Entscheidungsstichwort (Thema)
Geschmacksmusterschutz für Schuhsohle
Leitsatz (amtlich)
1. Betrifft ein eingetragenes Geschmacksmuster den Teil eines Erzeugnisses (hier: Schuhsohle), fallen unter die Neuheitsschonfrist des § 6 GeschmMG auch solche vom Musterinhaber selbst vorveröffentlichten Muster, die das gesamte Erzeugnis (hier: Schuh) zeigen.
2. Zur Eigenart und zum Schutzumfang eines Geschmacksmusters betreffend eine Schuhsohle
Normenkette
GeschmMG §§ 2, 6, 38 Abs. 1, § 42 Abs. 1-2, § 46
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 28.10.2009; Aktenzeichen 2/6 O 250/09) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 28.10.2009 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des LG Frankfurt/M. wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der in Ziff. 2b) des angefochtenen Urteils tenorierte Anspruch auf Angabe der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen entfällt.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 180.000 EUR abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
I. Die Parteien befassen sich mit der Herstellung und dem Vertrieb von Schuhen. Die Klägerin ist Inhaberin mehrerer Geschmacksmuster, darunter das am ... 2007 unter Nr ... des Sammelgeschmacksmusters Nr ... (Anlage K 14) angemeldete Muster für eine Gestaltung von Schuhsohlen - genannt "A". Die Anmeldung enthält die folgenden Abbildungen:
(Abbildung entfernt)
Außerdem ist sie Inhaberin des Sammelgeschmacksmusters ... angemeldet am ... 2007, welches unter Nr ... folgenden Schuh "A." beinhaltet:
(Abbildung entfernt)
Die Beklagte vertreibt einen Sabot gemäß der folgenden Abbildung (Anlage K 10):
(Abbildung entfernt)
Die Klägerin hat behauptet, dieser Schuh mache von ihren Mustern Gebrauch. Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, den klägerischen Geschmacksmustern fehle es sowohl an Neuheit als auch an Eigenart. Außerdem erwecke die angegriffene Ausführungsform einen anderen Gesamteindruck, so dass auch ein Gebrauchmachen nicht vorliege.
Das LG hat eine Geschmacksmusterverletzung im Hinblick auf Nr ... des Sammelgeschmacksmusters DE ... ("A") und Nr ... des Musters DE ... ("A.") bejaht und die Beklagte zur Unterlassung und zur Auskunftserteilung verurteilt. Außerdem hat es die Schadensersatzpflicht der Beklagten festgestellt. Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung.
In der Berufungsinstanz lässt die Beklagte ergänzend vortragen, die Klägerin habe für die Priorität des Klagegeschmacksmusters ein falsches Datum angegeben. Das Design stamme nämlich nicht aus dem März 2007, sondern schon aus 2006; die eidesstattliche Versicherung des Chefdesigners der Klägerin, Herrn C (Anlage K 12), sei deshalb falsch. Dabei stützt sie sich auf die Nr ... bis ... das ebenfalls für die Klägerin eingetragene Sammelgeschmacksmusters DE ..., angemeldet am ... 2006 und veröffentlicht an ... 2007 (Anlage B 10). Die Beklagte zieht daraus den Schluss, die Vermutung für die Rechtsbeständigkeit des Geschmacksmusters nach § 39 GschmMG greife nicht.
Die Beklagte beantragt, das am 28.10.2009 verkündete Urteil des LG Frankfurt/M. (2/6 O 250/09) aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt unter Zurücknahme der Klage im Übrigen, die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass Rechnung nicht weiter verlangt wird hinsichtlich der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, Zeiten und Preisen.
Die Beklagte vertritt die Auffassung, das Sammelgeschmacksmuster DE ... stehe der Rechtsbeständigkeit der Klagemuster nicht entgegen.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird gem. § 540 Abs. 1 Satz 1 ZPO auf das erstinstanzliche Urteil und auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst anlagen Bezug genommen.
II. Die zulässige Berufung hat, nachdem die Klägerin ihren Auskunftsanspruch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat teilweise zurückgenommen hat, keinen Erfolg. Das LG hat der Klage insoweit zu Recht stattgegeben. Der Unterlassungsanspruch besteht aus §§ 38 Abs. 1 und 42 Abs. 1 GeschmMG. Die Ansprüche auf Auskunft sowie auf Feststellung der Schadensersatzpflicht haben ihre Grundlage in §§ 46 und 42 Abs. 2 GeschmMG.
Dabei besteht der Unterlassungsanspruch - entgegen der Auffassung der Berufung - auch in der vom LG zugesprochenen Fassung.
Ohne Erfolg macht die Beklagte geltend, der Unterlassungsantrag der Klägerin gehe zu weit, weil er sich auf den ganzen Schuh beziehe, obwohl Gegenstand des Geschmacksmusters nur die Gestaltung der Sohle sei. Ihr Argument, durch den Tenor der angegriffenen Entscheidung werde der Klägerin ein unzulässiger Teilschutz zugesprochen, trägt nicht. Nach der Rechtsprechung des Senats (Urt. v. 15.5.2008 - 6 U 182/07 - GRUR-RR 2008, 333 - juris-Tz. 9 "Weinkaraffe") können einzelne Elemente eines Geschmacksmusters für sich zwar keinen Schutz beanspruchen. Eine solche Konstellation, für die kennzeichnend...