Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückabwicklung eines Darlehensvertrages nach Widerruf
Verfahrensgang
LG Wiesbaden (Entscheidung vom 07.04.2016; Aktenzeichen 3 O 73/15) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das am 7. April 2016 verkündete Urteil des Landgerichts Wiesbaden, Az.: 3 O 73/15, wie folgt abgeändert:
II. Es wird festgestellt, dass der Darlehensvertrag vom 23. Mai 2007 mit der ursprünglichen Darlehenskontonummer ... über einen Nominalbetrag von EUR 129.000,00 sich infolge der Widerrufserklärung der Klägerin vom 19. Dezember 2014 in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt hat.
III. Die Klägerin wird auf die Widerklage hin verurteilt, an die Beklagte einen Betrag in Höhe von EUR 96.949,91 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5,84 % p.a. seit dem 31. August 2016 zu zahlen Zug um Zug gegen Erteilung der Löschungsbewilligung über die im Grundbuch von X des Amtsgerichts Wiesbaden, Blatt ..., Flur ... Flurstück ..., auf dem Miteigentumsanteil von 29/1.000 in Abt. III lfd. Nr. 1 eingetragene Buchgrundschuld über EUR 129.000 zu erteilen und die der Beklagten erteilte vollstreckbare Ausfertigung der Grundschuldbestellungsurkunde des Notars N1 mit Amtssitz in Stadt1, UR-Nr. .../2007, über die Grundschuld in Höhe von EUR 129.000,00 herauszugeben.
IV. Im Übrigen werden die weitergehende Klage und die weitergehende Hilfswiderklage abgewiesen und die weitergehende Berufung zurückgewiesen.
V. Die Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin und die Beklagte jeweils zu 50 % zu tragen.
VI. Das Urteil und - im Umfang der Zurückweisung der Berufung - auch das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Beiden Parteien wird nachgelassen, die Vollstreckung durch die jeweils andere Partei gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % der aufgrund der Urteile vollstreckbaren Beträge abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
VII. Die Revision wird nicht zugelassen.
VIII. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf EUR 201.956,42 festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin macht Ansprüche in Bezug auf einen am 19. Dezember 2014 von ihr erklärten verbraucherkreditrechtlichen Widerruf eines im Jahr 2007 mit der Beklagten geschlossenen Darlehensvertrages geltend.
Wegen des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen, der keiner Änderung bedarf, § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO, jedoch wie folgt zu ergänzen ist:
Die Beklagte hat hilfsweise für den Fall eines wirksamen Widerrufs die Aufrechnung erklärt und zwar gegenüber Ansprüchen der Klägerin aus dem Darlehen mit ihrem Anspruch auf Nutzungswertersatz und sodann mit einem erststelligen Teilbetrag des Anspruchs auf Rückgewähr des Darlehenskapitals aus dem Darlehen. Ferner hat die Beklagte sich mit einer Hilfswiderklage verteidigt, die unter der Bedingung erhoben wurde, dass das Gericht den von der Klägerin erklärten Widerruf des zwischen den Parteien bestehenden Darlehensvertrages als wirksam ansehen sollte. Gerichtet war die Hilfswiderklage auf die Erstattung der unter Berücksichtigung weiterer Zahlungen nach erklärtem Widerruf offenen Darlehensvaluta nebst Nutzungswertersatz.
Das Landgericht hat der Klage hat nur hinsichtlich der Erstattung der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten (Klageantrag zu Ziff. 7) stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Der Hilfswiderklage der Beklagten hat es stattgegeben, allerdings nur Zug-um-Zug gegen Rückgabe der Sicherheiten.
Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin habe den streitgegenständlichen Darlehensvertrag wirksam widerrufen. Die in der Widerrufsbelehrung enthaltene Formulierung zum Beginn der Widerrufsfrist "Der Lauf beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung." sei fehlerhaft, da für den Verbraucher nicht ersichtlich sei, wann die Frist spätestens zu laufen beginne.
Die Bank könne sich auch nicht auf die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV berufen, da wesentliche Abweichungen vorlägen. So heiße es im letzten Satz der Belehrung zu den Widerrufsfolgen: "Verpflichtungen zur Erstattung von Zahlungen müssen Sie innerhalb von 30 Tagen nach Absendung ihrer Widerrufsbelehrung erfüllen". Richtigerweise hätte es statt "Widerrufsbelehrung" "Widerrufserklärung" heißen müssen. Hinzu komme, dass auch die Formulierung: "Der Lauf beginnt..." statt: "Die Frist beginnt..." ebenfalls eine relevante Abweichung darstelle, die die Verständlichkeit der Belehrung für den juristischen Laien erschwere.
Mithin sei der Darlehensvertrag rückabzuwickeln. Dabei folge das Gericht der rechnerisch nicht angegriffenen Berechnung der Beklagten im Hinblick auf die wechselseitigen Forderungen.
Die Beklagte habe dabei zu Recht bei der Berechnung des eigenen Nutzungswertersatzes nicht 5 %, sondern nur 2,5 % über dem Basiszinssatz angesetzt. Die vor Jahrzehnten unter gänzlich anderen Bedingungen ermittelten Verzugskosten von Banken, die Ursprung des gesetzlichen Zinssatzes seien, seien offe...