Entscheidungsstichwort (Thema)
Verwirkung des Widerrufsrechts bei Darlehensvertrag
Normenkette
BGB §§ 242, 355 Abs. 1 S. 2, § 358 Abs. 3
Verfahrensgang
LG Hanau (Urteil vom 28.03.2014; Aktenzeichen 1 O 622/13) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 28.3.2014 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des LG Hanau abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagte wird Zug-um-Zug gegen Übertragung aller Rechte des Klägers aus der Kommanditbeteiligung an der A1 GmbH & Co ... KG (B1 Fonds Nr ...) über einen Beteiligungsbetrag von 30.000,- EUR verurteilt, an den Kläger 7.944,66 EUR zzgl. Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.5.2013 zu bezahlen.
2. Es wird festgestellt, dass der Beklagten gegen den Kläger aus dem Darlehensvertrag vom 7.11.2005 keine Ansprüche zustehen.
3. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der Übertragung der Rechte aus der Kommanditbeteiligung gem. Ziff. 1. seit dem 22.5.2013 in Verzug befindet.
4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen; die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.
5. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 2/3 und die Beklagte 1/3.
6. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
7. Der Kläger darf die Vollstreckung wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
8. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten über die Rückabwicklung zweier Darlehensverträge sowie der Beteiligungen an den Medienfonds A2 GmbH & Co ... KG (im Folgenden A2 II und A2 III), die der Kläger in den Jahren 2004 und 2005 zeichnete. Wegen des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.
Diese werden wie folgt klargestellt:
Das LG hat die Feststellung getroffen, dass beide Darlehensverträge vollständig abgewickelt seien (Urt. S. 4). Dem Zeichnungsschein für A2 III, S. 3, rechte Spalte (Anl. K1a/Bl. 96d. Anl. bandes), ist allerdings zu entnehmen, dass das Darlehen eine Laufzeit von 10 Jahren hat und eine Schlusszahlung am 23.12.2015 erfolgt.
Die Beklagte hat die bereits in erster Instanz erhobene Hilfswiderklage (Klageerwiderung S. 1 f./Bl. 150 f. d.A.) für den Fall gestellt, dass eine Rückabwicklung der Fondsbeteiligungen dem Grunde nach ausgeurteilt wird und das Gericht eine Anrechnung der erzielten Steuervorteile im Wege des Vorteilsausgleichs nicht vornehmen möchte.
Wegen der im Tatbestand des LG erwähnten Widerrufsbelehrungen (Urt. S. 3 f.), jeweils überschrieben mit 'Widerrufsbelehrung - Muster', wird auf deren Inhalt im jeweiligen Fondsprospekt S. 105 (A2 II) und S. 145 (A2 III) verwiesen (s. Bl. 90, Bl. 197R des Anlagenbandes zur Klageschrift vom 11.6.2013)
In beiden als 'Beitrittsvereinbarung/Darlehensvertrag' bezeichneten Zeichnungsscheinen (Anl. K1, Anl. K1a) bestätigte der Kläger durch seine Unterschriften vom 1.11.2004 (A2 II) und vom 31.10.2005 (A2 III), die Vertragsunterlagen inkl. Beteiligungsprospekt sowie die beiden Widerrufsbelehrungen erhalten und zur Kenntnis genommen zu haben.
Wegen der weiter geltend gemachten Schadensersatzansprüche und insbesondere des Vorbringens der Parteien zu den vom Kläger beanstandeten Zahlungsflüssen wird auf die Ausführungen auf die S. 10 ff. und 30 ff. der Klagebegründung (Bl. 10 ff., Bl. 30 ff. d.A.) und S. 44 ff. der Klageerwiderung (Bl. 193 ff. d.A.) verwiesen.
Das LG hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Kläger habe die auf Abschluss der Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen ungeachtet einer etwaigen Fehlerhaftigkeit der Widerrufsbelehrungen nicht wirksam widerrufen, weil der Ausübung des Widerrufsrechts angesichts der erheblichen Zeitspanne zwischen Abgabe der Erklärungen und deren Widerruf der Einwand unzulässiger Rechtsausübung (§ 242 BGB) entgegenstehe. In der Gesamtschau habe er sein Widerrufsrecht verwirkt. Ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte scheitere daran, dass weder eine haftungsrelevante Überschreitung ihrer Kreditgeberrolle noch ein Wissensvorsprung in Bezug auf Risiken bestehe, weshalb eine Pflicht zur Risikoaufklärung nicht bestanden habe. Die Voraussetzungen einer Haftung aus Delikt oder wegen eines vorvertraglichen Verschuldens lägen nicht vor.
Gegen das am 28.3.2014 verkündete und am 7.4.2014 zugestellte Urteil (Empfangsbekenntnis Bl. 402 d.A.) hat der Kläger am 17.4.2014 Berufung eingelegt (Bl. 404 d.A.) und diese am 6.6.2014 begründet (Bl. 413 ff., Bl. 424 ff. d.A.). Der Beklagten ist die Frist zur Berufungserwiderung bis zum 22.8.2014 verlängert worden. Mit am 21.8.2014 eingegangener Berufungserwiderung hat sie zugleich ihre in erster Instanz erhobene Hilfswiderklage wiederholt.
Mit der Berufung verfolgt der Kläger seine Anträge aus der ersten Instanz, erweitert um Feststellungsantrag Ziff. 14., weiter und begründet dies wie folgt:
Rechtsfehlerhaft habe das LG eine Verwirk...