Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 20.05.2015; Aktenzeichen 2-4 O 475/07)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 29.05.2018; Aktenzeichen VI ZR 370/17)

 

Tenor

Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 20.5.2015 (2-04 O 475/07) abgeändert:

Die Klageanträge des Klägers zu 1) Ziff. 1. und 3. sind dem Grunde nach gerechtfertigt.

Es wird festgestellt, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, dem Kläger zu 1) alle ihm durch die Operation seiner Speiseröhre am XX.XX.2004 künftig entstehenden immateriellen Schäden zu ersetzen, die bis zum 6.6.2017 noch nicht eingetreten waren und deren Eintritt objektiv nicht vorhersehbar war.

Es wird festgestellt, dass die Beklagten vorbehaltlich eines gesetzlichen Forderungsübergangs gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, dem Kläger zu 1) alle ihm durch die Operation seiner Speiseröhre am XX.XX.2004 entstandenen und künftig entstehenden gegenwärtigen und künftigen materiellen Schäden zu ersetzen, soweit diese nicht Gegenstand seiner Klageanträge Ziff. 1. und 3. sind.

Der Klageantrag der Klägerin zu 2) Ziff. 1. ist dem Grunde nach gerechtfertigt.

Es wird festgestellt, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, der Klägerin zu 2) alle ihr durch die Operation der Speiseröhre des Klägers zu 1) am XX.XX.2004 entstandenen und künftig entstehenden gegenwärtigen und künftigen materiellen Schäden zu ersetzen, soweit diese nicht Gegenstand ihres Klageantrags Ziff. 1. sind.

Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Kläger verlangen Schmerzensgeld und Schadensersatz wegen einer aus ihrer Sicht fehlerhaften ärztlichen Behandlung und Aufklärung des Klägers zu 1).

Der XXXX geborene Kläger zu 1), der nicht an HIV erkrankt ist, ist bei der Klägerin zu 2) krankenversichert. Er litt an einer Achalasie, einer Erkrankung der Speiseröhre (Ösophagus), die unter anderem zu einer funktionellen Stenose und zu Schluckbeschwerden führt. Er war deswegen jedenfalls seit dem Jahr 2003 in ärztlicher Behandlung, in deren Rahmen mindestens zweimal mittels einer so genannten Ballondilatation versucht wurde, das Problem ohne umfangreiche Operation zu lösen. Die letzte Dilatation fand am 31.10.2003 in der gastroenterologischen Abteilung der Beklagten zu 1) statt.

Da diese Behandlungsmaßnahmen nicht den gewünschten Erfolg zeitigten, wurde der Kläger zum Zwecke der Durchführung einer Operation an die allgemein- und gefäßchirurgische Abteilung der Beklagten zu 1) verwiesen. Dort führte er am 30.6.2004 ein Gespräch mit dem Beklagten zu 2). Am 2.8.2004 unterzeichnete der Kläger zu 1) eine mit dem Briefkopf der Beklagten zu 1) versehene vorgedruckte Wahlleistungsvereinbarung, die einen Haftungsausschluss zugunsten der Beklagten zu 1) für jegliche vertragliche und deliktische Haftung für Schäden, die von liquidationsberechtigten Ärzten oder unter deren Aufsicht nach fachlicher Weisung verursacht werden, enthielt.

Noch am selben Tag kam es zu einem Aufklärungsgespräch zwischen dem Kläger zu 1) und der Zeugin A, im Rahmen dessen der Kläger einen Aufklärungsbogen unterzeichnete (Bl. 77). Über das (später tatsächlich eintretende) Risiko des Auftretens eines Pleuraergusses (Flüssigkeitsansammlung zwischen Rippen- und Lungenfell) und eines Pleuraempyems (Vereiterung zwischen Rippen- und Lungenfell) als Folge der geplanten Operation wurde der Kläger zu 1) weder bei diesem Gespräch noch anderweitig aufgeklärt.

Am XX.XX.2004 erfolgte die Operation durch den Beklagten zu 2).

Tags darauf sowie am 6. und 7.8.2004 erfolgten Blutuntersuchungen des Klägers zu 1). Dabei wurden zunächst steigende am 7. August aber erstmals rückläufige, wenngleich deutlich erhöhte CRP-Werte ermittelt. Am 7. August wurde zudem der Thorax des Klägers zu 1) geröntgt, es wurden Pleuraergüsse und eine Belüftungsstörung beidseits diagnostiziert.

Am 10.8.2004 wurde der Kläger zu 1) entlassen, ohne dass weitere Bilder gefertigt oder Laborbefunde erhoben worden wären.

Nach der Entlassung litt der Kläger zu 1) an Schmerzen an der Operationsstelle, Fieber bis zu 40,5 °C und großer Atemnot.

Am 20.8.2004 stellte er sich auf notärztlichen Rat hin erneut in der Klinik der Beklagten zu 1) vor, um ein CT durchführen zu lassen. Es wurden eine Ultraschalluntersuchung und eine Röntgenaufnahme gemacht. Zu der Fertigung eines Computertomogramms kam es jedoch nicht mehr, obwohl dem Kläger zu 1) bereits ein sprechendes Kontrastmittel verabreicht worden war. Als der Kläger zu 1) am 23.8.2004 erneut die Klinik der Beklagten zu 1) aufsuchte, erhielt er lediglich die Mitteilung, dass ein CT wiederum nicht durchgeführt werden könne.

Er ließ sich deshalb am Folgetag in einer privaten Radiologiepraxis untersuchen. Das dortige CT ergab einen Pleuraerguss mit Transsudat und eine Atelektase des linken Lungenunterlappens .

Der Kläger zu 1) begab sich daraufhin in das X Krankenhaus in Stadt1, wo der Ple...

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