Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Erschöpfung bei nachträglicher Hinzufügung eines Echtheitszertifikats (COAL)

 

Leitsatz (amtlich)

Der Markeninhaber kann sich dem weiteren Vertrieb von mit seiner Marke gekennzeichneten Waren, die zunächst mit seiner Zustimmung in den Verkehr gebracht worden sind, mit berechtigten Gründen widersetzen (§ 24 II MarkenG), wenn ein Dritter diese Waren nachträglich mit einem Echtheitszertifikat (COAL) versehen hat, das zwar als solches ebenfalls vom Markeninhaber stammt, jedoch nicht der betreffenden Ware konkret zugeordnet war.

 

Normenkette

MarkenG § 24 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 23.07.2008)

 

Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 30.07.2013; Aktenzeichen 1 BvR 1506/12)

BGH (Urteil vom 06.10.2011; Aktenzeichen I ZR 6/10)

 

Tenor

Das Urteil der 6. Zivilkammer des LG Frankfurt/M. vom 23.7.2008 wird teilweise abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen, soweit das LG die Beklagte zu 1) verurteilt hat, die in ihrem Eigentum befindliche Folienschweißmaschine zum Zwecke der Vernichtung an die Klägerin herauszugeben.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Beklagten zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 200.000 EUR abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten nach vorangegangenem Eilverfahren (Az.: 2-6 O 78/07 und 6 U 97/07) um Ansprüche der Klägerin aus den für sie geschützten Wort- und Wort/Bildmarken "B" gem. des Anlagenkonvoluts K 1. Die Klägerin möchte erreichen, dass die Beklagte es unterlässt, Datenträger mit "B" Betriebssystemen für Computer zusammen mit Echtheitszertifikaten (CoA's, das heißt Certificates of Authenticity), die ursprünglich nicht mit diesen Datenträgern in den Verkehr gebracht worden sind, zu vertreiben oder andere auf den Vertrieb gerichtete Handlungen vorzunehmen. Darüber hinaus macht sie Ansprüche auf Auskunftserteilung und Feststellung der Schadensersatzpflicht geltend. Sie wirft der Beklagten in diesem Zusammenhang vor, sie habe echte, dass heißt von der Klägerin stammende Datenträger mit echten CoA's verkauft, die ursprünglich mit anderen Datenträgern in den Verkehr gebracht worden seien, und beruft sich dazu auf eine Lieferung an die Firma A aus dem Jahre 2006. Gegenstand dieser Lieferung waren nicht nur die in dem vorangegangenen Eilverfahren streitgegenständlichen Datenträger, welche die Beklagte zu 1) ohne CoA's ausgeliefert hatte, sondern zumindest auch jene, aus Anlage K 27 (Bl. 417 ff.) ersichtliche, sog. Recovery-CD's, die nach dem Vorwurf der Klägerin mit anderen als den ursprünglich beigefügten CoA's vertrieben wurden. Recovery-CD's werden bei dem Vertrieb der B-Betriebssysteme als OEM-Versionen eingesetzt. Dieser Vertriebsweg ist dadurch gekennzeichnet, dass die Betriebssysteme von den Computerherstellern, welche mit der Klägerin vertraglich verbunden sind (auch OEM-Partner genannte) bereits auf den Festplatten der Computer installiert sind und die Computer selbst mit den CoA's versehen sind. Die Recovery-CD's dienen der Wiederherstellung verloren gegangener Daten auf den Festplatten und werden entweder bereits bei Erstauslieferung mit dem Paket bestehend aus Computer, aufgespieltem Betriebssystem, CoA und ggf. weiteren Bestandteilen wie z.B. einem Handbuch ausgeliefert, oder können im Bedarfsfall bei dem OEM-Partner angefordert werden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteils Bezug genommen (§ 540 Abs. 1, Satz 1 ZPO).

Nach teilweiser Klagerücknahme hat das LG die Beklagten unter Zurückweisung eines Teils des Auskunftsantrags wie folgt verurteilt:

I. Die Beklagten werden verurteilt, es bei Meidung von Ordnungsgeld bis 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft - oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollstrecken hinsichtlich der Beklagten zu 1) an ihrem Geschäftsführer, für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr ohne die Einwilligung der Klägerin Datenträger mit "B" Computerprogrammen, die mit dem Zeichen "B" versehen sind, insb. mit den Programmen "B1" und/oder "B2" und/oder "B3", zusammen mit solchen Echtheitszertifikaten (COALs), die ursprünglich nicht mit diesen Datenträgern in den Verkehr gebracht worden sind, anzubieten, feilzuhalten und/oder sonst wie in den Verkehr zu bringen, insb. zu diesem Zweck zu besitzen und/oder in die Bundesrepublik Deutschland einzuführen oder auszuführen.

II. Die Beklagten werden verurteilt, der Klägerin unter Vorlage gut lesbarer Belege wie Bestellungen, Auftragsbestätigungen, Lieferscheinen, Rechnungen und unter Nennung vollständiger Produktbezeichnungen, Namen und Anschriften Auskunft darüber zu erteilen,

a) In welchem Umfang sie die in Ziff. I beschriebenen einzelnen Datenträger mit "B"-Computerprogrammen zusammen mit nicht dazugehörigen Echtheitszertifikaten angeboten, feilgehalten und/oder sonst wie in ...

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