Entscheidungsstichwort (Thema)
Aussonderungsrecht am Kapitalanlagekonto
Leitsatz (amtlich)
Bei Einzahlungs- und Brokerkonten einer Kapitalanlagegesellschaft handelt es sich um Treuhandkonten, die der Aussonderung der Anleger nach § 47 S. 1 InsO unterliegen.
Normenkette
InsdO § 47 S. 1; WpHG § 34a
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 28.11.2009; Aktenzeichen 2-21 O 298/07) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 21. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 28. November 2009, Az. 2-21 O 298/07, wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten der Berufung.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung hinsichtlich der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 8.932.666,70 € festgesetzt.
Gründe
A)
Der Kläger ist Insolvenzverwalter in dem am 1. Juli 2005 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der A GmbH Gesellschaft für die Durchführung und Vermittlung von Vermögensanlagen (im Folgenden: Schuldnerin).
Die Schuldnerin bot mit dem 1992 eingeführten A X (X) ihren Kunden die Möglichkeit an, am Erfolg oder Nichterfolg von Optionsgeschäften teilzunehmen, die sie im eigenen Namen auf Rechnung der Anlegergemeinschaft durchführte. Im Rahmen dieser Anlagen zahlten die Anleger Geldbeträge auf Einzahlungskonten, die die Schuldnerin bei anderen Kreditinstituten unterhielt, wobei nicht jedem Anleger ein eigenes Konto zugewiesen wurde, sondern die Gelder verschiedener Anleger auf "Omnibuskonten", also Sammelkonten, verwahrt wurden. Bereits zwischen 1992 und 1997 erlitt die Schuldnerin bei den Termingeschäften hohe Verluste, die sie den Anlegern durch manipulierte Buchungen verschwieg. In der Folge baute die Schuldnerin ein Schneeballsystem auf, bei dem sie die Einlagen von Neukunden dazu verwendete, Auszahlungen an Altkunden sowie Zahlungen für die laufenden Geschäfts- und Betriebskosten der Schuldnerin und ihrer Vertriebspartner vorzunehmen.
Die Beklagte beteiligte sich mit von Oktober 2003 bis März 2005 erfolgten Einzahlungen auf ein US$ - Einzahlungskonto bei der ... B-Kasse in einer Gesamthöhe von 11.130.000,- US-$ an dem X.
Die Parteien streiten im Wege wechselseitiger Feststellungsklagen darüber, ob der Beklagten im Hinblick auf ihre Einzahlungen ein Aussonderungsrecht zusteht.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 234 bis 237 d. A.) Bezug genommen, der hinsichtlich der Konten der Schuldnerin zur Verwaltung eingezahlter Gelder und zur Geschäftsausübung wie folgt ergänzt wird:
Die Schuldnerin unterhielt zum einen eigene Geschäftskonten, die sie in ihren Büchern als "Nostro"-Konten führte und die dem "Mandant ... (TH = Terminhandel)" zugeordnet waren. Sie dienten der Begleichung der Geschäftsunkosten und laufenden Betriebsausgaben.
Daneben eröffnete die Schuldnerin bei verschiedenen Banken Konten im eigenen Namen zur Einzahlung durch die Anleger, sogenannte Einzahlungskonten, die in der Buchhaltung dem "Mandant ... (MA = X)" zugeordnet waren. Die Schuldnerin hatte 43 Einzahlungskonten angelegt; auf 33 dieser Konten sind Kundeneinzahlungen zu verzeichnen. Innerhalb dieser Einzahlungskonten kam es zu Querüberweisungen. Die Schuldnerin nahm zudem Überweisungen von den Einzahlungskonten auf ihre Geschäftskonten für Verwaltungs- und Vertriebsgebühren, Gewinnbeteiligungen, Kommission und Agio vor und tätigte von diesen Konten die Auszahlungen - inklusive fiktiven Gewinnanteil - an die Anleger. Außerdem kam es zu Überweisungen von den Geschäftskonten auf die Einzahlungskonten. Schließlich unterhielt die Schuldnerin bei verschiedenen Brokern Konten zur Durchführung der Termingeschäfte.
Das Landgericht hat die negative Feststellungsklage des Klägers als unzulässig abgewiesen und auf die Widerklage der Beklagten festgestellt, dass ihr im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin dem Grunde nach ein Aussonderungsrecht an ihren eingezahlten Kundengeldern zustehe.
Zur Begründung hat es ausgeführt:
Die von der Beklagten auf das Konto der Schuldnerin eingezahlten Gelder stünden der Beklagten zu, da sie treuhänderisch übergeben worden seien. Die Treuhandabrede ergäbe sich bereits kraft Gesetzes daraus, dass die Schuldnerin als Finanzdienstleisterin nach § 34 a WpHG gehandelt habe. Insofern bestünde die Vermutung für eine treuhänderische Verwaltung des Vermögens, die nicht widerlegt sei.
Eine - zumindest konkludente - Treuhandabrede ergebe sich weiterhin aus den Allgemeinen Geschäftsbedingungen und der Broschüre "X" der Schuldnerin. Dass keine Kennzeichnung als Treuhand erfolgt sei, stünde der Annahme einer Treuhandvereinbarung nicht entgegen.
Unerheblich sei auch die Behauptung des Klägers, dass sich die Schuldnerin bereits ab 1997 nicht an die Treuhandabrede habe halten wollen. In Anlehnu...