Leitsatz (amtlich)

Zur Passivierung eigenkapitalersetzender Darlehen in der Überschuldungsbilanz

 

Normenkette

GmbHG § 64 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 2/23 O 126/97)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Schlussurteil der 23. Zivilkammer des LG Frankfurt am Main vom 14.1.1999 abgeändert.

Die Klage wird auch i.Ü. abgewiesen. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 12.000 Euro abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet; die Sicherheitsleistung kann auch durch selbstschuldnerische Bürgschaft eines als Zoll- und Steuerbürge zugelassenen deutschen Kreditinstituts erbracht werden.

Die Beschwer des Klägers beträgt 140.877,18 Euro.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger klagt als Konkursverwalter über das Vermögen der Firma NN; der Beklagte war Mitgesellschafter und alleiniger Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin. Der Konkursantrag wurde am 13.11.1995 gestellt. Durch Beschluss des AG Friedberg vom 25.1.1996 wurde das Konkursverfahren eröffnet.

Mit der Klage hat der Kläger die Zahlung von 738.543,04 DM nebst Zinsen verlangt.

Das LG hat durch rechtskräftiges Teilurteil vom 27.11.1997 die Klage i.H.v. 463.011,23 DM abgewiesen (Bl. 235 ff.).

Vorliegend geht es um die Restforderung von 275.531,81 DM nebst Zinsen; diesbezüglich wird der Beklagte aus § 64 Abs. 2 GmbHG in Anspruch genommen, weil er in der Zeit vom 4.8.1995 bis 29.9.1995 über das Konto der Gemeinschuldnerin bei der Raiffeisenbank … Schecks in dieser Höhe eingezogen hat; die kontoführende Bank verrechnete sodann die eingegangenen Beträge mit ihr ggü. der Gemeinschuldnerin zustehenden Forderungen.

Der Kläger hat behauptet, die Gemeinschuldnerin sei zum 3.8.1995 i.H.v. 384.137,02 DM überschuldet gewesen. Er hat sich diesbezüglich bezogen auf die Bilanz der …-SteuerberatungsGmbH zum 3.8.1995 (Bl. 189 ff.) sowie auf die am 20.1.1997 erstellte Bilanz für 1994 (auf Bl. 18). Die Unterdeckung sei dem Beklagten seit Ende 1994 bekannt gewesen, und es habe auch eine negative Fortführungsprognose bestanden.

Der Kläger hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an ihn 275.531,81 DM nebst 4 % Zinsen seit 12.5.97 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Er hat vorgetragen, die am 20.1.1997 fertig gestellte Bilanz für 1994 sei falsch. Sein Steuerberater S. habe im Februar 1995 ein vorläufiges Ergebnis für das Jahr 1994 vorgelegt, in dem kein Hinweis auf Überschuldung enthalten gewesen sei. Noch im Mai/Juni 1995 sei er von einer positiven Zukunftsprognose ausgegangen.

Das LG hat zwei schriftliche Gutachten des Sachverständigen … vom 18.5. und 14.9.1998 eingeholt (s. Aktendeckel Bd. II). Es hat sodann durch Schlussurteil vom 14.1.1999 die Restforderung von 275.531,81 DM nebst Zinsen zugesprochen (§ 64 Abs. 2 GmbHG); das LG hat im Schlussurteil ausgeführt, die Gemeinschuldnerin sei bereits zum 3.8.1995 überschuldet gewesen. Gemäß dem Sachverständigen …, dem zu folgen sei, habe die rechnerische Überschuldung zu diesem Zeitpunkt 616.464 DM betragen. Auch die erforderliche negative Fortbestehungsprognose sei gegeben, weil entspr. gegenteiliger Beklagtenvortrag fehle. Der Beklagte habe auch schuldhaft gehandelt, weil er es trotz vorhandener Anzeichen für eine Krise der Gemeinschuldnerin im Mai 1995 unterlassen habe, sich durch Aufstellen eines Vermögensstatus einen Überblick über den Vermögensstand der Gesellschaft zu verschaffen. Auf fehlende Hinweise seines Steuerberaters könne sich der Beklagte nicht berufen. Wegen der näheren Einzelheiten wird auf den Inhalt des landgerichtlichen Schlussurteils Bezug genommen (Bl. 310 ff.).

Gegen dieses ihm am 20.1.1999 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 22.2.1999 (Montag) Berufung eingelegt und diese nach entspr. Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist am 22.4.1999 begründet.

Der Beklagte trägt vor, die den beiden erstinstanzlichen Gutachten des Sachverständigen … zugrunde liegende Bilanz der … zum 3.8.1995 sei falsch, es fehlten verschiedene Aktiva und es seien bereits entfallene Verbindlichkeiten berücksichtigt, so dass sich rein rechnerisch nur noch eine Überschuldung von 50.000 DM ergebe, die aber durch ein Einlagenzahlung des Beklagten im Februar 1995 i.H.v. 100.000 DM ausgeglichen worden sei, so dass es bereits an einer rechnerischen Überschuldung zum 3.8.1995 fehle. Zudem fehle es am subjektiven Tatbestand des § 64 Abs. 2 GmbHG. Im August/September 1995 habe es noch keinerlei Anhaltspunkte für eine Überschuldung gegeben. Der Beklagte habe sich auf seinen Steuerberater S. verlassen, der auch die Buchführung gemacht habe. Letzterer habe am 10.2.1995 einen Jahresabschluss zum 31.12.1994 erstellt, wonach ein Gewinn von 376.320,71 DM und ein Eigenkapital von über 500.000 DM ausgewiesen worden sei. Im August/September 1995 habe noch ein völlig normaler und unauffälliger Geschäftsbetrieb stat...

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