-459 d.A.), auf die - auch zur Ergänzung des erstinstanzlichen Vortrags der Parteien - Bezug genommen wird, hat das LG der Klage i.H.v. 155.876,03 EUR stattgegeben.
Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der Berufung insoweit, als sie zur Zahlung von mehr als 95.000 EUR verurteilt worden ist. Sie greift in 5 Positionen die vom LG für das letzte Vertragsjahr angenommene Stammkundeneigenschaft an. Sie meint, die von der Beklagten als Boni gewährten Zusatzzahlungen (Werbungskostenzuschüsse, Vermittlungsprovisionen, Leasingzuschüsse von Dritten) seien bei der Berechnung des Ausgleichsanspruchs nicht zu berücksichtigen. Sie ist der Ansicht, es seien mindestens 3,16 % des nach der unverbindlichen Preisempfehlung berechneten Mehrfachkundenumsatzes (MFK-UPE) für verwaltende Tätigkeiten abzuziehen. Sie meint, die Sogwirkung der Marke A betrage mindestens 60 - 70 %, es sei außerdem die Übernahme des Nachfolgefabrikats der Marke B zu berücksichtigen sowie der Umstand, dass die Klägerin seit dem 1.1.2004 über einen A Werkstattvertrag Pkw verfügt und weitere Umsätze aus der Vermittlung von A-Neufahrzeugen erziele und dass die Klägerin im Internet den Eindruck erwecke, es könnten weiterhin Neufahrzeuge der Marke A über sie erworben werden, so dass insgesamt ein Billigkeitsabschlag von mindestens 70 % vorzunehmen sei. Die Höchstbetragsberechnung genüge nicht den Anforderungen des § 89b Abs. 2 HGB analog i.V.m. § 286 ZPO.
Die Beklagte trägt vor, der geltend gemachte Anspruch scheitere an § 89b Abs. 1 S. 1 Ziff. 1 HGB, weil die Beklagte aus Rechtsgründen keine rabattfreien Geschäfte mit den von ihren Händlern geworbenen Neukunden durchführen könne. Sie könne keine Direktgeschäfte unter Umgehung ihrer Vertragshändler durchführen und müsse ihr...