Leitsatz (amtlich)

Schadenersatz nach § 60 Abs. 1 InsO wegen Verletzung insolvenzspezifischer Pflichten

 

Normenkette

InsO § 60 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Limburg a.d. Lahn (Urteil vom 24.07.2015; Aktenzeichen 2 O 273/10)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 12.03.2020; Aktenzeichen IX ZR 125/17)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 24.07.2015 verkündete Urteil des Landgerichts Limburg a. d. Lahn, Aktenzeichen 2 O 273/10, teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 101.038,35 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 16.08.2010 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 89% und der Beklagte 11% zu tragen.

In Höhe von 101.038,35 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.08.2010 ist das angefochtene Urteil vorläufig vollstreckbar.

Das vorliegende Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert für den Berufungsrechtszug wird auf 897.262,18 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Klägerin begehrt als Sonderinsolvenzverwalterin von dem Beklagten Schadensersatz nach § 60 Abs. 1 InsO wegen der Verletzung insolvenzspezifischer Pflichten. Wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird gemäß § 540 Abs. 1 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 1133 ff. d. A.) Bezug genommen.

Das Landgericht Limburg an der Lahn hat den Beklagten mit Urteil vom 24.07.2015 antragsgemäß zur Zahlung von 897.262,18 EUR nebst Zinsen verurteilt.

Es hat die Klage als zulässig angesehen, da ein eventuell vorhandener Mangel des Mahnbescheids die Möglichkeit der Klageerhebung nicht berühre.

Weiterhin sei die Klage in vollem Umfang begründet, weil der Klägerin gegen den Beklagten ein Anspruch in der geltend gemachten Höhe aus §§ 92, 60 InsO zustehe. Für diesen Anspruch sei die Klägerin aktivlegitimiert, einen solchen aus § 61 InsO mache sie nicht geltend.

Durch die Pflichtverletzungen des Beklagten sei eine Verkürzung der Masse herbeigeführt worden, die zu einer Verringerung der quotenmäßigen Auszahlung an nichtbevorrechtigte Gläubiger in der zugesprochenen Höhe geführt habe. Dieser Betrag errechne sich aus der Differenz zwischen der bereinigten Masse von 1.058.547,17 EUR und den Verfahrenskosten von 161.284,99 EUR.

Vor der Bereinigung von Rechten Dritter habe sich die Masse auf 1.410.908,10 EUR belaufen, zusammengesetzt aus dem Kaufpreis aus dem Asset Deal von 1.000.000,00 EUR, dem Guthaben bei Eröffnung von 239.045,14 EUR, den Forderungen aus Fortführung netto von 156.362,96 EUR und dem Beitrag aus Verwertung des Grundstücks von 15.500,00 EUR.

Von dem Kaufpreis habe der Beklagte 89.170,00 EUR an die Bank1 und 106.075,44 EUR an die X GmbH auskehren müssen. Von dem Guthaben auf dem Insolvenzhinterlegungskonto habe der Beklagte 157.115,49 EUR aufgrund einer Globalzession an die Bank1 auskehren müssen. Dies entspreche der Hälfte der von ihm selbst in einem anderen vor dem Landgericht Stadt1 geführten Rechtsstreit (Az.: .../05) vorgetragenen Zahlungseingänge. Soweit der Beklagte insoweit einen Auskehranspruch von 183.083,41 EUR errechne, berücksichtige dies weder die Ausführungen des Landgerichts in diesem Rechtsstreit noch die eigenen Ausführungen des Beklagten dort.

Der Masse hinzuzurechnen seien auch die 156.362,96 EUR, die der Beklagte an die A GmbH ausgezahlt habe. Die Insolvenzschuldnerin sei Inhaberin der Forderungen gewesen. Etwas anderes ergebe sich nicht aus dem Kaufvertrag vom 29.11.2004. Die A GmbH sei nicht Partei des Kaufvertrages gewesen. Weiterhin sei der Beklagte der ihn insoweit treffenden Darlegungslast dazu, dass die Forderungen gemäß § 2 Ziff. 2.1 Abs. 1 des Kaufvertrages nicht der Schuldnerin zugestanden hätten, nicht hinreichend nachgekommen. Die Berufung des Beklagten darauf, dass er nicht mehr im Besitz der Unterlagen im Zusammenhang mit den Forderungen sei, sei ihm verwehrt. Er habe die Möglichkeit gehabt, sich die entsprechenden Informationen zu besorgen.

Nach Abzug der Auskehr an die Aus- und Absonderungsberechtigten sei danach eine bereinigte Masse von 1.058.547,17 EUR verblieben (1.410.908,10 EUR - 352.360,93 EUR). Aus dieser freien Masse habe der Beklagte die Verfahrenskosten von insgesamt 161.284,99 EUR, bestehend aus Gerichtskosten von 12.000,00 EUR, vorläufiger Verwaltervergütung von 69.649,07 EUR und endgültiger Verwaltervergütung von 79....

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