Leitsatz (amtlich)
Nach dem dem Insolvenzrecht zugrunde liegenden Grundgedanken soll eine Benachteiligung von Gläubigern durch einseitige Begünstigungen im engen zeitlichen Zusammenhang mit der Insolvenz vermieden werden. Dies erlaubt lediglich eine leistungskongruente Bezahlung von Sanierungsberatungen, weil ansonsten eine Bevorzugung dieser Berater auf Kosten der Insolvenzmasse erfolgen würde.
Normenkette
InsO §§ 129-130, 134, 142-143
Verfahrensgang
LG Darmstadt (Aktenzeichen 13 O 316/04 (a)) |
Nachgehend
Gründe
I. Die Parteien streiten über eine Bezahlung an den Beklagten für die Erstellung eines Insolvenzplans. Der Kläger ist Insolvenzverwalter der X-AG. Die X-AG ist Muttergesellschaft der Y-GmbH. Der Beklagte erhielt den Auftrag zur Prüfung und Vorbereitung eines Insolvenzplanverfahrens für die X-AG (GA 73). Die Übersendung von Unterlagen an den Beklagten erfolgte am 14.5.2002 (GA 75). Der Beklagte erstellte ein Angebot zur "Beratung und Begleitung" eines Insolvenzverfahrens für die X-AG und die Y-GmbH zu je 116.000 EUR brutto am 21.5.2002 (GA 36, 38). Die S-AG überwies dem Beklagten am 28.5.2002 232.000 EUR, deren Rückzahlung der Kläger nun begehrt. Die X-AG und die Y-GmbH erteilten dem Beklagten eine Vollmacht für die Sanierung/Insolvenz am 29.5.2002 (GA 94, 97). Am 30.5.2002 stellte der Beklagte Insolvenzantrag für beide Gesellschaften "wegen Zahlungsunfähigkeit" (GA 92, 95). Die X-AG und die Y-GmbH kündigten das Mandat ggü. dem Beklagten und entzogen ihm die Vollmacht per 17.6.2002 aufgrund Beschlusses des Gläubigerausschusses (GA 45, 46). Der Beklagte erhielt eine Aufforderung zur Abrechnung des gezahlten Vorschusses durch den Kläger am 27.6.2002 für die X-AG und am 12.8.2002 für die Y-GmbH (GA 47, 49). Der Beklagte erwiderte darauf mit einem Hinweis an den Kläger auf die Rechtsnatur durch geschlossenen Vertrages als Werkvertrag mit der Folge des § 649 BGB am 11.7.2002 (GA 132). Die Insolvenzeröffnung der X-AG und der Y-GmbH erfolgte am 1.9.2002. In der Folge schlossen der Kläger für die X-AG und Dr. A für die S-GmbH als Insolvenzverwalter eine Vereinbarung dahingehend, dass der Kläger den gesamten Rückzahlungsanspruch ggü. dem Beklagten geltend machen und hiervon 25 % an Dr. A abführen soll (GA 52). Mit der am 5.7.2004 eingereichten Klage hat der Kläger die an den Beklagten geleistete Zahlung und hilfsweise auch den Beratungsvertrag nach §§ 131 ff. InsO angefochten.
Der Kläger hat geltend gemacht, die Zahlung an den Beklagten zwei Tage vor Antragstellung und drei Tage vor Eröffnung der Insolvenz habe zu einer Gläubigerbenachteiligung geführt. Es liege ein inkongruente Deckung vor, weil eine Gegenleistung jedenfalls nicht unmittelbar erbracht worden sei. Aus diesem Grund liege auch eine unentgeltliche Leistung der Gesellschaften vor. Auch bei Annahme einer kongruenten Deckung sei die Zahlung an den Beklagten anfechtbar, weil die Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaften dem Beklagten bei Leistungsempfang bekannt gewesen sei. Auch sei eine vorsätzliche Gläubigerbenachteiligung nach §§ 133 InsO gegeben. Eine Bargeschäftsausnahme nach § 142 InsO scheide mangels unmittelbarer gleichwertiger Gegenleistung aus. Im Übrigen greife die Bargeschäftsausnahme bei einer vorsätzlichen Gläubigerbenachteiligung und inkongruenter Deckung nicht. Die Leistungen des Beklagten seien auch insgesamt ohnehin wertlos und unbrauchbar. Der Beklagte habe aufgrund des geschlossenen Dienstvertrages nur Anspruch nach § 628 BGB auf anteilige Vergütung für die bisher erbrachten Leistungen. Da diese wertlos seien, liege der Anteil seiner Vergütung bei Null. Die Leistungen des Beklagten seien deshalb wertlos, weil der von ihm angedachte Insolvenzplan weder zustimmungs- noch realisierungsfähig gewesen sei.
Der Kläger hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 232.000 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat gemeint, eine Bargeschäftsausnahme nach § 142 InsO sei deshalb gegeben, weil seine unmittelbare Gegenleistung in einem Anspruch der Gesellschaften auf insolvenzrechtliche Beratung gelegen habe. Bei dieser Konstellation sei eine Vorauszahlung wie hier geschehen auch sowohl üblich als auch notwendig, weil nach Insolvenzeröffnung ein Insolvenzverwalter weiteren Zahlungen nicht zustimmen werde. Verweigerte man die Rechtswirksamkeit einer derartigen Vorauszahlung für die gesamte insolvenzrechtliche Beratung, mache man eine solche insgesamt unmöglich. Aus diesem Grund seien Zahlungen für Sanierungsberatung grundsätzlich nicht anfechtbar. Es handele sich bei dem abgeschlossenen Vertrag auch um einen Werkvertrag, weil der Beklagte hauptsächlich mit der Erstellung eines Insolvenzplans beauftragt worden sei. Aus diesem Grund stehe dem Beklagten nach der Kündigung seitens der Gesellschaften der volle Werklohn gem. § 649 BGB zu. Schließlich seien die ...