Entscheidungsstichwort (Thema)
Argentinien-Anleihen
Leitsatz (amtlich)
Zum allgemeinen Rechtsschutzbedürfnis der Klage eines Anleihegläubigers auf Erteilung einer Anweisung durch den Anleiheschuldner.
Normenkette
ZPO § 253
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 15.04.2014; Aktenzeichen 2-7 O 75/13) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 15.4.2014 verkündete Urteil des LG Frankfurt/M. - Az. 2-07 O 75/13 - wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger begehrt die Verurteilung der Beklagten zu 1) zur Erteilung einer Anweisung, hilfsweise begehrt er die Feststellung, dass seine titulierten Forderungen gegen die Beklagte zu 1) gleichrangig mit weiteren Forderungen von anderen Anleihegläubigern zu bedienen seien. Die Beklagte zu 2) nimmt er auf Schadenersatz in Anspruch, hilfsweise will er eine Verurteilung der Beklagten zu 2) dazu erwirken, Zahlungen an Umtauschgläubiger nur dann vorzunehmen, wenn sie zugleich auch die fälligen Forderungen des Klägers bediene.
Die Beklagte zu 1) emittierte in den Jahren 1995 bis 1998 Inhaberschuldverschreibungen in verschiedener Stückelung, u.a. zu den Wertpapierkennnummern WKN 134 090, 130 020, 130 860 und 190 430. Der Kläger erwirkte als Inhaber solcher Inhaberschuldverschreibungen vor dem LG Frankfurt/M. unter dem 23.8.2010 - 2-21 O 439/09 ein rechtskräftiges Urteil gegen die Beklagte zu 1), in dem dieser verurteilt wurde, dem Kläger folgende Beträge zu zahlen:
1. 27.865,40 EUR nebst 9 % Zinsen aus 25.564,59 EUR seit dem 1.1.2006 gegen Aushändigung der Mantelbögen und zugehörigen Zinsscheine der Jahre 2002-2003 zur Anleihe mit der WKN 134 090 i.H.v. 50.000 DM;
2. 20.451,68 EUR nebst 10,5 % Zinsen seit dem 1.1.2006 gegen Aushändigung der Mantelbögen und zugehörigen Zinsscheine des Jahres 2002 zur Anleihe mit der WKN 130 020 i.H.v. 40.000 DM;
3. 168.854,14 EUR nebst 10,25 % Zinsen aus 153.387,56 EUR seit dem 1.1.2006 gegen Aushändigung der Mantelbögen und zugehörigen Zinsscheine der Jahre 2002-2003 zur Anleihe mit der WKN 130 860 i.H.v. 300.000 DM;
4. 262.292,74 EUR nebst 10,25 % Zinsen aus 230.081,35 EUR seit dem 1.1.2006 gegen Aushändigung der Mantelbögen und zugehörigen Zinsscheine der Jahre 2002-2004 zur Anleihe mit der WKN 190 430 i.H.v. 450.000 DM.
Aus diesem titulierten Anspruch errechnet der Kläger einen fälligen Gesamtbetrag zum 11.2.2013 i.H.v. 777.327,79 EUR sowie weitere Tageszinsen ab 12.2.2013 i.H.v. 119,36 EUR.
Die Beklagte zu 1) stellte mit der Begründung eines Staatsnotstandes im Jahr 2001 den Zahlungsdienst für die betreffenden Schuldverschreibungen und weitere vergleichbare Papiere ein. In den Jahren 2005 und 2010 führte die Beklagte zu 1) u.a. im Hinblick auf die von Kläger gehaltenen Anleihen einen Umtausch durch. Sie bot den Anleihegläubigern unter einem Abschlag von ca. 70 % auf den jeweiligen Barwert ihrer Altanleihen neue Anleihen in einem Gesamtwert von damals ca. 100 Milliarden US-Dollar (im Folgenden: Umtauschbonds) an. Diese Umtauschbonds werden von der Beklagten zu 1) in voller Höhe und pünktlich zu den jeweiligen Zahlungsterminen bedient.
Die Zahlungen erfolgen seitens der Beklagten zu 1) an die Bank of ... welche nach den Anleihebedingungen der Umtauschanleihen als Treuhänderin fungiert. Die Beklagte zu 2) ist in diesem Zusammenhang Korrespondenzbank für die Bank of ... O1, welche für einen Teil der Umtauschbonds Hauptzahlstelle ist, und wickelt die Auszahlungen an die Umtauschgläubiger ab.
Die Bedingungen der Altbonds sehen sämtlich eine sog. "Pari Passu"-Klausel vor, die beispielsweise in § 7 der Anleihebedingung zu WKN 130 860 lautet wie folgt:
"§ 7 Rang und Negativerklärung
Die Teilschuldverschreibungen und Zinsscheine stellen vorbehaltlich der Absätze (2) und (3) unmittelbare, unbedingte, unbesicherte und nicht nachrangige Verpflichtungen der Anleiheschuldnerin dar, die untereinander stets im gleichen Rang stehen. Die Zahlungsverpflichtungen der Anleiheschuldnerin aus den Teilschuldverschreibungen und Zinsscheinen werden vorbehaltlich der Absätze (2) und (3) stets mindestens im gleichen Rang stehen mit allen ihren sonstigen gegenwärtigen und zukünftigen unbesicherten und nicht nachrangigen Auslandsverbindlichkeiten (wie nachstehend definiert).
..."
In einem Urteil vom 7.12.2011 (vgl. Anlage K3) stellte der US District Court Southern District of New York hinsichtlich einer inhaltsgleichen Pari Passu-Klausel, die in den Anleihebedingungen einer nach New Yorker Recht begebenen Altanleihe enthalten war, fest, dass Argentinien durch verschiedene Maßnahmen gegen seine aus der Pari Passu-Klausel abgeleitete Pflic...