Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 3/13 O 125/89)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 2. 5. 1990 verkündete Urteil der 13. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankfurt am Main abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Wert der Beschwer für die Klägerin beträgt 5.733,23 DM.

 

Gründe

Die Berufung ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.

Der Klägerin steht aus abgetretenem Recht der Firma … entgegen der Ansicht der Vorinstanz kein Anspruch gegen die Beklagte auf Bezahlung der am 2. 3. 1989 an sie ausgelieferten Schuhe zu. Ein solcher Anspruch war zwar gemäß Art. 53, 3 Abs. 1 des Übereinkommens der Vereinten Nationen über den internationalen Warenkauf (United Nations Convention on Contracts for the International Sale of Goods – CISG – vom 11. 4. 1980, BGBl. II S. 588) in der eingeklagten Höhe von 4.268.970 Lit zunächst entstanden; er ist jedoch durch wirksame Erklärung der Aufhebung des Vertrages (Art. 49 Abs. 1a, 46 Abs. 1a, 25, 26, 81 Abs. 1 Satz 1 CISG) durch die Beklagte anschließend weggefallen.

Zu Recht hat das Landgericht der Beurteilung der Rechtsbeziehungen das genannte Übereinkommen über den internationalen Warenkauf (CISG) zugrunde gelegt.

Das Einheitliche Gesetz über den internationalen Kauf beweglicher Sachen vom 17. 7. 1973 – EKG – (BGBl. I S. 856), das für die Bundesrepublik Deutschland mit Ablauf des 31. 12. 1990 aufgehoben ist (Art. 5 Abs. 1, 7 Abs. 1 VertragsG zur CISG vom 5. 7. 1989, BGBl. II S. 586), ist auch nicht über die Übergangsregelung des Art. 5 Abs. 2 VertragsG auf den vorliegenden Sachverhalt anzuwenden. Zwar gehörten sowohl Italien als auch die Bundesrepublik Deutschland zu den Vertragsstaaten des Haager Kaufrechtsübereinkommens vom 1. 7. 1964; es wurde jedoch von Italien bereits mit Ablauf des 31. 12. 1987 außer Kraft gesetzt. Auf die ab dem 1. 1. 1988 geschlossenen deutsch-italienischen Kaufverträge kann das EKG deshalb nicht mehr angewendet werden, weil dessen Art. 1 Abs. 1 voraussetzte, daß sich die Niederlassungen der Vertragsparteien in verschiedenen Vertragsstaaten befanden (OLG Hamburg/Prax 1989, S. 247; OLG Koblenz, RIW 1989, S. 310; Asam, RIW 1989, S. 942, 943), Italien zu dieser Zeit aber nicht mehr Vertragsstaat war.

Da das UN-Übereinkommen über den internationalen Warenkauf erst am 1. 1. 1991 für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft getreten ist, kann es allerdings über Art. 1 Abs. 1a CISG nicht schon unmittelbar als Bestandteil der deutschen Rechtsordnung wirksam werden (zum zeitlichen Geltungsbereich vgl. Art. 100 CISG). Die Anwendbarkeit der CISG resultiert aber daraus, daß das deutsche Internationale Privatrecht auf das Recht eines Vertragsstaates verweist, der auf den zu beurteilenden Sachverhalt die CISG anwenden würde (vgl. Senat, Urteil vom 13. 6. 1991 – 5 U 261/90 –, RIW 1991, S. 501 = DB 1991, S. 1512; Asam, RIW 1989, S. 942, 943).

Mangels einer Rechtswahl richtet sich die Einordnung des Vertrages gemäß Art. 28 Abs. 1 Satz 1 EGBGB nach dem Recht des Staates, mit dem er die engsten Verbindungen aufweist, wobei die Vermutung gilt, daß dies der Staat ist, in dem im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses die Partei, welche die charakteristische Leistung zu erbringen hat, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Hauptverwaltung hat (Art. 28 Abs. 2 Satz 1 EGBGB). Vorliegend handelt es sich um einen Werklieferungsvertrag, nicht um einen Kaufvertrag, da sich die Zedentin verpflichtet hatte, die Schuhe nach den Angaben der Beklagten aus von der Zedentin zu beschaffendem Stoffe herzustellen. Bei einem Werklieferungsvertrag findet regelmäßig das Recht des Landes Anwendung, in dem der Unternehmer seinen gewöhnlichen Aufenthalt oder seine Hauptverwaltung hat, weil es seine Leistung ist, die dem Vertrag die charakteristische Prägung gibt (Reithmann/Martiny, 4. Aufl. 1988, Rn. 408; ähnlich sowohl für den Kauf- als auch für den Werkvertrag: vgl. Palandt-Heldrich, 50. Aufl., Art. 28 EGBGB Rn. 8, 14). Das bedeutet, daß italienisches Recht anwendbar ist, weil die Zedentin ihre Hauptverwaltung in Italien hatte und von dort auch ihre Leistung zu erbringen war.

Da Italien Vertragsstaat der CISG ist und das Übereinkommen in Italien seit dem 1. 1. 1988 gilt (Gesetz Nr. 765/1985 vom 11. 12. 1985, Supplemento Ordinaria alla Gazetta Ufficiale No. 303 vom 27. 12. 1985; vgl. Herber/Czerwenka, Internationales Kaufrecht, 1991, vor Art. 1 Rn. 16; Schwenzer, NJW 1990, S. 602, Fn. 5), wird es für die Rechtsbeziehungen der Vertragsparteien über Art. 1 Abs. 1b CISG wirksam. Danach ist das Übereinkommen auf Kaufverträge über Waren zwischen Parteien anzuwenden, die ihre Niederlassungen in verschiedenen Staaten haben, wenn die Regeln des Internationalen Privatrechts zur Anwendung des Rechts eines Vertragsstaates führen. Einen möglichen Vorbehalt nach Art. 95 CISG, der die Anwendung des Art. 1 Abs. 1b CISG ausschlösse (Herber/Czerwenka, Art. 96 Rn. 3), hat Italien nicht erklär...

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