Leitsatz (amtlich)
Zurechnungszusammenhang für Fraktur bei Sturz auf Glatteis
Normenkette
BGB §§ 253, 823
Verfahrensgang
LG Wiesbaden (Urteil vom 06.04.2017; Aktenzeichen 2 O 174/16) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Wiesbaden vom 06.04.2017 - 2 O 174/16 - abgeändert.
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger ein Schmerzensgeld in Höhe von 10.000,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.07.2016 zu zahlen.
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 1.062,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.07.2016 zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger jeden weiteren ihm entstandenen und noch entstehenden materiellen sowie jeden weiteren, zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht vorhersehbaren immateriellen Schaden, der aus dem Sturzereignis vom XX.12.2014 resultiert, zu ersetzen, soweit Ansprüche nicht kraft Gesetzes auf Dritte übergegangen sind oder übergehen würden.
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 492,66 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.07.2016 als nicht anrechenbare außergerichtliche Anwaltskosten zu erstatten.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen haben der Kläger 30% und der Beklagte 70% zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beiden Parteien bleibt nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 32.106,30 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger hat den Beklagten auf Schadensersatz und Schmerzensgeld sowie auf Feststellung weiterer Ersatzpflicht wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht aus Sturzereignis in Anspruch genommen, das sich am XX.12.2014 ereignet hat.
Hinsichtlich des erstinstanzlichen Sach- und Streitstands wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Armverletzungen der Klägerin könnten dem Beklagten nicht zugerechnet werden. Zwar habe nach dem Vortrag beider Parteien am XX.12.2014 die Notwendigkeit bestanden, gegen Eis- und Schneeglätte zu streuen. Es könne aber dahinstehen, ob es der Beklagte unterlassen habe, seinen Streu- und Räumpflichten in der Zeit von 07 bis 20 Uhr nachzukommen. Ebenfalls könne dahinstehen, ob der Beklagte, an seinem Hausdach am Unfalltag (noch) keine ordnungsgemäße Konstruktion zum Abfluss von Regenwasser angebracht gehabt habe. Zwar habe der Beklagte bei fehlender Abwasserleitung eine Gefahrenquelle geschaffen. Das behauptete Fehlverhalten des Beklagten bedürfe jedoch keiner weiteren Aufklärung, weil es für die Rechtsgutsverletzung nicht kausal geworden sei. Nach seinen eigenen Angaben sei er zuhause ein zweites Mal gestürzt. Welche körperlichen Beeinträchtigungen dieser erneute Sturz ausgelöst habe und welche Verletzungen der Kläger sich beim ersten Sturz zugezogen habe, sei ungeklärt.
Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner form- und fristgerecht eingelegten Berufung. Er rügt, das erstinstanzliche Urteil beruhe auf einer unvollständigen, mithin fehlerhaften Beweisaufnahme. Das Landgericht habe weiter fehlerhaft Beweisantritte zu seiner Behauptung, dass er sich die Verletzungen beim Sturz vor dem Anwesen des Beklagten zugezogen habe, übergangen und sich stattdessen fehlerhaft eigene medizinische Sachkompetenz angemaßt, die nicht nachvollziehbar bestehe. Es wäre durch ein Sachverständigengutachten zu klären gewesen, ob sich das konkrete Verletzungsbild mit einem Sturz auf Glatteis als vereinbar darstelle. Zudem habe das Landgericht die Zeugen A und B zur konkreten Ausgestaltung der Dachkonstruktion nebst Regenwasserableitung - am Unfalltag - sowie zur Eisplatte - am Tag nach dem Unfall - vernehmen müssen. Schließlich habe das Landgericht in seine Überzeugungsbildung die außergerichtlich zwischen den Parteien mit Blick auf das Unfallgeschehen geführte Korrespondenz, die Arztbriefe und schließlich die Aussagen, die die Parteien bei ihrer informatorischen Anhörung gemacht hätten, würdigen müssen.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Wiesbaden vom 06.04.2017 - 2 O 174/16 -, zugestellt am 21.04.2017,
1. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld, das der Höhe nach in das pflichtgemäße Ermessen des Gerichts gestellt wird, jedoch nicht unter 20.000,00 EUR, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 02.10.2015 zu zahlen;
2. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger weitere 2.106,30 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 ...