Entscheidungsstichwort (Thema)
Verwechslungsgefahr zwischen zwei Wort-/Bildmarken bei geringer Warenähnlichkeit (Terra Greca)
Leitsatz (amtlich)
1. Es entspricht den Erfahrungen des Durchschnittsverbrauchers, dass Teigwaren - wie Nudeln - auch von Unternehmen vertrieben werden, die gleichzeitig Zutaten für Nudelgerichte anbieten. Der Verkehr schließt daher nicht aus, dass Speiseöle und Suppen einerseits und Nudeln andererseits von demselben Unternehmen stammen können.
2. Es kann nicht angenommenen werden, dass der Durchschnittsverbraucher den Begriff "Terra Greca" zutreffend mit "griechischer Erde" oder "aus griechischer Erde" übersetzt. Hierfür sind Fremdsprachenkenntnisse erforderlich, die über den Horizont des Durchschnittsverbrauchers hinausgehen.
Normenkette
UMV Art. 9 Abs. 2b
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 29.10.2021; Aktenzeichen 3-12 O 22/21) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 29.10.2021 verkündete Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Die Parteien streiten über die Berechtigung einer Abnehmerverwarnung.
Die Beklagte ist Inhaberin der Unionsbildmarke Nr. 018024381 "Terra greca" mit Priorität vom 18.2.2019, die für Waren der Klasse 29, darunter Fleisch; Molkereiprodukte; Meeresfrüchte; Speiseöle und -fette; Suppen und Brühen, Fleischextrakte; verarbeitetes Obst und Gemüse eingetragen ist:
((Abbildung))
Die Klägerin ist Inhaberin der Unionsbildmarke Nr. 018236425 "Terra greca" mit Priorität vom 8.5.2020, die unter anderem für Nudeln und andere Teigwaren (Klasse 30) eingetragen ist:
((Abbildung))
In einem X-Markt wurden Nudelpackungen (Sorte: Penne) vertrieben, die auf der Vorder- und Rückseite mit der Marke der Klägerin gekennzeichnet sind (Anlage K19). Die Beklagte hat deshalb am 5.11.2020 eine Abnehmerin der Klägerin wegen Verletzung ihrer älteren Marke abgemahnt.
Die Klägerin hält die Abnehmerverwarnung für rechtswidrig.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.
Das Landgericht hat die Beklagte sinngemäß verurteilt, es zu unterlassen, Abnehmer der Klägerin, die Teigwaren mit der genannten Marke von der Klägerin geliefert bekommen haben oder zukünftig geliefert bekommen werden wegen angeblicher Verletzung der Unionsbildmarke Nr. .018236425 "Terra greca" und/oder wegen angeblicher wettbewerbswidriger vermeidbarer Herkunftstäuschung, §§ 3, 4 Nr. 3a, 8 UWG, unangemessener Ausnutzung oder Beeinträchtigung der Wertschätzung der nachgeahmten Ware, §§ 3, 4 Nr. 3b, 8 UWG oder gezielter Behinderung, §§ 3, 4 Nr. 4 UWG, und daraus angeblich resultierender Ansprüche auf Unterlassung und/oder Auskunft und/oder Kostenerstattung und/oder Schadensersatz abzumahnen, insbesondere wenn dies wie mit dem Abmahnschreiben vom 5.11.2020 geschieht.
Ferner hat es die Beklagte zur Auskunfterteilung über den Umfang der Handlungen nach dem Unterlassungsantrag und zur Erstattung vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten verurteilt.
Das Landgericht hat ausgeführt, zwischen den Marken bestehe keine Verwechslungsgefahr, da die gegenüberstehenden Waren absolut unähnlich seien. Zudem sei keine Zeichenähnlichkeit gegeben, da der Wortbestandteil "Terra greca" beschreibenden Charakter habe und die Bildbestandteile sich klar unterschieden. Auch wettbewerbsrechtliche Ansprüche bestünden nicht.
Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung.
Im Berufungsverfahren wiederholen und vertiefen die Parteien ihr Vorbringen.
Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung des am 29.10.2021 verkündeten und am 2.11.2021 zugestellten Urteils des Landgerichts Frankfurt am Main zum Az. 3-12 O 22/21 die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
II. Die zulässige Berufung hat auch in der Sache Erfolg.
1. Der Klägerin stehen gegen die Beklagte keine Ansprüche wegen unberechtigter Abnehmerverwarnung aus §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB oder einem anderen Rechtsgrund zu. Die Abmahnung gegenüber der A GmbH & Co. KG (Anlage K19) war wegen einer begangenen Markenverletzung berechtigt.
a) An der geschäftlichen Verwendung und der markenmäßigen Benutzung des auf der Nudel-Verpackung angebrachten Wort-/Bilds-Zeichens "Terra Greca" bestehen keine Zweifel.
b) Zwischen der Unionsbildmarke "Terra Greca" der Beklagten und dem von der A GmbH & Co. KG verwendeten Wort-/Bildzeichen "Terra Greca" besteht Verwechslungsgefahr (Art. 9 Abs. 2 b UMV).
aa) Es ist eine zumindest geringe Warenähnlichkeit gegeben. Von absoluter W...