Entscheidungsstichwort (Thema)
Schmerzensgeld für unvollständige Behandlungsaufklärung bei Wangenaugmentation mit Silikonimplantaten
Normenkette
BGB §§ 253, 280
Verfahrensgang
LG Wiesbaden (Urteil vom 31.07.2008; Aktenzeichen 3 O 316/05) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers und die Anschlussberufung der Beklagten wird das am 31. Juli 2008 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Wiesbaden – Az.: 3 O 316/05 – teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.254,27 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 30.6.2005 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Auf die Widerklage wird der Kläger verurteilt, an die Beklagte 4.000,– EUR Schmerzensgeld nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozent-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 2.11.2005 zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass der Kläger verpflichtet ist, der Beklagten sämtliche noch entstehenden materiellen und immateriellen Schäden aus den Operationen vom … 4., ….4. und ….4. 2005 zu ersetzen, soweit diese nicht auf Dritte übergegangen sind.
Der Kläger wird weiter verurteilt, der Beklagten die kompletten Krankenunterlagen einschließlich der Behandlungsberichte und Pflegeberichte – jeweils in Kopie – herauszugeben sowie eventuell erstellte Licht- und Röntgenbilder zur Einsicht zu überlassen.
Die weiter gehende Widerklage wird abgewiesen.
Im Übrigen werden die Berufung und die Anschlussberufung zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 5/9 und die Beklagte 4/9 zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert beträgt 19.168,54 EUR (3.168,54 EUR + 10.000,– EUR + 5.000,– EUR + 1.000,– EUR).
Tatbestand
I.
Der als Facharzt für Chirurgie und plastische Chirurgie tätige Kläger begehrt von der Beklagten Behandlungskosten in Höhe von 3.168,54 EUR, die Beklage verlangt widerklagend Schmerzensgeld und Feststellung der Ersatzpflicht für materielle und immaterielle Schäden sowie die Herausgabe von Behandlungsunterlagen.
Die Beklagte, die sich bereits im Jahre 2002 einer Hals- und Wangenstraffung unterzogen hatte, stellte sich am 17.10.2004 erneut beim Kläger vor. An diesem Tag und am 10.1.2005 wurden die Möglichkeiten einer erneuten Wangenstraffung besprochen. Am 17.2.2005 unterschrieb sie eine Operationseinwilligung auf der Grundlage der Diagnose einer Weichteilatrophie mit Hauterschlaffung und Korrektur einer Stirnnarbe.
Am ….2.2005 nahm der Kläger in Lokalanästhesie eine Wangenstraffung vor; die zunächst gleichzeitig geplante Wangenaugmentation mit Silikonimplantaten erfolgte am … 4.2005. Für beide – ambulant in Lokalanästhesie durchgeführten – Eingriffe stellte der Kläger der Beklagten am 15.6.2005 3.168,54 EUR in Rechnung (Bl. 5 d.A.).
Da die Beklagte mit dem Sitz der Implantate unzufrieden war, wurde am … 4.2005 eine erneute Öffnung vorgenommen, die Implantatlager wurden erweitert, die Lage des rechten Implantats verändert, das linke Implantat herausgenommen und erneut eingesetzt. Nachdem die Beklagte den Sitz der Implantate erneut rügte, entfernte sie der Kläger am … 4.2005.
Der Kläger hat behauptet, sämtliche Eingriffe nach den Regeln der ärztlichen Kunst vorgenommen zu haben. Medizinisch sei weder die Korrektur des Sitzes der Implantate noch deren spätere Entfernung erforderlich gewesen. Der Kläger habe die Beklagte nach der Wangenstraffung darauf hingewiesen, dass diese zu einer Anhebung der Gesichtsweichteile geführt habe, so dass das Einbringen der Implantate nicht mehr unbedingt erforderlich sei. Die Beklagte habe aber darauf bestanden.
Am 15.4.2005 sei auf die Unterzeichnung einer weiteren Einwilligungserklärung verzichtet worden, weil auch dieser Eingriff schon mit der ersten Einwilligungserklärung abgedeckt gewesen sei. Über die möglichen Folgen im Kieferbereich, Narbenbildung und fehlenden Sitz der Prothese habe nicht aufgeklärt werden müssen, da es sich insoweit nicht um typische Folgen einer derartigen Operation handele.
Auch bestehe kein Anspruch auf Herausgabe der Originalkrankenunterlagen. Eine Herausgabe zum Zwecke der Fertigung von Kopien habe die Beklagte nicht verlangt.
Die Beklagte hat mangelnde Aufklärung gerügt und Behandlungsfehler behauptet. Obwohl die gleichzeitige Durchführung der Wangenstraffung und auch der Einbringung der Implantate vereinbart gewesen sei, habe der Kläger die Operation nach der Straffung abgebrochen. Die Implantate hätten von Anfang an nicht auf den Wangenknochen gesessen, sondern zur Nase hin. Die Revisionsoperation sei äußerst schmerzhaft gewesen. Am ….4.2005 seien die Implantate entfernt worden, weil es dem Kläger nicht gelungen sei, diese ordnungsgemäß zu platzieren.
Durch das mehrmalige Wiederaufschneiden, Dehnen und Zerren des OP-Bereiches sei die Wirkung der Wangenstraffung wieder aufgehoben worden. Es sei zu Narbenwülsten und Knoten gekommen, das Gesicht sei asymmetrisch, die rechte Operlippe sei verzogen.
Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung de...