Leitsatz (amtlich)
Unterlassung von Berichterstattung über Plagiatsvorwürfe unter Namensnennung
Normenkette
BGB §§ 823, 1004; GG Art. 2
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 05.11.2018; Aktenzeichen 2-03 O 90/18) |
Nachgehend
Tenor
Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 5. November 2018 verkündete Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main - 2-03 O 90/18 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits - und zwar beider Rechtszüge - zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 15.000,- EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte künftig über Plagiatsvorwürfe gegen die Klägerin unter Nennung ihres Namens berichten darf.
Die Klägerin ist Beruf1. Sie hatte sich mit einer im Jahr 20XX veröffentlichten Arbeit habilitiert und war seit 20XX als Amtsbezeichnung2 Leiterin des Studienganges "A" an der Universität1. Seit dem Jahr 20XX übte sie das Amt einer Amtsbezeichnung3 für "B" aus. Auf dieses Amt verzichtete sie noch 20XX.
Der Beklagte ist Beruf1 und freier Journalist.
In den Jahren 20XX und 20XX wurden auf der Internetseite "C" Plagiatsvorwürfe gegen die Klägerin erhoben, die sich sowohl auf ihre Doktorarbeit als auch auf ihre Habilitationsschrift beziehen.
Nachdem diese Vorwürfe bekannt wurden, verzichtete die Klägerin gegenüber der Universität2 auf die Führung der akademischen Bezeichnung "Privatdozentin". Sie wurde auf ihr Verlangen auch mit Ablauf des XX. August 20XX aus dem Beamtenverhältnis auf Lebenszeit des Bundeslandes1 entlassen. Die Universität2 leitete hinsichtlich der erhobenen Plagiatsvorwürfe hochschulrechtliche Verfahren ein.
Verschiedene Presseorgane berichteten über die Plagiatsvorwürfe gegen die Klägerin, die sich im Falle ihrer Namensnennung jeweils dagegen verwahrte, namentlich genannt zu werden.
Hinsichtlich näherer Einzelheiten dieser Vorgänge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen (S. 4 ff.).
Mit anwaltlichem Schreiben vom 14. Dezember 20XX teilte der Beklagte den jetzigen Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit, dass er eine Berichterstattung über den Fall der Klägerin und deren Bemühungen, bisherige Berichterstattungen zu unterbinden, vorbereite und auch die namentliche Nennung der Klägerin beabsichtige. Die Klägerin erwirkte daraufhin eine einstweilige Verfügung vor der Pressekammer des Landgerichts Stadt1 (...), durch die dem Beklagten untersagt wurde, über die Klägerin so zu berichten, wie dies in dem Schreiben vom 14. Dezember 20XX angekündigt worden war. Auf Antrag des Beklagten forderte die Kammer mit Beschluss des Rechtspflegers vom 24. Januar 20XX die Klägerin auf, die vorliegende Klage zur Hauptsache zu erheben.
Die Klägerin hat behauptet, sie habe sich vollständig aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. Die namentliche Nennung im Zusammenhang mit den Plagiatsvorwürfen habe bei ihr eine schwere psychische Belastung in Form einer Depression ausgelöst, unter der auch ihre minderjährige Tochter leide.
Die angekündigte Berichterstattung unter Nennung ihres Namens verletze sie - so hat sie geltend gemacht - in ihren Persönlichkeitsrechten; das sei das Ergebnis der vorzunehmenden Güterabwägung, zumal eine Berichterstattung über die Plagiatsvorwürfe auch ohne ihre namentliche Nennung möglich und sinnvoll sei und sie sich aus der Sozialsphäre ihres beruflichen Wirkens ganz in die Privatsphäre begeben habe.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens 250.000,- EUR, Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre), zu unterlassen, über die Klägerin namentlich im Zusammenhang mit der Berichterstattung über gegen sie gerichtete Plagiatsvorwürfe zu berichten und /oder berichten zu lassen;
wenn dies geschieht, wie angekündigt in dem Schreiben des Bevollmächtigten des Beklagten vom 14. Dezember 20XX an die Bevollmächtigten der Klägerin unter dem Betreff "X ./. Y".
Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, die Klägerin sei angesichts zahlreicher Internetveröffentlichungen auch unter Angabe der Titel der Klägerin nach wie vor in der Öffentlichkeit präsent und ihre wissenschaftlichen Arbeiten würden weiterhin in anderen Büchern der Rechtswissenschaften und angrenzenden Wissenschaften zitiert. Bei einer Güterabwägung sei von einem Überwiegen der Pressefreiheit des Beklagten gegenüber dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Klägerin auszugehen.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, die Klage sei zulässig, da das Gericht gemäß Art. 7 Nr. 2 EuGVVO international und örtlich zustä...