Entscheidungsstichwort (Thema)

Anlageberatung: Schadensersatzanspruch wegen Verletzung der Aufklärungspflicht beim Kauf von Lehman Global Champion-Zertifikaten

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zur gebotenen Offenlegung des von der Emittentin Lehman Brothers gewährten Rabatts auf den Emissionspreis von 3,5% als umsatzabhängig gewährte Emissionsvergütung.

2. Zum möglichen rechtlichen Charakter des Auftrags zur Beschaffung empfohlener Wertpapiere als Kommissionsgeschäft oder im Eigenhandel auszuführendes Festpreisgeschäft sowie zur Informationspflicht gegenüber dem Kunden über die konkrete Gestaltung.

 

Normenkette

BGB § 280

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 10.12.2010; Aktenzeichen 2-19 O 34/10)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 10. Dezember 2010 verkündete Urteil der 19. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main (2 - 19 O 34/10) wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I.

Mit der Berufung wendet sich die Beklagte gegen ihre Verurteilung, an den Kläger 24.142,44 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz vom 06.02.2010 an zu zahlen, Zug-um-Zug gegen Übertragung von 25 Stück Lehmann Brothers Treasury Co. B.V. Global Champion ZT07 (13.5.10) Index Baskt. Mit der ISIN ... sowie gegen die Feststellung des Annahmeverzugs.

Hinsichtlich des weiteren Sachverhalts wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Zu ergänzen ist:

Das Gespräch vom 06.02.2007, in dessen Rahmen der Kläger und seine Ehefrau, die ihre gegen die Beklagte gerichteten Schadensersatzansprüche an den Kläger abgetreten hat (Anlage K 8, Bl. 87 d.A.), die Order zum Kauf der streitgegenständlichen Wertpapiere erteilten, kam dadurch zustande, dass die Eheleute A von dem Berater der Beklagten, Herrn B, telefonisch kontaktiert und zu einem Beratungsgespräch in die Bank eingeladen worden waren.

Zum Gesprächsverlauf hat der Kläger behauptet, Herr B habe ihm und seiner Ehefrau sogleich eine Anleihe von Lehman, einer der größten amerikanischen Banken, empfohlen. Er habe erklärt, das Papier habe eine Laufzeit bis 2010 und würde Erträge von 8,75% bringen können. Es sei vollkommen risikolos, weil am Ende 100% zurückgezahlt würden. Nur die 8,75% seien nicht sicher, weil es hier davon abhänge, ob sog. Barrieren unterschritten würden, was aber sehr unwahrscheinlich sei.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, zwischen den Parteien sei betr. des Erwerbs der streitgegenständlichen Zertifikate ein Kommissionsgeschäft zustandegekommen. Die Beklagte könne nicht einseitig den Vertragscharakter bestimmen, sondern dieser müsse sich aus der Vereinbarung der Parteien ergeben.

Eine Festpreisvereinbarung sei nicht geschlossen worden; zumindest hätten die Eheleute A aus der Abrechnung nicht erkennen können, dass ein Eigengeschäft habe vorliegen sollen. Da die Beklagte darauf abstelle, dass den Eheleuten A aufgrund des Kaufvertrages hätte klar sein müssen, dass eine Marge verdient werde, sei entscheidend, dass die Eheleute nicht gewusst hätten, dass sie einen Kaufvertrag abschließen sollten bzw. abgeschlossen hätten.

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

  • 1.

    die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 25.000,00 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 4% p.a. vom 15.02.2007 bis zum 07.09.2009 und ab dem 08.09.2009 in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf diesen Betrag abzüglich am 13.05.2008 gezahlter 2.187,50 EUR zu zahlen, Zug-um-Zug gegen Übertragung von 25 Stück Lehmann Brothers Treasury Co. B.V. Global Champion ZT07 (13.5.10) Index Baskt. mit der ISIN ...;

  • 2.

    festzustellen, dass sich die Beklagte hinsichtlich der Zertifikate aus Ziffer 1. in Annahmeverzug befindet;

  • 3.

    die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 1.493,21 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit (05.02.2010) zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Wegen des Vortrags der Beklagten zu den näheren Einzelheiten des Vertriebs von Zertifikaten durch die Beklagte, insbesondere dazu, dass der Vertrieb der - am 01.08.2007 an der Börse eingeführten - streitgegenständlichen Zertifikate im Wege des Eigenhandels zu einem festen Preis (Festpreisgeschäft) erfolgt sei, wird auf den Vortrag der Klageerwiderung (S. 10 ff. der Klageerwiderung vom 22.03.2010, Bl. 113 ff. d.A.) verwiesen.

Das Landgericht hat im Wege der Rechtshilfe Beweis erhoben über die im Beweisbeschluss vom 07.05.2010 (Bl. 201/202 d.A.) genannten Behauptungen des Klägers durch Vernehmung der Zeugin ... A sowie dies Zeugen B. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzu...

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