Entscheidungsstichwort (Thema)

Glücksspielrecht: Begriff des spielhallenähnlichen Betriebs; Gebot der Trennung von Geldspielgeräten und Wettautomaten

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ob ein Unternehmen als - nach § 33i GewO, § 9 I SpielHG erlaubnispflichtiger - spielhallenähnlicher Betrieb oder als Schankwirtschaft einzustufen ist, richtet sich nach dem Hauptzweck des Betriebs, der unter Gesamtwürdigung aller verfügbaren Umstände, insbesondere des äußeren Erscheinungsbildes, des Grundrisses, der Betriebsmodalitäten sowie der Getränkepreise, zu beurteilen ist. Wenn der Kläger äußere Umstände dartut, die indiziell für einen spielhallenähnlichen Betrieb sprechen, trifft den Beklagten eine sekundäre Darlegungslast dafür, warum gleichwohl eine Schankwirtschaft gegeben ist.

2. Das glücksspielrechtliche Gebot der Trennung von Geldspielgeräten und Wettautomaten gilt nicht für Gaststätten.

 

Normenkette

GewO § 33i; GlüStV § 21 Abs. 2; HessSpielHG § 9; UWG § 3a

 

Verfahrensgang

LG Darmstadt (Urteil vom 26.06.2018; Aktenzeichen 12 O 79/17)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 26.6.2018 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Darmstadt teilweise abgeändert.

Der Tenor zu Ziff. 1.1. und Ziff. 1.2 wird wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,-, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen,

1. im Wettbewerb handelnd eine Spielhalle oder einen spielhallenähnlichen Betrieb zu betreiben, ohne hierfür eine Erlaubnis nach § 33i GewO und/oder nach § 9 Hessisches Spielhallengesetz zu besitzen,

2. im Wettbewerb handelnd in einem spielhallenähnlichen Betrieb gleichzeitig sowohl Geldspielgeräte als auch Wettautomaten aufzustellen und/oder aufgestellt zu haben und/oder zu betreiben,

jeweils wenn dies geschieht wie am XX.XX.2017 zwischen 14.45 Uhr und 15.00 Uhr, nämlich wenn in der Gaststätte des Beklagten mehr als die erlaubte Zahl der Geldspielgeräte aufgestellt sind und die Geldspielgeräte auf weniger als der vorgeschriebenen Mindestfläche stehen; wenn ein Mitarbeiter gleichzeitig zwei Gaststättenbetriebe bedient; wenn die Räume zweier Gaststättenkonzessionen des Beklagten miteinander verbunden sind; wenn das Angebot typisch gastronomischer Einrichtungen der Gaststätte, wie etwa Tische und Stühle im Verhältnis zu dem Angebot an Geldspielgeräten sowie der Ausschank von Getränken eine untergeordnete Rolle spielen.

Wegen des weitergehenden Klageantrags zu 1.2 wird die Klage abgewiesen.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Von den Kosten beider Instanzen haben der Kläger 1/4 und die der Beklagte × zu tragen.

Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 30.000,00 abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von EUR 30.000,00 leistet.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten über die Aufstellung von Glückspiel- und Wettautomaten in einem Lokal.

Der Kläger ist ein Interessenverband von Automatenunternehmen und zugleich die Dachorganisation von 11 Landesverbänden und 2 Fachverbänden. Zu den Mitgliedern des Klägers gehört der A e.V.

Der Beklagte betreibt in Stadt1 das Café X. Die Lokalität besteht aus 2 miteinander verbundenen Räumen. Die Größe der Räume ist zwischen den Parteien streitig. Nach der Behauptung des Beklagten weist der vordere Raum eine Fläche von 25 m2, der hintere eine solche von ca. 40 m2 auf. In beiden Räumen sind jeweils drei Geldspielgeräte und ein Wettterminal aufgestellt. Der Beklagte verfügt für diese Lokalität über zwei Konzessionen, eine für eine Schankwirtschaft mit Alkoholausschank und eine für eine Schankwirtschaft mit Wettvermittlungsstelle. Eine Erlaubnis zum Betrieb einer Spielhalle besitzt der Beklagte nicht. Dem Aufsteller der Spielautomaten, Herrn B, wurde eine Geeignetheitsbestätigung gemäß § 33c GewO für das Café X erteilt (Anlage. B2).

Der Kläger ließ am XX.XX.2017 eine Überprüfung des Lokals des Beklagten vornehmen. Mit Schreiben vom 26.7.2017 mahnte er den Beklagten wegen Verstoßes gegen glücksspielrechtliche Vorschriften ab. Der Kläger ist der Auffassung, bei dem Café X handele sich um eine Scheingastronomie. Tatsächlich werde eine Spielhalle betrieben. Speisen und Getränke würden lediglich als Nebenleistung angeboten.

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird gemäß § 540 I Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Das Landgericht hat den Beklagten verurteilt, es bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu unterlassen,

1. im Wettbewerb handelnd eine Spielhalle oder einen spielhallenähnlichen Betrieb zu betreiben, ohne hierfür eine Erlaubnis nach § 33i GewO und/oder nach § 9 Hessisches Spielhallengesetz zu besitzen,

2. im Wettbewerb handelnd in einem spielhallenähnlichen Betrieb ...

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