Leitsatz (amtlich)

Den Versicherungsnehmer trifft kein Verschulden an der Versäumung der Frist des § 12 Abs. 3 VVG, wenn er sich auf die normale Postlaufzeiten verlässt.

 

Normenkette

VVG § 12

 

Verfahrensgang

LG Wiesbaden (Urteil vom 23.03.2004; Aktenzeichen 8 O 87/03)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 16.11.2005; Aktenzeichen IV ZR 307/04)

 

Tenor

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil der 8. Zivilkammer des LG Wiesbaden vom 23.3.2004 wird zurückgewiesen.

Die Kläger haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 115 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor Beginn ihrer Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 115 % des jeweils zur Vollstreckung gebrachten Betrags leistet.

 

Gründe

Die Kläger verlangen Entschädigungsleistungen aus der Feuerversicherung wegen des auf Brandstiftung beruhenden Brandes des Gebäudes ... Straße in O1. Das Gebäude ist ein Wohn- und Geschäftshaus; im Erdgeschoss befand sich zu DDR-Zeiten ein Konsum, in den oberen Stockwerken befinden sich Wohnräume.

Der Versicherungsvertrag zum Neuwert ist 1993 geschlossen. Zu dem durch Brandstiftung herbeigeführten Brand, bei dem das Gebäude erheblich beschädigt wurde, kam es am 29.12.1999. Die Täter konnten nicht ermittelt werden (vgl. Beiakte 310 UJs 7816/00 StA Halle).

Das Grundstück ist mit einer Grundschuld zu 320.000 DM belastet. Das zugrunde liegende Darlehen führten die Kläger in monatlichen Raten von 3.437,50 DM und 1.621 DM seit 1994 zurück; mit den letzten Raten im Mai bzw. 6.2001 war das Darlehen getilgt. Auf dem Miteigentumsanteil des Klägers A lasteten am Schadenstag mehrere vor dem Brand eingetragene Zwangssicherungshypotheken. Die Summe der Hauptforderungen (Firma B 2.126,22 DM; Rechtsanwalt RA1 7.414,59 DM; RA RA2 2.203,62 DM; Finanzamt C 1.603,55 DM; Stadt O1 7.019,55 DM; Finanzamt D 15.203,70 DM; wegen der näheren Einzelheiten vgl. Bl. 146 ff.) betrug rund 18.200 EUR. Am 2.2.1998 hat der Kläger A die eidesstattliche Versicherung abgegeben.

Gegenüber dem Regulierungsbeauftragten der Beklagten gab der Kläger A am 23.3.2000 auf die Frage nach seinen Vermögensverhältnissen an, seine finanzielle Situation sei geordnet; es gebe noch offene Forderungen an Stromkosten, die die Mieter nicht bezahlt hätten, das Finanzamt fordere eine Nachzahlung von 10.000 DM Umsatzsteuer, weil Finanzamtsmitarbeiter Unterlagen "verschlampt" hätten (Bl. 67).

Mit Schreiben vom 8.11.2002, bei dem Bevollmächtigten der Kläger am 13.11.2002 eingegangen, hat die Beklagte mit Hinweis auf § 12 Abs. 3 VVG die Regulierung abgelehnt. Die vorliegende Klage trägt den Eingangstempel "14.5.2003" des LG Wiesbaden.

Die Kläger behaupten, das Gebäude sei 1993 nicht dauernd bewohnt gewesen; die Kläger und deren Verwandte hätten sich vielmehr sporadisch dort aufgehalten, nämlich tageweise dort genächtigt. Diese Art der Nutzung sei dem Versicherungsvertreter E der Beklagten, der das Objekt anlässlich des Vertragsschlusses besichtigt habe, bekannt gewesen. Er habe in Kenntnis dieser zeitweiligen Nutzung zum Ausdruck gebracht, dass man das Objekt als "bewohnt" bezeichnen könne. Darauf beruhe die entsprechende Angabe im Antrag (Bl. 64). Erst später sei die Wohnung im 1. Obergeschoss an das Pächterehepaar F vermietet gewesen, das die Pension im rückwärtigen Teil des Grundstücks (separates Gebäude) betrieben habe. Diese Eheleute hätten sich getrennt, so dass zeitweilig nur noch die Pächterin dort gewohnt habe. Auch sie sei 1998 ausgezogen. Danach sei das Gebäude wieder zu gelegentlichen Übernachtungen 3-4 mal pro Woche vor allem durch den Kläger A genutzt worden, genauso wie zur Zeit des Abschlusses des Versicherungsvertrages vor der Vermietung. Außerdem betrieben Verwandte des Klägers A auf dem Grundstück einen Gebrauchtwagenhandel und nutzten einen der Büroräume im Erdgeschoss als Büro. Ein weiterer Verwandter sei beauftragt, regelmäßig nach dem Rechten zu sehen.

Die Kläger behaupten, sie hätten der Klägerin die von ihr gewünschten Auskünfte erteilt, ihr bzw. dem von ihr beauftragten Sachverständigen den Zugang zum Gebäude ermöglicht und schadensmindernde Maßnahmen nach dem Brand, insb. eine vorläufige Abdeckung des Dachs, nicht durchführen können, da die Beklagte nicht bereit gewesen sei, einen Vorschuss zu bezahlen.

Die Angaben zu den Vermögensverhältnissen seien nicht falsch; die diversen Haftanordnungen seien dem Kläger A nicht bekannt geworden. Er wisse nur um die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung. Von den Sicherungshypotheken habe der Kläger A die Schulden beim Finanzamt und wegen der Stromkosten offenbart. Da das Grundstück im Übrigen unbelastet sei, habe der Kläger seine Verhältnisse als geordnet bezeichnen können.

Die Kläger behaupten, gestützt auf ein von ihnen veranlasstes Gutachten des Sachverständigen SV1, einen Neuwertschaden von 311.636,04 EUR.

Auf den Hinweis des Gerichts, dass die Klagefrist versäumt sei, haben die K...

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