Leitsatz (amtlich)
1. Die Abgabe eines Haftpflichtfalles seitens des Haftpflichtigen an seinen Versicherer zur "Prüfung und eventuellen Regulierung" begründet keine Vollmacht des Versicherers zur Abgabe von Anerkenntniserklärungen zu Lasten des Versicherungsnehmers.
2. § 5 Ziff. 7 AHB begründet abweichend von § 10 Abs. 5 AKB keine Vollmacht des Versicherers bezogen auf den Teil der Schadensersatzansprüche, für den der Versicherer nicht einzustehen hat.
Normenkette
AHB § 5 Ziff. 7; BGB § 164 Abs. 1
Verfahrensgang
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufungen der Klägerin und ihrer Streithelferin wird das Urteil der 9. Zivilkammer des LG Darmstadt vom 25.1.2005 abgeändert.
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 4.601,63 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 12.4.2001 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
1. Der Beklagte ist als Steuerbevollmächtigter tätig. Er hatte für die Klägerin u.a. die Einkommensteuererklärungen für die Jahre 1993 bis 1998 erstellt und hierbei irrtümlich Renteneinnahmen aus gesetzlicher Unfallversicherung als Einkommen deklariert. Nachdem der Fehler offenbar geworden und ein Antrag auf Änderung der Einkommensteuerbescheide - u.a. - für diese Jahre erfolglos geblieben war, forderte die Klägerin - persönlich - den Beklagten mit Schreiben vom 1.11.2000 zum Ausgleich des erlittenen Schadens in Gestalt überhöhter Einkommenssteuern auf. Der Beklagte leitete dieses Schreiben an seinen Berufshaftpflichtversicherer "zwecks Prüfung und eventueller Regulierung" weiter; dies teilte er der Klägerin unter dem 6.11.2001 mit.
Am 7.2.2001 zahlte der Versicherer der Klägerin auf den für die Jahre 1993 bis 1998 mit insgesamt 28.372,30 DM berechneten Schaden 10.372,30 DM aus. Auf Anfrage der Klägerin vom 27.2.2001 hin erläuterte der Versicherer durch Schreiben vom 13.3.2001, dass er in der Auszahlung einen Schadensanteil i.H.v. je 3.000 DM pro Schadensfall - Steuerbescheid - mit Rücksicht auf eine versicherungsvertraglich vereinbarte Selbstbeteiligung des Beklagten in dieser Höhe abgesetzt habe.
Die Klägerin forderte den Beklagten mit Schreiben vom 3.4.2001 auf, die Differenz - nebst Zinsen - auszugleichen; mit Schreiben vom 4.5.2001 lehnte der Beklagte jede Zahlung ab.
Nunmehr nahm die Klägerin anwaltliche Hilfe in Anspruch; ihre Anwältin - und nunmehrige Streithelferin - richtete unter dem 26.6.2001 eine Zahlungsaufforderung an den Beklagten.
Sie reichte am 8.10.2002 Antrag auf Erlass eines Mahnbescheides beim zuständigen AG ein. Am 21.10.2002 versandte das AG wegen fehlender Angaben zur Fälligkeit des Anspruchs ein Monierungsschreiben an die Anwältin der Klägerin. Dieses Schreiben beantwortete die Streithelferin am 1.4.2003, und am folgenden Tage wurde Mahnbescheid gegen den Beklagten erlassen; der Mahnbescheid wurde am 5.4.2003 zugestellt.
Das LG hat die Klage abgewiesen. Wegen der von ihm gefundenen Gründe sowie der tatsächlichen Einzelheiten - mit Ausnahme des Zeitpunktes der Beauftragung der Streithelferin - wird auf das Urt. v. 25.1.2005 verwiesen.
Mit der Berufung trägt die Klägerin vor, der Haftpflichtversicherer des Beklagten habe die Schadensersatzansprüche der Klägerin für den Zeitraum ab 1993 auch mit Wirkung zu Lasten des Beklagten anerkannt. Die Streithelferin sei - so ist es unstreitig geblieben - erstmals im Juni 2001 für die Klägerin tätig geworden.
Die Streithelferin trägt vor, die Regulierungs- und Zahlungsvollmacht des Haftpflichtversicherers nach § 5 Ziff. 7 AHB wirke umfassend; das vom Versicherer abgegebene Anerkenntnis wirke deshalb gegen den Beklagten.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des LG Darmstadt 9 O 539/03 vom 25.1.2005 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin EUR 9.203,25 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus vom 12.4.2001 bis zum 31.12.2001 und aus 8 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1.1.2002 zu zahlen.
Die Streithelferin der Klägerin beantragt, den Beklagten in Abänderung des erstinstanzlichen Urteils zu verurteilen, an die Klägerin 9.203,25 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit 12.4.2001 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt, die Berufungen zurückzuweisen.
Er trägt vor, sämtliche Ansprüche der Klägerin seien verjährt. Wegen der Einzelheiten des zweitinstanzlichen Vortrages der Prozessbeteiligten wird auf die vor dem OLG gewechselten Schriftsätze verwiesen.
2. Die Berufung ist im Blick auf die Steuererklärungen und -bescheide für die Jahre 1993 bis 1995 unbegründ...