Leitsatz (amtlich)

Zur Unwirksamkeit des Verzichts auf eine Pensionszusage wegen unwirksamer Vertretung der Gesellschaft.

 

Normenkette

AktG § 112; BetrAVG §§ 3, 17

 

Verfahrensgang

LG Darmstadt (Aktenzeichen 1 O 108/06)

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um Ansprüche aus einer Pensionszusage.

Der am 23.6.1929 geborene Kläger zu 1) war seit dem 1.4.1992 bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der Firma A GmbH, als deren Geschäftsführer beschäftigt. Nach Gründung der Beklagten als deren Rechtsnachfolgerin im November 1997 gehörte der Kläger deren Vorstand an und war über seine Firma B GmbH auch als Aktionär an der Beklagten beteiligt.

Unter dem 18.12.1992 erteilte die Rechtsvorgängerin der Beklagten dem Kläger eine Pensionszusage, die auch Leistungen an die Klägerin zu 2), seine Ehefrau, als Hinterbliebene einschloss. Dem Kläger sollte danach ab dem 70. Lebensjahr eine monatliche Altersversorgung von 6.000 DM gewährt werden. Die bei der C AG abgeschlossene Rückdeckungsversicherung deckt lediglich die monatlichen Zahlungen i.H.v. 1.603,60 EUR ab. Die Differenz zur vereinbarten Zahlung von 3.068 EUR (= 6.000 DM) verlangt der Kläger zu 1) für die Zeit ab Juli 2003, welche er in erster Instanz bis zum 30.3.2006i.H.v. 47.219,20 EUR zzgl. Zinsen i.H.v. 3.388,05 EUR beziffert hat. Weiterhin begehrt er Freistellung von allen steuerlichen Nachteilen, die ihm im Falle einer Nachzahlung entstehen; insoweit hat er sein Begehren in zweiter Instanz auf seine Beiträge zur Krankenversicherung erstreckt. Außerdem verfolgen er und die Klägerin zu 2) die Feststellung, dass auch in Zukunft ein Anspruch auf volle Versorgung entsprechend der Vereinbarung vom 18.12.1992 ggü. der Beklagten besteht.

Die Beklagte zahlt zunächst ab 1.7.1999 zur Erfüllung der Pensionsvereinbarung 6.000 DM an den Kläger, ab Juli 2003 jedoch nur noch den durch die Rückdeckungsversicherung bei der C abgedeckten Betrag.

Mit Kaufverträgen vom 21.9.1999 erwarb die Firma D GmbH von dem Sohn des Klägers und der B GmbH 200.000 der ausgegebenen 300.000 Aktien der Beklagten. Der vom Kläger zu 1) kontrollierten Firma B GmbH blieben 77.500, der Beklagten zu 2) weitere 22.500 Aktien.

Zum 31.12.2000 schied der Kläger zu 1) als Vorstand bei der Beklagten aus. Als Vorstandsmitglied verblieb E, welcher seit September 1999 dem Vorstand neben dem Kläger zu 1) angehörte. Mit Vereinbarung vom März 2002 verkaufte die B GmbH an die D GmbH 25.000 Aktien der Beklagten; außerdem boten die B GmbH und die Klägerin zu 2) der D GmbH auch die restlichen 75.000 Aktien zum Kauf an, die sich noch in ihrem Besitz befanden.

Ziff. 3 der Vereinbarung enthält Regelungen zu einem Ergebnisabführungsvertrag vom 27.12.2001. Ziff. 4 der Vereinbarung lautet wie folgt:

Ausschluss sonstiger Ansprüche:

Außerhalb der vorstehenden Regelungen bestehen zwischen den Beteiligten zu 1. bis 3. einerseits und den Beteiligten zu 4. bis 6. andererseits keinerlei Ansprüche mehr, aus welchem Rechtsgrund auch immer. Jeder der Beteiligten zu 1. bis 3. stellt jeden der Beteiligten zu 3. bis 6. von etwa gleichwohl geltend gemachten Ansprüchen der anderen beiden Beteiligten seiner Gruppe frei. Umgekehrt stellt jeder der Beteiligten zu 4. bis 6. jeden der Beteiligten zu 1. bis 3. von etwa gleichwohl geltend gemachten Ansprüchen der anderen Beteiligten seiner Gruppe frei.

Beteiligte der Vereinbarung vom März 2002 waren einerseits die D GmbH, die Beklagte und E, andererseits die B GmbH und die beiden Kläger.

In der Folgezeit leistete die Beklagte die monatlichen Versorgungszahlungen an den Kläger zu 1) zunächst unverändert weiter. Ab Juli 2003 stellte die Beklagte eigene Zahlungen jedoch ein, der Kläger erhält seitdem lediglich den durch die Rückdeckungsversicherung bei der C AG abgedeckten Anteil von 1.603,60 EUR.

Die Parteien sind unterschiedlicher Auffassung zur Wirksamkeit und Bedeutung der unter Ziff. 4 getroffenen Vereinbarung.

Die Kläger haben behauptet, Ziff. 4 der Vereinbarung vom März 2002 habe die Versorgungsleistungen aus der Vereinbarung vom 18.12.1992 nicht betroffen; diese Ansprüche hätten fortbestehen sollen. Deshalb habe die Beklagte diese auch fast 1 ½ Jahre weitergezahlt. Sie vertreten die Auffassung, dem Kläger zu 1) ggü. sei die Vereinbarung vom März 2002 ohnehin nicht wirksam, weil sie gegen § 112 AktG verstoße. Die Beklagte habe durch den Aufsichtsrat vertreten werden müssen, weil der Kläger zuvor ihr organschaftlicher Vertreter gewesen sei.

Die Beklagte hat behauptet, auch und gerade die Versorgungsberechtigung aus der Vereinbarung vom Dezember 1992 habe durch die Abgeltungsklausel in Ziff. 4 der Vereinbarung beseitigt sein sollen. Hierüber sei damals vor der Unterzeichnung der Vereinbarung vom März 2002 ausdrücklich verhandelt worden. Diese sei auch ggü. dem Kläger zu 1) wirksam. Sie beinhalte einen umfassenden Verzicht auf alle Forderungen und Rechte. Die Vereinbarung habe der Trennung der Vertragsparteien dienen sollen, nachdem es immer wieder Streit zwischen ihnen gegeben habe. Die Beklagte hat die Ansicht vertre...

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