Entscheidungsstichwort (Thema)
Berücksichtigungsfähigkeit der Kosten einer ganztägigen Unterbringung des Kindes im Kindergarten als Mehrbedarf
Leitsatz (amtlich)
Bei Zahlung eines Kindesunterhalts von 200 % des Regelbetrages sind die Kosten für die ganztägige Unterbringung des Kindes im Kindergarten nicht zusätzlich als Mehrbedarf des Kindes zu berücksichtigen.
Normenkette
BGB § 1610
Verfahrensgang
AG Langen (Urteil vom 04.07.2005; Aktenzeichen 62 F 56/04) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 4.7.2005 verkündete Urteil des AG - FamG - Langen abgeändert: Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des gesamten Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 797,60 EUR festgesetzt.
Gründe
Der Beklagte ist der Vater der am 26.1.2001 geborenen Klägerin. Mit Urkunde des Kreisjugendamtes Offenbach am Main vom 27.1.2004 verpflichtete er sich zur Zahlung eines Kindesunterhalts von 200 % des Regelbetrags ab 1.2.2004. Bis einschließlich Januar 2004 zahlte er neben dem Kindesunterhalt auch Unterhalt an die Mutter der Klägerin gem. § 1615l BGB. Die Mutter erzielt seit Februar 2004 aus einer Teilzeitbeschäftigung eigenes Einkommen und beansprucht seit dem keinen Unterhalt mehr für sich.
Die Klägerin besucht seit dem 1.1.2004 eine Kindertagesstätte. Die monatliche Betreuungsgebühr hierfür beträgt 168,50 EUR.
Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin vom Beklagten einen Teil dieser Kosten i.H.v. monatlich 49,85 EUR.
Mit der angefochtenen Entscheidung hat das AG der Klägerin die Hälfte der Kindergartenkosten als Mehrbedarf gem. § 1610 BGB zugesprochen und den Beklagten demgemäss verurteilt, ab Januar 2004 über den anerkannten Kindesunterhalt von 200 % des Regelbetrages einen monatlichen Anteil am Mehrbedarf der Klägerin i.H.v. 49,85 EUR zu zahlen. Zwar seien die Kosten, soweit sie über die Vormittagsbetreuung des Kindes hinausgingen, als berufsbedingte Aufwendungen der Mutter der Klägerin zu bewerten. Dies gelte jedoch nicht für die Kosten für den halbtägigen Kindergartenbesuch der Klägerin, da dieser - ungeachtet einer etwaigen Berufstätigkeit des betreuenden Elternteils - als erzieherisch wünschenswert und für die Entwicklung eines Kindes der modernen Kleinfamilie gar als notwendig anzusehen sei. Da die Gebühr für die Vormittagsbetreuung der Klägerin monatlich 99,70 EUR betrage, habe der Beklagte hiervon die Hälfte, mithin 49,85 EUR, zu tragen.
Gegen diese Verurteilung wendet sich der Beklagte mit seiner Berufung. Er ist der Auffassung, dass die Kosten des Kindergartenbesuchs durch die Klägerin zu deren allgemeinen Lebensbedarf gehören, der bereits bei der Bemessung des Unterhalts berücksichtigt sei. Die Annahme eines Sonderbedarfs scheide hier als grundsätzlich aus.
Der Beklagte beantragt, das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Von einer weiter gehenden Darstellung des Tatbestandes wird abgesehen (§ 543 Abs. 1 ZPO).
Die zulässige Berufung hat auch in vollem Umfang Erfolg. Sie führt zur Abänderung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage.
Die Frage, ob Kindergartengebühren einen Mehrbedarf darstellen, wird in der Rechtsprechung unterschiedlich beurteilt. Teilweise wird die Auffassung vertreten, dass Kindergartengebühren grundsätzlich keinen Mehrbedarf darstellen, sondern von den Tabellenbeträgen der Düsseldorfer Tabelle umfasst würden (OLG Stuttgart v. 4.2.2004 - 15 UF 217/03, FamRZ 2004, 1129 ff.; OLG Nürnberg FuR 1997, 304; OLG München FuR 1993, 53; OLG Frankfurt, Beschl. v. 8.2.1996 - 3 WF 71/95). Dagegen geht ein Teil der Rechtsprechung davon aus, dass die Kosten für den Besuch einer Kindertagesstätte dann einen Mehrbedarf des Kindes darstellen würden, wenn der barunterhaltspflichtige Elternteil Kindesunterhalt nur entsprechend den niedrigeren Eigenkommensgruppen der Düsseldorfer Tabelle leiste, da in den unteren Gruppen der Düsseldorfer Tabelle der Kindesunterhaltsbedarf wegen der beschränkten Leistungsfähigkeit des Verpflichteten äußerst knapp bemessen sei; ein hinzutretender Mehrbedarf könne dann durch den Tabellenbedarf nicht mehr abgedeckt werden (OLG Celle v. 30.8.2002 - 21 UF 26/02, FamRZ 2003, 323; OLG Zweibrücken v. 13.12.2001 - 6 WF 173/01, OLGReport Zweibrücken 2002, 230; OLG Bamberg FF 2000, 142; OLG Stuttgart v. 16.6.1998 - 15 WF 264/98, FamRZ 1999, 884 f.).
Die insoweit streitige Frage bedarf hier keiner Entscheidung. Denn der Beklagte zahlt an die Klägerin nicht etwa den Mindestunterhalt oder einen Kindesunterhalt aus den unteren Einkommensgruppen der Düsseldorfer Tabelle, sondern 200 % des Regelbetrages. Dies entspricht nach Abzug des hälftigen Kindergelds einschließlich Juni 2005 einem Zahlbetrag von 321 EUR und ab 1.7.2005 einem Zahlbetrag von 331 EUR. Jedenfalls bei der Zahlung eines Kindesunterhalts in dieser Höhe ist mit der, soweit ersichtlich, insoweit übereinstimmenden Rechtsprechung, davon auszugehen, dass der durch die...