Normenkette

BGB § 793

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 2-21 O 385/05)

 

Gründe

I. Die Klägerin verlangt von der Beklagten Nennbeträge und Zinsen aus Inhaber - Teilschuldverschreibungen, die sie im Jahr 1996 unter der Wertpapierkennnummer (WKN)... emittiert hat. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil verwiesen (Bl. 294 ff. d.A.).

Das LG hat die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 1.022.583,76 EUR gegen Aushändigung der Inhaber - Teilschuldverschreibungen zu zahlen und der Beklagten vorbehalten, ihre Rechte im Nachverfahren auszuführen. Die Klägerin habe nachgewiesen, Inhaberin der Schuldurkunden zu sein. Die Beklagte sei verpflichtet, die in den Urkunden verbrieften Nenn- und Zinsbeträge auszuzahlen. Die Beklagte könne ihre Zahlungsverweigerung nicht mit einem auf Zahlungsunfähigkeit gestützten Staatsnotstand verweigern. Eine Zug-um-Zug Verurteilung komme nicht in Betracht, weil die Verpflichtung zur Aushändigung der Schuldurkunden keine Gegenleistung darstelle sondern nur eine besondere Form der Quittung.

Die Beklagte hat gegen das Urteil form- und fristgerecht Berufung eingelegt. Sie wirft dem LG vor, verkannt zu haben, dass es sich bei der L1 Notstandsgesetzgebung um international-privatrechtliche Eingriffsnormen handele, die von deutschen Gerichten zwingend zu beachten seien. Die Klage hätte wegen eines Verstoßes gegen das sog. IWF-Abkommen als unzulässig abgewiesen werden müssen. Die Beklagte befinde sich nach wie vor in einem völkerrechtlich beachtlichen Staatsnotstand. Eine Verurteilung könne nur Zug um Zug erfolgen, weil der Beklagten bis zur Aushändigung ein Zurückbehaltungsrecht zustehe (§§ 797, 273, 274 BGB).

Die Beklagte beantragt, die Klage unter Abänderung des angefochtenen Urteils abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen hilfsweise im Wege der Anschlussberufung die Beklagte zu verurteilen, wie erkannt.

Die Klägerin habe bereits in der mündlichen Verhandlung vor dem LG hilfsweise die in der Klageschrift angekündigten (und nun zuerkannten) Anträge gestellt. Sie habe die Schuldurkunden am 9.3.2007 bei der Hauptzahlstelle, der X-Bank, O1 vorgelegt. Dort seien sie nicht eingelöst worden.

II. Die Berufung hat in der Hauptsache keinen Erfolg. Die Beklagte schuldet der Klägerin Nennwert und verbriefte Zinsen in zuerkannter Höhe. Der Anspruch ergibt sich aus § 793 BGB in Verbindung mit den Anleihebedingungen (Bl. 33 d.A.). Die Anschlussberufung der Klägerin ist unzulässig, weil sie schon erstinstanzlich mit ihrem Hauptantrag erfolgreich war (Zöller/Gummer/Heßler, ZPO, 25. Aufl., Rz. 3 zu § 524 ZPO). Das hindert den Senat nicht daran, ihr die Hilfsanträge zuzusprechen, weil sie nicht über den Hauptantrag hinausgehen. Dazu im Einzelnen:

Die Aktivlegitimation der Klägerin ist bereits vor dem LG nachgewiesen worden. Sie wird mit der Berufung nicht mehr ernsthaft in Zweifel gezogen. Die Beklagte kann die Rückzahlung der Nominal- und Zinsbeträge nicht mit Hinweis auf den vermeintlichen Staatsnotstand verweigern. Ihr Sachvortrag reicht nicht aus, um von der gefestigten Senatsrechtsprechung abzuweichen. Der Senat vertritt - ausgehend von seiner Entscheidung vom 13.6.2007 (Az.: 8 U 107/03, veröffentlicht in: NJW 2006, 2931) - in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass sich die Beklagte schon aus tatsächlichen Gründen nicht mehr auf den Einwand des Staatsnotstands berufen kann. Das BVerfG hat zwischenzeitlich entschieden, dass ein Staat die Erfüllung privatrechtlicher Zahlungsansprüche gegenüber Privatpersonen nicht unter Berufung auf den wegen Zahlungsunfähigkeit erklärten Staatsnotstand verweigern darf (BVerfG - Beschl. v. 8.5.2007 - 2 BvM 1-5/03, 1,2/06, NJW 2007, 2610 = WM 2007, 1315 ff.). Damit ist dem zentralen Argument der Rechtsverteidigung der Beklagten auch in rechtlicher Hinsicht der Boden entzogen worden.

Mit den weiteren Argumenten der Beklagten hat sich der Senat bereits in der o.g. Entscheidung sowie in den folgenden Entscheidungen vom 29.9.2006 (8 U 60/03 u.a.) auseinandergesetzt. Hierauf wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen. Die dagegen erhobenen Nichtzulassungsbeschwerden sind vom BGH am 25.9.2007 zurückgewiesen worden (Az.: XI ZR 346/06 u.a.).

Die Klägerin kann Zahlung der Nennbeträge aus den Inhaber - Teilschuldverschreibungen und der verbrieften Zinsen nur Zug um Zug gegen Aushändigung der Urkunden verlangen, nachdem die Beklagte die Einrede nach § 797 BGB erhoben hat. Der Senat orientiert sich an der in der bürgerlichrechtlichen Literatur zu § 797 BGB vertretenen Auffassung, wonach diese Vorschrift dem Schuldner ein Zurückbehaltungsrecht gewährt, weswegen er nur Zug um Zug gegen Aushändigung der Urkunden verurteilt werden kann (Palandt/Sprau, BGB, 66. Aufl. Rz. 1 zu § 797 BGB; Staudinger - Marburger, BGB, Rz. 2 zu § 797; Bamberger/Roth, Rz. 1 zu § 797; Prütting - Buck-Heeb Rz. 1 zu § 797).

Es trifft zu, dass die Aushändigungspflicht nach § 797 ZPO in der zivilprozessua...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge